Mitsubishi L200 im Test mit technischen Daten und Preisen: Wie alltagstauglich ist der Ein-Tonnen-Pick-up?

December 18, 2015

Wir haben den Mitsubishi L200 der fünften Generation im Alltag und im Gelände bewegt

Der Ein-Tonnen-Pick-up mit viertüriger Doppelkabine hat eine Länge von knapp 5,29 Meter und eine mögliche Zuladung von 955 Kilogramm

Mit dem neuen Modell will Mitsubishi mehr in Richtung Lifestyle-Fahrzeug gehen und dabei die Nutzfahrzeug-Werte erhalten

Haar, 17. Dezember 2015
Der erste Gedanke, als wir den Mitsubishi L200 für unsere zweiwöchige Testfahrt in Empfang nehmen? Die 17 -Zöller erinnern uns an irgendetwas. Um genau zu sein, wecken die Schmiederäder sogar Erinnerungen. Sie sehen verdammt nochmal wie die Lamborghini-Felgen aus, die in den 1980er-Jahren an dem Countach geschraubt wurden. Bevor Sie jetzt aber aufspringen und mit mindestens 26.290 Euro zum Mitsubishi-Händler hechten, muss ich Sie enttäuschen: Sie werden dort kein Lambo-ähnliches-Schnäppchen machen. Warum sich der Ausflug trotzdem lohnen könnte, verrät unser Test.

Wenn US-Pick-ups und der Amarok nicht passen
Ein amerikanischer Fullsize-Pick-up ist Ihnen zu groß und zu sehr Spritschleuder? Ein VW Amarok ist Ihnen zu gewöhnlich? Aber es soll trotzdem ein Lastesel mit offener Ladefläche sein? Hier springt der Mitsubishi L200 der fünften Generation in die Bresche. Genau wie der Toyota Hilux, der Isuzu D-Max oder der Nissan NP300 Navara. Alle sind Ein-Tonnen-Pick-ups, die aus Fernost stammen. Mit einer Länge von jeweils rund 5,30 Meter (unser Testwagen mit fünfsitziger Doppelkabine misst 5,29 Meter) haben alle Derivate in etwa die gleichen Abmessungen. Und auch in der Zuladung rangieren sie um die Ein-Tonne-Marke (bei unserem L200 sind es 955 Kilogramm).

Ansprechendes Äußeres … mit sehr viel Chrom
Von Außen hat sich Mitsubishi bei der neuen Generation wirklich große Mühe gegeben. Die Front wurde runderneuert und auch das Heck erhielt eine neue und leicht veränderte Optik. Sie sollten allerdings keine Abneigung gegen den japanischen Designeinschlag haben und außerdem mit dem inflationären Einsatz von Chrom zurechtkommen. Beim Design will der L200 eindeutig die Brücke zwischen Nutz- und Alltagsfahrzeug schlagen, so wie es die mit Chrom überladene Konkurrenz aus Nordamerika schon seit langem tut. Und wir müssen sagen: Von Außen gelingt das dem Mitsubishi wirklich gut – und nicht nur wegen den Felgen in Lambo-Optik.

Innenraum mit Nutzfahrzeug-Flair
Der überarbeitete L200-Innenraum ist dagegen nicht gerade preisverdächtig geworden. Viel Plastik, emotionslose Schalter und Tasten sowie einfache Stoffbezüge (Leder gibt es nur in der Top-Version) sprechen immer noch und eindeutig den Nutzfahrzeug-Dialekt. Der beim Interieur eher auf Lifestyle getrimmte NP300 Navara liegt hier deutlich vorne. Trotzdem ist im Mitsubishi alles gut verarbeitet und bequem ist es obendrein. Außer Sie müssen auf die hintere Sitzreihe ausweichen: Die Fond-Passagiere sollten sich nämlich trotz Doppelkabine und vier Türen auf ein sehr beengtes Platzangebot einstellen. Kopf- und Beinfreiheit erinnern eher an ein 2+2-Sitzkonzept als an einen vollwertigen Fünfsitzer. Der Nissan-Pick-up ist auch hier deutlich besser.

Unser Testwagen und weitere Derivate
Widmen wir uns lieber dem Antriebsstrang: Der überarbeitete Motor ist in Vollaluminium-Bauweise konstruiert. Es handelt sich um einen 2,4 Liter großen Vierzylinder-Diesel mit 181 PS und 430 Newtonmeter. Weitergeleitet werden Kraft und Leistung in unserem Fall über ein manuelles Sechsgang-Getriebe, das die Hinterräder beliefert. Die Vorderachse lässt sich manuell zuschalten, sodass ein permanenter Allradantrieb entsteht. Auf Wunsch ist der L200 aber auch als 154-PS-Ausführung mit 380 Newtonmeter erhältlich und neben dem Schaltgetriebe kann auch eine Fünfstufen-Automatik geordert werden.

Guter Nutzfahrzeug-Diesel und ein Schaltgetriebe mit Abzügen
Der Antrieb versucht so gut wie möglich zu vertuschen, dass er für ein Nutzfahrzeug konstruiert wurde, bei dem Zugkraft (die gebremste Anhängelast beträgt 3,1 Tonnen) wichtiger ist als schnelles Vorankommen. Der Motor läuft trotzdem vergleichsweise ruhig. Doch die Schaltwege sind sehr lang, das Getriebe ist eher undefiniert, manchmal hakt es beim Einlegen der Gänge gewaltig und der lange Schaltknüppel wackelt bei laufendem Motor im Leerlauf sehr bedrohlich. Das manuelle Getriebe hat aber auch einen Vorteil: Es hat einen sechsten Gang. Dadurch ist der L200 auch bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn gut fahrbar.

Geringer Komfort auf befestigten Straßen
Es bleibt ruhig im L200-Innenraum und aufdringliche Geräusche von außerhalb sind zusätzlich gut weg gedämmt. Zu schnell sollten Sie gerade mit einem unbeladenen Pick-up aber nicht werden. Zum einen, weil die etwas zu leichtgängige Lenkung nicht viel Rückmeldung gibt und zum anderen, weil nur die Vorderachse mit einer Einzelradaufhängung ausgestattet ist. Bei der Hinterachse des Ein-Tonnen-Mitsubishi wird immer noch auf die bewährte und robuste, aber nicht gerade komfortable Banjo-Achse mit Blattfedern gesetzt. Gerade bei Bodenwellen oder Querfugen poltert es gewaltig im Heck und an die versteifte Kurvenlage muss man sich langsam herantasten. Hier ist der L200 am weitesten von einem alltagstauglichen Lifestyle-Wagen entfernt. Wenn Sie mehr Komfort wollen, legen Sie sich deshalb entweder einige Sandsäcke auf die 152 Zentimeter lange und 147 Zentimeter breite Ladefläche, oder Sie wählen das Pendant von Nissan. Denn der NP300 Navara mit Doppelkabine ist mit einer deutlich komfortableren Multilenker-Hinterachse ausgerüstet.

Ein gutes Arbeitstier im Gelände
Abseits der befestigten Verkehrswege ist der robuste Mitsubishi L200 hingegen eine Wucht. Der permanente Allradantrieb lässt sich bis zu einer Geschwindigkeit von 100 km/h ab- oder zuschalten. Dazu kommen eine Geländeuntersetzung, ein sperrbares Mitteldifferenzial und eine Wattiefe von 600 Millimeter. Lediglich die Bodenfreiheit von nur knapp 21 Zentimeter (im unbeladenen Zustand) sowie die eingeschränkten – aber dennoch akzeptablen – Böschungswinkel von 30 Grad vorne und 22 Grad hinten, machen allzu wildem Geländetreiben einen Strich durch die Rechnung. Aber sind wir doch einmal ehrlich: Wer will sich schon diese schönen Felgen ruinieren?

Ausreichende Technik und ein fairer Preis
Zum Abschluss dann noch weitere Punkte für die Pro-und-Contra-Liste: Die Technik-Ausstattung samt der Assistenzsysteme ist mehr als ausreichend für ein Fahrzeug dieser Klasse. Es gibt Spurhalteassistenz, eine Rückfahrkamera, einen Tempomat und eine Zweizonen-Klimaautomatik. Die Start-Stopp-Funktion hätte man sich hingegen sparen können. Erstens schafft sie es maximal 15 Sekunden lang, den Motor im Stand-by-Modus zu halten und zweitens weckt sie das Aggregat so unsanft aus dem Sekundenschlaf, dass das ganze Fahrzeug ordentlich durchgeschüttelt wird. Und der Preis? Hier liegt unser gut ausgestatteter Testwagen in der “Plus”-Ausführung mit 33.890 Euro im guten Mittelfeld.
(ml)

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