BMW 2er Active Tourer im Test mit technischen Daten und Preis

July 19, 2014

Ein neues Gesicht: Ende September 2014 schickt BMW den 2er Active Tourer an den Start

Das V-Wort mag BMW nicht, aber der Active Tourer ist der erste Van der Marke

Insgesamt 1,55 Meter ist der besondere 2er hoch

Sölden (Österreich), 18. Juli 2014
Jedes Hallenbad muss heute ein “Erlebnis-Freizeitbad” sein, jede Art von Erholung wird zu “Wellness”. So gesehen verwundert es nicht, dass BMW sein neuestes Modell auf Biegen und Brechen nicht “Van” nennen möchte. Stattdessen soll offenbar jeder potenzielle Kunde Rafting, Bergklettern oder Mountainbiking betreiben, um zur Zielgruppe des 2er Active Tourer zu mutieren. Bloß blöd, wenn es dann doch nur Langlauf im Bayerischen Wald ist. Die verehrte Kundschaft dürfte nämlich nicht nur von anderen Marken kommen, sondern auch aus jahrzehntelangen 3er-Fahrern bestehen, die ihre müden Knochen inzwischen lieber eine Etage höher platzieren.

Neues Front-Erlebnis
Vermutlich vermeidet BMW das böse V-Wort auch deshalb, um die Fans nicht noch mehr zu irritieren. Der 2er Active Tourer ist nämlich das erste Fahrzeug der Marke mit Frontantrieb und Dreizylinder-Motoren. (Wir haben viele Bücher gewälzt, aber es ist wirklich so.) Grundlage dafür ist die so genannte UKL-Plattform. Sie variiert in der Länge und liefert unter anderem die Basis für den neuen Mini. Ein enger Verwandter des Active Tourer ist der nächste Mini Clubman. Und damit nicht genug: Sowohl der 1er als auch der X1 werden in der nächsten Generation über die Vorderräder angetrieben. Ziemlich gute Gründe, um uns den Van-Vorboten einer neuen BMW-Ära genauer anzusehen.

In bester Gesellschaft
Bevor es ans Fahren geht, werfe ich einen Blick auf die technischen Daten des 2er Active Tourer. Der Kompaktvan (sorry BMW, aber es ist nun mal so) misst 4,34 Meter in der Länge und 1,55 Meter in der Höhe. Damit befindet er sich in Zentimeter-Nachbarschaft des VW Golf Sportsvan und der Mercedes B-Klasse. Letztere ähnelt übrigens am Heck dem BMW recht stark. Interessantes Detail: Ein VW Touran ist nur wenig länger, aber stattliche zwölf Zentimeter höher. Hoch liefert das perfekte Stichwort für den 2er Active Tourer. Auf seinen Vordersitzen ist die Sitzposition fast zwölf Zentimeter höher als im 1er und sogar knapp drei Zentimeter höher als im X1.

Der steckt was ein
Sehr verwunderlich sind die Vorteile bei der Raumausnutzung nicht, schließlich fehlt im Active Tourer eine platzraubende Kardanwelle zu den Hinterrädern. Auch deswegen wird beim Platzangebot nicht gegeizt. Zwischen 468 und 1.510 Liter Gepäck passen in den geräumigen 2er, zum Vergleich: 420 bis 1.350 Liter sind es beim BMW X1, 500 bis 1.520 Liter beim VW Golf Sportsvan. Surfer und Möbelhaus-Fans zugehört: Auf Wunsch lässt sich auch noch die Lehne des Beifahrersitzes umlegen. Kostet 190 Euro, aber mit elektrisch verstellbaren Stühlen ist dann nix. Dafür ergibt sich eine durchgehende Fläche von 2,40 Meter Länge. Wer von seinen Aktivitäten ermattet ist, macht den BMW so quasi zum “Passive Tourer”.

Gefühl im Fuß
Falls Sie lieber Familie und Freunde mitnehmen: Auch kein Problem, im Fond gibt es mehr als genug Platz für Kopf und Beine. Eine feine Sache ist die bis zu 13 Zentimeter längs verschiebbare Rückbank für 300 Euro inklusive dreistufiger Lehnenneigung. Verzichtbar ist hingegen die Gestensteuerung, mit der man die Heckklappe per Fußbewegung öffnet. Oft genug stand ich hinter dem Wagen und wedelte mit dem Fuß wie Lionel Messi auf der Suche nach dem Ball. Schade: Die Heckklappe öffnet nicht sehr hoch, Menschen über 1,80 Meter Körpergröße müssen den Kopf einziehen.

Scheibchen-Weise
Vorne schweift mein Blick über ein tadellos verarbeitetes, aber recht ungewohnt möbliertes Cockpit. Der Schalthebel und sein Automatikkollege sehen anders aus als bei BMW gewohnt, ebenso der Fahrerlebnisschalter. Zwischen den Infotainment-Tasten und den Klimareglern befindet sich ein großes Ablagefach. Werden wir das alles bei künftigen Modellen wiedersehen? Zu den schon von Mini bekannten Details gehört das Head-up-Display mit Plexiglas-Scheibe. BMW begründet diesen Schritt offiziell mit der großen, stark geneigten Windschutzscheibe. Wie dem auch sei, die Lösung im 2er Active Tourer überzeugt nicht. Ständig schweift der Blick leicht von der Straße in Richtung Display, bei starkem Sonnenlicht liegen die Einblendungen genau über dem Scheibenwischer. Weil es das Mäusekino aber nur in Verbindung mit dem teuersten Navi gibt, kann man sich das Teil getrost sparen.

Mit Drei geht’s los
Gespart hat BMW bei den Motoren, genauer gesagt bei den Zylindern. Der Dreizylinder-Benziner mit 1.500 Kubik und 136 PS im 218i Active Tourer ist nach dem Baukastenprinzip entstanden und verrichtet bereits im Mini seinen Dienst. Ähnlich sind die Zweiliter-Maschinen im 225i mit 231 PS und dem 150 PS starken 218d konzipiert. Pro Zylinder gibt es 500 Kubik, ergo haben diese beiden Aggregate vier Töpfe. Alle Motoren des 2er Active Tourer werden quer eingebaut, auch das schafft Platz im Innenraum. Falls Sie angesichts des optionalen M-Pakets gierig auf einen Sechszylinder sind: Bitte gleich vergessen, passt nicht rein. Als kleinen Trost gibt es den 225i und den 190 PS starken 220d gegen Ende des Jahres 2014 optional mit Allradantrieb.

Kaum zu spüren
Und jetzt bitte Licht an, Spot aus und einen Trommelwirbel: Wie fährt sich der Frontantriebs-BMW denn nun? Antwort: Deutlich besser als gedacht. In schnell genommenen Kurven schiebt der Wagen zwar in Richtung der Vorderräder, aber nur leicht und immer kontrollierbar. Ein weiteres Zeichen der ungewohnten Bauart ist die elektromechanische Lenkung. Sie reagiert etwas schwergängiger als etwa in einem 1er. Insgesamt haben die Ingenieure aber eine gute Arbeit geleistet, der Active Tourer fühlt sich kaum weniger handlich an als seine hinterradgetriebenen Kollegen. Und seien wir mal ehrlich: Welcher Kompaktvan-Pilot jagt sein Kindergarten-Taxi über die Nordschleife? Solange ein M3 nicht zum Vernunftsmobil verbaukastet wird, können wir noch ruhig schlafen.

Nachschlag ab 2015
Apropos Vernunftsmobil: Da der 2er Active Tourer eher weniger als DTM-Basisauto in Frage kommt, empfehle ich die ausgezeichnete Achtgang-Automatik (ab 220i/218d). Serienmäßig ist fast immer eine manuelle Sechsgang-Schaltung, die aber beim Einlegen der Gänge etwas Nachdruck erfordert. Motorenseitig standen mir zunächst der 225i und der 218d zur Verfügung. Sie bilden mit dem 218i das beim Marktstart am 27. September 2014 erhältliche Trio. Im November des Jahres werden weitere Aggregate nachgereicht, darunter der 216d mit 116-PS-Dreizylinder. 2015 folgt schließlich ein verlängerter Active Tourer mit sieben Sitzen.

Lieber mit Diesel
Als sehr laufruhig erweist sich der 225i, er harmoniert bestens mit der hier serienmäßigen Automatik. Kraft ist stets ausreichend vorhanden, ein Klangerlebnis ist der 231-PS-Motor aber nicht. Beim Druck aufs Gaspedal äußert sich der aufgeladene Vierzylinder knurrig-brummig. Als K.O.-Kriterium erweist sich der Preis: Unter knapp 38.000 Euro geht hier nichts. Dann lieber den 218d nehmen. Naturgemäß ist dessen Laufgeräusch etwas präsenter, aber nie störend. Offiziell liegen die 330 Newtonmeter maximales Drehmoment erst ab 1.750 Touren an, doch schon ab der Eins im Drehzahlmesser zieht der Wagen gut an. Ideal für schaltfaules Fahren, was dem Verbrauch zugute kommt. Nach einer Runde über bergige Landstraßen und tempolimitierte Autobahnen stehen 5,1 Liter zu Buche, BMW verspricht offiziell sogar 4,1 Liter.

Viel Raum für viel Geld
So sparsam der 2er Active Tourer also ist: Erstmal müssen nicht zu knappe Summen nach München überwiesen werden, ehe der Hochdach-BMW in Leipzig vom Band rollt. Los geht es bei 27.200 Euro für den 218i, der 218d startet bei 31.050 Euro. Diverse “Lines” machen den Active Tourer so individuell wie eine Jeans von H&M, wir empfehlen die Advantage-Ausstattung. Sie kostet 1.350 Euro Aufpreis und bietet neben einem Multifunktionslenkrad, Parkpiepsern hinten und einer Zweizonen-Klimaautomatik auch einen Tempomat mit Distanzregelung. Zum Abschluss der Blick auf die Konkurrenz, zunächst hausintern: Ein BMW 118d Fünftürer mit 143 PS ist 2.650 Euro billiger, der gleichstarke X1 sDrive18d nur 150 Euro. Und die Gegner in dem Segment, dessen Namen nicht genannt werden darf? Der brandneue VW Golf Sportsvan kostet als 2.0 TDI mit 150 PS mindestens 28.350 Euro, während der Mercedes B 200 CDI ab 30.643 Euro nur 136 PS in die Waagschale wirft.
(rh)

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