Neuer Mini Cooper Test: Zu schade für die Stadt

February 4, 2014

Die dritte Mini-Generation startet am 15. März 2014. Wir haben den Flitzer schon gefahren

Das Auto ist nun fast zehn Zentimeter länger, macht aber mindestens genauso viel Spaß wie bisher

Nach wie vor gibt es den Mini nur als Dreitürer mit feststehenden hinteren Fenstern

San Juan (Puerto Rico/USA), 3. Februar 2014
“Wir haben es nicht eilig und ich werde nicht bezahlt: Warum sollte ich schnell fahren, das erhöht nur das Verkehrsrisiko”, sagt Niki Lauda im aktuellen Kinofilm “Rush”, als er am Steuer eines ganz normalen Straßenwagens sitzt. Rennrivale James Hunt dagegen driftet mit seinem Briten-Mini, auch wenn es nichts zu gewinnen gibt. Autofahren als emotionales Erlebnis und als schnödes “Von-A-nach-B”: Diese zwei Einstellungen werden von den beiden Rennfahrern vorexerziert. Und heute? Ist der Mini immer noch ein Paradebeispiel für den emotionalen Aspekt wie zu den Zeiten von Hunt? Wir haben die am 15. März 2014 startende, dritte Generation des Autos auf Puerto Rico getestet.

Drei Zylinder unter Palmen
Karibik, Palmen, Sand: Trotz feinstem Wetter setze ich mich morgens um zehn nicht an den filmreifen Strand von San Juan, sondern in den neuen Mini Cooper. Die neue Generation des Flitzers wird von einem 136 PS starken Turbobenziner angetrieben, auf den ich besonders gespannt bin. Denn hier kommt erstmals bei Mini ein Dreizylinder zum Einsatz, und auf diese Motorart stehe ich – ich mag den kernigen, rauen Klang, über den so manch anderer die Nase rümpft, weil er unharmonisch klingt, unkultiviert. Wie wird sich das geliebte “Rrrrrr …” in diesem kleinen Flitzer anfühlen?

Kleinwagen sind was für die Stadt? Nicht der Mini
Schon auf den ersten Metern wird klar, dass der Motor gewaltig anschiebt. Der Turbo sorgt für ordentlich Drehmoment von unten heraus – für alle, die gerne mal cruisen. Wers sportlicher mag, kann sich in 7,9 Sekunden auf Landstraßentempo bringen lassen. Diese Zahl sagt schon einiges aus. Aber den Mini immer nur geradeaus von null auf hundert jagen? Das wäre wie mit dem Formel-1-Renner ins Gelände, kompletter Schwachsinn. Bei mir geht es landeinwärts in die Berge, und da sind Kurven angesagt, Gas und Bremse, Gas und Bremse. Ich fliege an 20 Meter hohen Bambusstämmen vorbei, scheuche Hühner auf und verjage streunende Hunde. Wieselflink prescht der Cooper um die Ecken wie ein gut trainierter Stadtdackel, dem man im Wald die Leine abnimmt. Kurven, Berge, Landstraßen sind eben die einzig artgerechte Haltung für den Mini. Kleinwagen sind was für die Stadt? Mag sein, aber nicht der Mini.

Das Gesamtpaket bringt den Spaß
Liegt es am Fahrwerk, an der Lenkung, an der Schaltung, am Motor? Schwer zu sagen, es ist das Gesamtpaket. Also Go-Kart-Feeling? Nun, das oft nachgeplapperte Schlagwort ist eine gnadenlose Übertreibung. Wer untrainiert mal eine Stunde lang Go Kart fährt, weiß am nächsten Tag, wie sich Muskelkater in den Armen anfühlt. Mit einem Cooper passiert einem das nicht. Wahr ist aber, dass kurvige Bergstrecken mit keinem anderen Auto dieser Klasse so viel Spaß machen. Wers detaillierter haben will: Ja, die Lenkung ist direkt. Ja, die Sechsgang-Schaltung bietet kurze Wege. Und ja, sie vermittelt ein knackiges Gefühl. Dazu kommen Sitze, die am Rücken exzellenten Seitenhalt bieten, wodurch die geringere Unterstützung an den Oberschenkeln nicht weiter auffällt.

Einzige Enttäuschung: Der Sound
Als ich mit dem Cooper den Berg hinaufrase und Bögen um die Schlaglöcher zirkle, fehlt mir nur eine Zutat: der zum Temperament passende Sound. Das Dreizylindersurren haben die Ingenieure dem Auto allzu perfekt ausgetrieben. Und schlimmer noch, im Cooper ist es enttäuschend still. Allenfalls kurz vor dem Drehzahlbegrenzer macht der Cooper auch akustisch Freude. Was auf Autobahnen angenehm sein mag – aber wer fährt mit dem harten, kleinen Mini auf die Autobahn? –, enttäuscht beim sportlichen Fahren. Aber bitteschön: Nur angesichts des gebotenen Fahrspaßes fällt das überhaupt auf. An den Verbrauch denkt man als Cooper-Fahrer wohl zuletzt. Aber als ich auf meiner Bergfahrt irgendwann doch mal zufällig auf die Anzeige gucke, erschrecke ich: 13,0 Liter! Das wäre dann doch etwas bitter. Aber gut, wer wie ein Wahnsinniger im zweiten Gang bergauf jagt, braucht sich nicht zu wundern. Bergab gibt sich der Cooper dann lammfromm und zeigt um die fünf Liter an. Die Wahrheit, wenn es sie überhaupt gibt, liegt wohl irgendwo in der Mitte. Der rekordverdächtige Normverbrauch von 4,5 Liter je 100 Kilometer aber bleibt sicher ein Wunschtraum.

Fahrerlebnisschalter jetzt auch bei Mini
Erstmals gibt es im Mini nun auch einen Fahrerlebnisschalter, auch wenn er hier nicht so heißt. Driving Modes nennt man das bei Mini, und umgeschaltet wird mit einer Art Drehring am Getriebehebel. Sport, Mid und Green heißen die Betriebsarten, und beeinflusst werden die Lenkung, die Gasannahme und das Fahrwerk. Die Sache mit dem Gas ist deutlich zu spüren: Schalte ich beim sanften Beschleunigen mit konstantem Pedaleinsatz von Mid auf Sport, macht das Auto einen deutlichen Satz nach vorn. Prima, nur wird dann auch die Lenkung schwergängiger, was mir weniger gefällt. Allein das Fahrwerk will sich nicht ändern, es bleibt immer gleich stramm. Einerseits gibt es an dem straffen Untersatz kaum etwas zu verbessern, andererseits: Wozu dann eine Verstellung?

Kopf-hoch-Anzeige
Beim Mittagessen mit BMW-Ingenieuren schildere ich meine Eindrücke, auch meine Enttäuschung in puncto Fahrwerk. “Korrekt”, sagt mir mein Gegenüber, und grinst. “Wenn es der Cooper war, dann hat er auch keine Dämpferverstellung.” Das 500 Euro teure Extra gibt es zwar auch für den Cooper, ist aber in meinem Testwagen nicht installiert. Hier fehlt auch das neue Head-up-Display, sagt mir der Techniker. Auf diese zwei Elemente werde ich bei meinem zweiten Testexemplar achten, nehme ich mir vor. Nach einem karibischen Garnelenspieß steige ich in einen Cooper S. Und in der Tat, beim Betätigen der Zündung – beim neuen Mini nun per rotem Kippschalter in der Mittelkonsole – fährt vor mir eine kleine Plexiglasscheibe aus dem Armaturenbrett aus. Das Tempo lässt sich gut ablesen. Und an den Kopf-hoch-Helfer gewöhnt man sich schnell, wie ich schon vom Peugeot 3008 weiß – da kam diese Light-Version des Head-up-Systems erstmals zum Einsatz. Für die große Lösung, bei der die Informationen in die Frontscheibe eingespiegelt werden, war im Mini nicht genug Platz. Apropos: Noch immer ist das Cockpit von Reglern und Kippschaltern regelrecht übersäht. Die Elektronikfunktionen, die in der neuen Generation noch zugelegt haben – es gibt jetzt sogar einen Abstandstempomaten, eine Rückfahrkamera und vieles mehr – müssen eben gesteuert werden, und in einem so kleinen Auto entsteht dann schon mal der Eindruck der Überfrachtung.

Bunte Farben: Ganz nett, aber wozu?
Der Tacho liegt nun stets auf der Lenkachse, während er bisher in manchen Versionen im Zentralinstrument zu finden war, also dem monströsen runden Ding in der Mittelkonsole. Ohne Zweifel ist der Platz vor dem Fahrer die bessere Position. Damit man das Zentralinstrument nicht vergisst, soll der Blick nun offenbar von bunten Farben angezogen werden: Rot, orange, gelb und blau leuchtet die Umrahmung. Ganz nett, aber was soll das? Nur ein Gimmick für den weiblichen Teil der Kundschaft? Mein BMW-Mann sagt achselzuckend: “Den LED-Ring kann man konfigurieren”, und tut es gleich. Nun hat der Ring Drehzahlmesser-Funktion: Je nach Gaspedaleinsatz zeigt ein weißes Licht die Tourenzahl an. Nun ja, das stört nicht weiter. Ebenfalls neu ist der Controller vor dem Getriebehebel. Das Ding, mit dem man das Geschehen auf dem zentralen Display steuert, sieht allerdings fast so aus wie bei BMW, sogar ein Touchpad befindet sich darauf. Ansonsten macht das Cockpit einen ordentlichen, aber nicht übermäßig feinen Eindruck. Denkt man an die schicken Metallringe um die Luftdüsen im Audi A3, fällt die reine Plastiklösung im Mini deutlich ab.

Zu harter Sport
Und die Dämpferverstellung – pardon, die “Dynamische Dämpfer Control”? Ja, in meinem Cooper S sind die Unterschiede nun auch am Fahrwerk spürbar, wenn ich von “Mid” auf “Sport” schalte. Im Sportmodus ist mir der Cooper S zu hart, jedenfalls auf den Straßen Puerto Ricos, wo tiefe Schlaglöcher drohen. Recht schnell schalte ich auf “Mid” zurück. Das Temperament des Vierzylinder-Turbos zeigt sich schon bald. Im Cooper S arbeitet ein 192 PS starker Zweiliter, der einen natürlich vehementer in den Sitz presst als der Cooper-Motor. Doch auf den hiesigen Bergstrecken habe ich mit der S-Variante wesentlich weniger Spaß, und das liegt eindeutig an der Sechsgang-Automatik. Das System schaltet zwar gut, lässt sich zudem per Schaltwippen manuell beeinflussen, aber eins fehlt: Beschäftigung für die rechte Hand. Klar ist das altmodisch, in modernen Rennwagen gibt es schließlich auch keine Hebel mit H-Schaltkulisse mehr. Aber Autofahren ist eben im günstigsten Fall doch mehr, als möglichst schnell von A nach B oder von null auf 100 zu kommen. Ich jedenfalls möchte mich – gerade im Mini – doch ein klein wenig wie James Hunt in “Rush” fühlen, auch wenn sein Kollege Lauda da den Kopf schütteln und mich vielleicht sogar ein romantisches Arschloch nennen würde.

Außen größer, aber nicht innen
Und sonst? Klar, der Mini ist eine Fahrmaschine, aber was ist, wenn man mal was transportieren will? Das Auto ist fast zehn Zentimeter länger, da müsste doch jetzt mehr reinpassen als bisher, oder? Nun, nur sehr bedingt. Ein Großteil der Zusatz-Zentimeter ging nämlich für den Fußgängerschutz drauf. Wenn man nachts einen unbeleuchteten, plötzlich auf die Straße springenden Passanten erwischt, soll der nicht unbedingt mit dem Kopf auf die steile Frontscheibe knallen, also musste der Vorderwagen länger werden. Im Fond ist so wenig Platz wie eh und je, und auch der Kofferraum ist zwar größer geworden, aber nicht groß.

Ab 19.700 Euro
Der Mini Cooper kostet 19.700 Euro. Bei dem Fahrspaß ist das günstig – allemal besser einen Cooper als fürs gleiche Geld den entsprechenden Alfa MiTo oder einen VW Polo BlueGT kaufen. Vom Marktstart an werden neben dem Cooper noch der Cooper S und der Cooper D angeboten. Die Versionen One – zum neuen Basispreis von 17.450 Euro – und One D folgen im Juni 2014. Nicht vor 2015 kommen dann die Derivate der dritten Mini-Generation, vom Roadster und Coupé – wenn sie überhaupt wieder aufgelegt werden – bis hin zum Countryman.
(sl)

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