Haar, 28. Februar 2014
Ziemlich spät ist VW auf den Hybrid-Zug aufgesprungen: Seit 2010 gibt es den Touareg mit Elektro-Unterstützung, 2013 folgte der Jetta Hybrid. Nun werden sich Kenner der Marke fragen: Warum ausgerechnet der Jetta? Schließlich ist er in Deutschland eine Randerscheinung im VW-Programm. Gerade einmal 82 Jetta wurden im Januar 2014 neu zugelassen. Der Grund liegt mehrere tausend Kilometer weiter westlich. In den USA erfreuen sich Hybridfahrzeuge wie der unvermeidliche Toyota Prius großer Beliebtheit, weil Diesel-Pkw dort bislang kaum eine Rolle spielen. Gleichzeitig kommt das Stufenheck des Jetta dort wesentlich besser an als das Steilheck des Golf. Was lag daher näher, als für die Amis einen Jetta Hybrid zu bauen? Dennoch ist ein Test der Limousine auch hierzulande interessant. Ist er besser als der Prius? Und was spart er wirklich?
Aufgepeppter Altmeister
Beim ersten Kontakt mit unserem Testwagen deutet wenig auf den unkonventionellen Antrieb hin. Neu sind eine Kühlermaske mit blauen Zierleisten und einem Hybrid-Schriftzug, LED-Rückleuchten sowie speziell gestaltete Leichtmetallfelgen. Im Innenraum wird spürbar, dass der Jetta bereits ein wenig angestaubt ist: Ein kleiner Navi-Bildschirm in der Mittelkonsole und ein monochromes Display zwischen den Instrumenten ist Stand von gestern. Und noch eine Auffälligkeit: Statt des Drehzahlmessers gibt es ein so genanntes “Powermeter”. Hier wird angezeigt, dass der Wagen startklar ist (er rollt nämlich rein elektrisch los) und ob man sparsam unterwegs ist. Zusätzlich kann sich der Fahrer auf den Displays anzeigen lassen, wo gerade welche Kraft im Auto hinfließt.
Klotz im Kofferraum
Beim Platzangebot bleibt der Jetta ohne Fehl und Tadel. Gerade im Fond lässt es sich bequem aushalten. Doch um das zu erreichen, wird das Akkusystem samt Lithium-Ionen-Batterie hinter der Rückbank integriert. Die Folge: In den Kofferraum passen nur noch 374 statt der normalen 510 Liter. Verursacht wird das durch einen recht massiven Kasten, in dem die Technik steckt. Die hinteren Lehnen umklappen? Keine Chance. Massive Bügel schränken die Nutzbarkeit des Gepäckabteils zusätzlich ein.
<b>Doppel-Herz</b><br>
Unter dem Blech setzt VW beim Jetta Hybrid auf Leistung: Zu dem 1,4-Liter-TSI mit 150 PS gesellt sich ein E-Motor mit 20 Kilowatt Leistung. Beim kurzzeitigen “Boosten” (übersetzt: richtig Stoff geben) stehen 125 Kilowatt respektive 170 PS bereit. Anders als etwa der Toyota Prius setzt der Jetta Hybrid nicht auf ein stufenloses CVT-Getriebe, sondern auf ein DSG mit sieben Gängen. Die Vorteile merkt man beim Fahren: Es sortiert die Gänge unauffällig, der Wechsel zwischen den Fahrmodi geschieht diskret. Schon auffälliger ist die grummelige Note des Benziners unter Last. Eher Geschmackssache ist die Federung, die wir als eine Spur zu straff empfinden.<br>
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<b>Spielwiese Hybrid</b><br>
Stichwort Fahrmodi: Was ist mit dem Jetta Hybrid alles möglich? Wie bereits erwähnt, fährt er meistens elektrisch los, aber schon nach kurzer Zeit schaltet sich der Benziner dazu. Theoretisch kann der VW bis zu zwei Kilometer mit maximal 70 km/h rein elektrisch fahren. Wohlgemerkt theoretisch: Zwar kann man ihn per Tastendruck in einen reinen E-Modus zwingen, doch selbst dann reicht es bestenfalls für kurze Spielstraßen. Clever: An der Ampel wird der Verbrennungsmotor nicht nur abgestellt, sondern auch vom Antriebsstrang getrennt. Bei Grün geht es zunächst mit Strom weiter, was den Spritverbrauch beim Anfahren senkt.<br>
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<b>Segel setzen</b><br>
Die erwähnte Trennung des TSI vom Antriebsstrang erfolgt auch bis zu 135 km/h, wenn man den Fuß vom Gas nimmt. Das Stichwort lautet hier: Segeln. Geht der Fuß wieder zurück aufs Pedal, ist der Kraftschluß zwar merkbar, aber eleganter als im Prius. Vergessen wir zu guter Letzt nicht die Rekuperation, beim Druck aufs Bremspedal wird mehr oder weniger stark Energie in die 1,1 Kilowattstunden fassende Batterie zurückgespeist. Bereits nach einiger Zeit animiert der Blick auf das Powermeter, möglichst oft die Nadel in den “Charge”-Bereich zu treiben oder im Eco-Modus zu fahren. Und auch wenn der Jetta Hybrid in 8,6 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und 210 Spitze erreicht: Ein Auto für Vollgas-Junkies ist er nicht.
Sparsam, aber kein Verbrauchswunder
Kommen wir nun zur Masterfrage: Was verbraucht der VW Jetta Hybrid tatsächlich? Wolfsburg preist einen Durchschnittswert von 4,1 Liter respektive 95 Gramm CO2. Schön für die Steuer, aber im echten Leben kaum realisierbar. Wie erreichten im Schnitt 5,6 Liter, was angesichts der gebotenen Leistung und des häufigen Fahrerwechsels immer noch sehr akzeptabel ist. Ganz nett, wäre da nicht die Preisgestaltung, mit der VW anscheinend den Jetta-Hybrid-Verkauf hierzulande unterbinden will. Los geht es bei 31.700 Euro inklusive Klimaautomatik und 15-Zoll-Alus. Die von uns getestete Topausstattung namens Highline bietet für 33.925 Euro zusätzlich Bi-Xenon-Licht, 17-Zöller und eine Sitzheizung vorne.
Heftig zugelangt
Da bleibt uns die Spucke weg, denn ein Toyota Prius kostet in Top-Ausstattung über 2.000 Euro weniger. Falls es ein VW-Modell mit viel Platz und Sparwillen sein soll, bieten sich der VW Golf Variant mit Erdgas und der BlueMotion-Spardiesel an. Letzteren gibt es allerdings nur mit manuellem Schaltgetriebe. Den finalen Tritt in den (europäischen) Abgrund bekommt der Jetta Hybrid schon bald aus dem eigenen Haus. Der brandneue Golf GTE mit Plug-in-Hybrid soll bis zu 50 Kilometer rein elektrisch fahren und mit etwa 36.000 Euro nicht irrsinnig viel teurer sein. Der Feind liegt im eigenen Bett.
(rh)
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