Kia Soul der zweiten Generation im Test: So cool wie Plastikschuhe

March 20, 2014

Der Kia Soul der zweiten Generation startet Ende März 2014

Die Grundoptik des 4,14 Meter langen SUV-Kleinwagens – oder Kleinwagen-SUVs? – ist gleich geblieben

Mit seiner eigenwilligen Kastenform geht das Auto auch im Stoßverkehr optisch nie unter

Sciacca (Sizilien/Italien), 19. März 2014
Drei dickliche Hamster wollen abnehmen. Dafür trimmen, schwimmen, laufen und schnaufen sie wie verrückt. Schließlich schreiten sie als schlanke (Ham-)Stars in schwarzen Anzügen mit dunklen Sonnenbrillen zur Premiere des neuen Kia Soul. Die Botschaft dieses Werbeclips zur Neuauflage des Autos ist klar: Der Soul ist unglaublich cool. Und in der Tat, der Kleine ist mit Abstand der coolste Kia. Doch in Deutschland war er bisher ein glatter Flop: Gerade mal 590 Stück wurden letztes Jahr davon verkauft, die Händlerzulassungen schon eingeschlossen. Nun aber stellt sich der Geschäftsführer von Kia Deutschland, Martin van Vugt, hin und sagt: Geplant sind 3.000 Verkäufe pro Jahr, es würde ihn nicht wundern, wenn es vier- oder fünftausend würden. Das ist verdammt mutig. Ob das realistisch ist, und ob der coole Kia auch gut fährt, klären wir in unserem Test.

Kein Auto zum Pylonenwedeln
Das Design ist sicher der Hauptgrund, einen Kia Soul zu kaufen. Es ist eines mit Ecken und Kanten, sowohl im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Der kastige, hohe Kleinwagen mit SUV-Elementen gefällt einem oder er gefällt einem nicht, optisch in der Masse untergehen wird er kaum. Das gilt auch für den Konkurrenten Nissan Juke, doch anders als dieser sieht der Soul gut aus. Die gleich 1,61 Meter hohe Kastenform hat aber auch ihre Nachteile. Zum Beispiel ist nach meiner Testfahrt die steil stehende Frontscheibe übersäht mit Fliegenleichen – und das, obwohl ich nie schneller als 120 km/h gefahren bin. Und natürlich ist so ein hohes Auto schon von seinem Körperbau her ungeeignet, um schnelle Kurven zu fahren. Ich sitze hoch in diesem Fahrzeug, und wanke in Kurven nach außen. Wenn ich schnelles Pylonenwedeln simuliere, protestiert mein Beifahrer, denn sein hin- und herwackelnder Kopf droht mit der Seitenscheibe zu kollidieren. Dazu kommt, dass die Sitze ordentlichen Seitenhalt am Rücken bieten, aber wenig an den Schenkeln.

Bloß keinen Schweiß!
Aber schnelles, sportliches Fahren auf kurvigen Landstraßen wäre ja womöglich mit körperlicher Anstrengung verbunden. Und das würde schlecht zu einem Fahrer passen, der beim Aussteigen cool wirken will und nicht verschwitzt in die Menge seiner weiblichen Fans treten möchte. Ich rede da nicht von mir, nur so allgemein … Nein, der Soul ist eher was zum Cruisen. Der Vorgänger war bei Straßenunebenheiten arg ruppig zu den Insassen. Das hat sich bei der zweiten Generation, die nun auf einer verkürzten Cee’d-Plattform basiert, verbessert. Aber sanftes Gleiten ist etwas anderes. Vor allem, wenn man das Fahrgefühl der Luftfederung in der neuen Mercedes C-Klasse noch im Gesäß hat, fühlt man sich hier doch unsanft behandelt. Die Lenkung ist akzeptabel. Der Vortrieb auch, aber nicht mehr. Im Soul werden nach wie vor ein Saugbenziner und ein Diesel angeboten. In meinem Testwagen arbeitet der 1,6-Liter-Selbstzünder mit 128 PS. Ein Kompaktwagen mit einem so starken Diesel fährt sich in aller Regel schon recht schwungvoll. Davon kann beim Soul 1.6 CRDi nicht die Rede sein, obwohl der 4,14 Meter lange Kasten-Wagen – man beachte den Bindestrich, mit Lieferautos hat das Auto nichts zu tun – ähnlich schwer ist.

Kleiner Diesel: Mehr Durst als Schwung
Liegt die Trägheit meines Soul vielleicht am Getriebe? Das Ding hat eine Sechsgang-Automatik, und in so einer Box verschwindet schon mal das eine oder andere PS auf Nimmerwiedersehen. Morgen werde ich den Schalter fahren, nehme ich mir vor. Einstweilen fällt mir der Spritverbrauch auf, den der Bordcomputer anzeigt. Obwohl ich ganz soulmäßig cool und gelassen fahre und niemals auch nur ansatzweise schnell, komme ich nicht unter 7,6 Liter. Dass ich nicht wie Sebastian Vettel fahre, zeigt schon der Vergleich mit dem Normverbrauch: Der liegt bei 6,0 Liter, also kaum niedriger. Hier also liegt der Hase im Pfeffer. Ein VW Golf 2.0 TDI mit Sechsgang-DSG und 150 PS braucht laut Datenblatt nur 4,4 Liter. Also, halten wir fest: Der kleine Diesel mit Automatik fährt sich nicht nur eher verhalten, er ist auch nicht gerade sparsam. Zum hohen Spritverbrauch trägt bei, dass der Diesel keine Start-Stopp-Automatik hat, und dass es ihn ausschließlich mit viel Ausstattung gibt – das treibt das Gewicht hoch. Und dann wollen auch noch die 18-Zoll-Räder gedreht werden.

Kontinuierlich variable Lautstärke
Schaltwippen fehlen in meinem Automatik-Soul ebenfalls. Na gut, dies ist kein Sportwagen, das will ich mal verzeihen. Übrigens: Die Sechsgang-Automatik verhält sich im Soul seltsamerweise genauso wie ein CVT-Getriebe mit kontinuierlich variabler Übersetzung: Beim Beschleunigen wird es kontinuierlich lauter und lauter. Wenn ich das gewünschte Tempo erreicht habe und das Gas zurücknehme, wird es schlagartig wieder leiser – der oft beschriebene Gummibandeffekt.

Leise – und nur Euro 5
Um nun keinen falschen Eindruck zu erwecken, muss gesagt werden, dass es im Inneren des Soul generell leise bleibt. In puncto Schalldämmung haben die Ingenieure ganze Arbeit geleistet. Kia gibt an, dass der Geräuschpegel bei Tempo 60 gegenüber dem Vorgänger von 66 auf 63 Dezibel sank. Das sagt Ihnen nichts? Nun, ich habe nachgeschlagen: Drei Dezibel weniger bedeutet, es wurde etwa 20 Prozent leiser. Nicht schlecht also! Ganz leise werden die Kia-Kundigen allerdings auch, wenn es um die Abgasnorm geht. Das Datenblatt verrät es aber: Der Soul hält nur die Euro-5-Norm ein. Bei einem älteren Auto mag das angehen, und auch bei einem Facelift wäre ich noch konzessionsbereit. Aber bei einer völlig neuen Generation, die Ende März 2014 auf den Markt kommt? Zur Erinnerung: Ab 1. September des Jahres dürfen die Hersteller nur noch Modelle zulassen, die schon die Euro-6-Norm erfüllen.

Und die Schaltversion?
Dieser Soul ist kein Sportler, sondern ein Trinker, denke ich beim Aussteigen, aber vielleicht ist ja der Schalter besser. Am nächsten Tag steige ich deshalb in die Version mit manuellem Sechsgang-Getriebe und dem gleichen Motor. Auf ähnlichen Strecken bei gleicher Fahrweise ist das Ergebnis ernüchternd: 6,3 Liter je 100 Kilometer. Weniger als bei der Automatik, aber immer noch zu viel. Auch hier ist der Normverbrauch von 5,0 Liter deutlich höher als beim erwähnten Golf mit Zweiliter-Diesel und Sechsgang-Schaltung, bei dem nur 4,1 Liter im Prospekt stehen. Auch das Temperament ist ähnlich wie bei der Automatikversion: Der Vortrieb ist ausreichend, aber nicht mehr. Den Sprint auf Tempo 100 erledigt die Schaltvariante eine Sekunde schneller als die Automatikversion, berauschend ist der Wert von 11,2 Sekunden aber wahrlich nicht. Der mit 150 PS stärkere Golf ist hier deutlich schneller, und sogar der nur 110 PS starke Diesel-Golf hängt den Soul 1.6 CRDi noch ab. Nein, dieser Motor ist wahrhaftig kein Kaufgrund.

Schickes Cockpit, viel Platz im Fond
Und sonst? Nun, da sieht es besser aus. Das Cockpit ist jetzt deutlich schicker als in der ersten Generation, nicht mehr so plastiklastig, sondern recht ansehnlich. Und im Fond sitzt man ausgesprochen gut, besser als in den meisten Kleinwagen. Das liegt nicht nur an der verständlicherweise großen Kopffreiheit. Auch vor den Knien bleibt mehr Raum als in dieser Längenklasse üblich. Nicht ganz so erfreulich ist, dass die Ladekante fast schon auf Gürtelhöhe liegt und damit wesentlich höher als bei einem normalen Klein- oder Kompaktwagen. Der Kofferraum fasst 238 bis 1.367 Liter. Der größere Wert ist respektabel und bewegt sich auf ähnlichem Niveau wie etwa beim VW Golf. Der kleinere Wert wirkt etwas niedrig, doch mit dem Fach unter dem Laderaumboden werden daraus 354 Liter. Insofern ist also alles in Ordnung mit dem Soul. Außerdem gebührt Kia Respekt, was das Technikangebot angeht. So gibt es einen Spurhalteassistenten, der beim versehentlichen Überfahren von Linien verlässlich piepst – zumindest, wer das System kennt, weiß, was er falsch gemacht hat. Auch ein Navi mit großem Bildschirm, eine Lenkradheizung, ein elektrisch einstellbarer Fahrersitz, eine Sitzheizung vorne und sogar hinten, ein Fernlichtassistent und eine Rückfahrkamera sind verfügbar – für das Kleinwagensegment sehr, sehr beachtlich.

Basisversion für unter 17.000 Euro
Der Einstiegspreis für den Soul liegt bei günstigen 16.990 Euro. Den gefahrenen Diesel gibt es jedoch ausschließlich in der höheren der beiden Ausstattungen namens Spirit. Deshalb wird es hier teuer: 24.990 Euro sind zu zahlen. Doch die Serienausstattung Soul Spirit ist außergewöhnlich gut. Neben einem Radio mit USB- und Aux-Anschluss sowie einer Klimaautomatik gehören selbst Lenkradheizung, eine Sitzheizung vorne, Spurhalte- und Fernlichtassistent, Parkpiepser rundum, die Rückfahrkamera, ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem sowie ein Tempomat dazu. Und die ersten 500 Käufer erhalten oben drauf noch ein Audiosystem von Infinity sowie das Navi. Hier ist sogar ein Navigationskarten-Update für die ersten sieben Jahre dabei – ergänzend zur bekannten Sieben-Jahres-Garantie, die Kia auf alle Fahrzeuge gewährt.
(sl)

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