Subaru WRX STI Test: Ja, soo muss Technik!

April 12, 2014

Ab Sommer 2014 auf dem Markt: Der neue Subaru WRX STI

Beim WRX STI wurde gegenüber dem Vorgänger kein Blech auf dem alten gelassen

Die A-Säule wanderte 20 Zentimeter nach vorne, so gibt es jetzt Dreieckfenster in den Fronttüren

Stockholm, 10. April 2014
Colin McRae war von 1991 bis 1998 Subaru-Pilot und gewann 1995 für die japanische Marke die Rallye-Weltmeisterschaft WRC. Er fuhr mit dem Subaru Impreza viele weitere Rennen, kam jedoch über Platz zwei in der Weltmeisterschaft nicht mehr hinaus. So wechselte er erst zu Ford und dann zu Citroën, bevor er sich der Rallye Dakar oder den 24 Stunden von Le Mans widmete. 1997 kam er bei einem Absturz mit seinem eigenen Hubschrauber auf tragische Weise ums Leben. McRae brachte Subaru noch vor Richard Burns und Petter Solberg ins Scheinwerferlicht und lieferte sich nicht zuletzt mit dem Finnen Tommi Mäkinen, der einen Mitsubishi Lancer Evolution pilotierte (das exakt passende Gegenstück zum Subaru Impreza), heiße Gefechte. Mäkinen gewann die WRC viermal.

Abstimmung auf dem Nürburgring
Das Besondere an diesem Duell zwischen dem Schotten und dem Finnen? Ausgerechnet der jahrelange Subaru-Gegner Mäkinen hat nun das Subaru-Team bei der Abstimmung des neuen WRX STI unterstützt, allerdings fuhr er auch schon in den Jahren 2002 und 2003 für Subaru in der WRC. Auf dem Nürburgring und auf der Subaru-eigenen Hochgeschwindigkeits-Teststrecke in Japan hat sich der Finne darum gekümmert, dass der Wagen fahrerisch dem Porsche 911 nahe kommt. Denn keinen Geringeren hatten die WRX-STI-Macher im Auge, als es um das Handling des kompakten 300-PS-Sportwagens in nun fünfter Auflage ging.

Nur noch ein Modell für Europa
Impreza heißt der Subaru übrigens nicht mehr. Mit der Bezeichnung WRX STI soll er sich von der Allrad-Basis-Limousine als reinrassiger Sportwagen abgrenzen. Und während in Japan und dem wichtigsten Subaru-Markt USA auch noch ein mit 260 PS etwas schwächeres Modell mit dem Namen WRX angeboten wird, kommt nach Europa nur der starke und recht umfassend ausgestattete STI. Dies alles verriet mir Masuo Takatsu, der Chefentwickler der neuen WRX-Generation.

Der Preis ist heiß!
Und Subaru-Deutschland-Chef Volker Dannath sagte mir, dass im ersten Jahr zirka 1.000 Einheiten des WRX STI nach Europa kommen, davon zirka 120 nach Deutschland. Und das auch noch ziemlich preiswert. Geschlagene zwei Jahre hat Dannath mit den Japanern über den Preis verhandelt, er wollte damit unbedingt auf Höhe der europäischen Wettbewerber bleiben. Er hat es mit Erfolg getan, denn zur Markteinführung im Juni 2014 startet das neue Modell in der Ausstattungsvariante “Active” ab 41.900 Euro, während das aktuelle Modell noch happige 49.400 Euro kostet.

Gestreckt und geduckt
An dem Auto hat sich viel verändert, eigentlich alles außer dem Motor, der weitgehend unverändert vom Vorgänger-Modell übernommen wurde. Bei der jetzt fünften WRX-Generation ist der Radstand 25 Millimeter länger, was vor allem den Fußraum im Fond vergrößert. Zusätzlich ist bei unveränderter Gesamtbreite die Ellenbogen- und Schulterfreiheit gewachsen. Die Basis der A-Säule rückte um ganze 20 Zentimeter nach vorne und die vorderen Türen wurden mit Dreieckfenstern versehen. Zusätzlich wurden Armaturenbrett und Türverkleidungen abgesenkt. Das Ergebnis ist ein gutes Raumgefühl in diesem nach wie vor kompakten Auto und eine gute Rundumsicht.

Rundum alltagstauglich
Auch das Kofferraumvolumen ist gewachsen: Es legte um 40 Liter auf nun 460 Liter zu. Die japanischen Subaru-Ingenieure, die meine Testfahrt begleiten, betonen unermüdlich die Alltagstauglichkeit des STI. Dazu tragen sicherlich auch die im Verhältnis von 60 zu 40 umklappbaren Rückbanklehnen bei.

Die pure Power
Doch bevor ich mich hier weiter mit seiner Alltagstauglichkeit befasse, will ich doch zuerst das sportliche Potenzial des WRX STI ausloten. Die Entwicklung des neuen Modells stand schließlich unter dem Motto “Pure Power in Your Control” (“pure Kraft unter deiner Kontrolle”). Ich würde es so formulieren: Es geht um den Fahrspaß, der aus der sicheren Beherrschbarkeit des Autos resultiert. Das Ziel von Subaru: Das Auto soll genau das machen, was der Fahrer denkt, dass es tut.

Der Porsche 911 im Visier
Chefentwickler Takatsu zeigt mir eine Unmenge von Schaubildern und Grafiken und stellt alle möglichen Vergleiche mit anderen Sportwagen an, zum Beispiel dem BMW M3, dem Porsche Cayman und nicht zuletzt dem Porsche 911. Er spricht über das Ansprechverhalten, das Verhalten in schnellen Kurven, und vor allen Dingen über die Lenkung. In allen Disziplinen liegt Subaru laut Takatsu dicht hinter dem Besten, dem 911. Bei der Lenkung sieht Takatsu den neuen Subaru sogar gleichauf.

Die Sitzposition ist tief
Also klemm ich mich hinter das Steuer und lege los. Die Sitzposition ist tief, beim Basismodell erfolgt die Sitzverstellung manuell, bei den teureren Varianten elektrisch. Der Seitenhalt wird sich wenig später als sehr gut herausstellen, die Oberschenkelauflage geht bei meinen 1,90 Meter in Ordnung. Das jetzt unten abgeflachte Lenkrad (eine unpraktische Mode) ist in allen Richtungen verstellbar, auch der Schaltknüppel liegt gut zur Hand.

Kein Krawallmacher
Der Schlüssel kann in der Tasche bleiben, gestartet wird mit einem Startknopf neben dem Lenkrad. Der Motorsound enttäuscht – ich hatte etwas mehr Krawall erwartet. Auch beim vollen Beschleunigen hält sich die Lautstärke eher in Grenzen, wenn auch ein tiefes Grummeln zu vernehmen ist, als würde es sich um einen hubraumstärkeren Motor handeln. Eine Klappe im Auspuff oder künstliche Soundaktoren, wie sie die Volkswagengruppe im Golf GTI oder Leon Cupra einsetzt, gibt es im Subaru nicht. Hier tut sich also ein lohnendes Betätigungsfeld für Auspuffspezialisten wie Akrapovic auf.

In 5,2 Sekunden auf Tempo 100
Immerhin entfesselt der 2,5-Liter-Boxerturbo 300 PS und 407 Newtonmeter. Damit ist der WRX STI in 5,2 Sekunden auf Tempo 100, bei 255 km/h wird abgeregelt. Um diesen Beschleunigungswert zu erreichen, muss man sich aber ordentlich ins Zeug legen, die überarbeitete Schaltung könnte durchaus knochiger sein und kürzere Wege haben, besonders zwischen dem zweiten und dem dritten Gang. Ein Doppelkupplungsgetriebe ist nicht in Planung.

Die Ansprache des Gaspedals
Äußerst hilfreich ist dagegen die elektronische Verbindung von Gaspedal und Drosselklappe. Mit dem SI-Drive-Drehschalter, der vor dem Schalthebel in der Mittelkonsole sitzt, kann die Kennlinie des Gaspedals verstellt werden – das geht von sanft im “Intelligent”-Modus über sportlich im “Sport”-Modus bis zu giftig im “Sport-Sharp”-Modus. Wenn man sanft fährt, dann aber das Gaspedal stark durchdrückt, bekommt auch mehr Power, um zum Beispiel mal eben schnell zu überholen.

Verstellbare Kraftverteilung
Was aber richtig gut am WRX-STI ist, ist die Möglichkeit, auf die Verteilung der Antriebsmomente Einfluss nehmen zu können. Der Schalter für das “Drivers Control Center Differential System” (DCCD) liegt direkt vor dem SI-Drive-Regler. So lassen sich die Antriebsmomente variabel zwischen 41:59 und gesperrten 50:50 auf die Vorder- und Hinterachse verteilen. Das mechanische Ausgleichsgetriebe wird darüber hinaus durch eine mechanische und eine elektronische Differenzialbremse ergänzt.

Ideal für die Rennstrecke
Der “Auto”-Modus ist als Standardeinstellung für alle Straßenverhältnisse und Fahrsituationen gedacht. Im “Auto-Plus”-Modus ist die Differenzialbremse ständig aktiviert, um eine größtmögliche Traktion zum Beispiel auf rutschigen Straßen zu gewährleisten. Im “Auto-Minus”-Modus hingegen ist die Sperre gelöst, was sich auf trockenen und griffigen Straßen anbietet. Wer mit seinem WRX STI auf die Rennstrecke gehen will, und das hatten die Entwickler stark im Blick, kann den Sperreffekt im manuellen Modus in sechs Stufen verstellen.

Abschaltbares ESP
Doch das ist noch nicht alles, was der Fahrer so konfigurieren kann. Auch das ESP, bei Subaru “Vehicle Dynamics Control System” (VDC) genannt, lässt sich in drei Modi einstellen: “Normal” als Standard, “Traction” zum leichteren Driften und “Off”, dann ist alles außer dem ABS abgeschaltet. Mit einem weiteren Kniff haben die Subaru-Techniker das Kurvenverhalten und das Einlenken verbessert. Per “Active Torque Vectoring” bremst das kurveninnere Vorderrad ab und das Antriebsmoment verlagert sich auf das kurvenäußere Vorderrad.

Differenzialbremsen vorne und hinten
Damit sind aber immer noch nicht alle Register gezogen. Die Subaru-Leute wollen es wirklich wissen und haben auch noch sowohl Vorder- als auch Hinterachse mit drehmomentabhängigen Differenzialbremsen versehen. Vorne wurde eine sanft einsetzende Sperrwirkung implementiert, hinten eine schnell reagierende Torsen-Differenzialbremse.

Lenkung nun direkter
Jetzt wollen Sie wahrscheinlich endlich wissen, wie das Auto denn nun fährt. Zu früh gefreut, denn erst muss ich noch berichten, wie die Lenkung verbessert wurde, denn das ist so ziemlich das wichtigste von allem. Die hydraulische Servolenkung wurde steifer gelagert und im Vergleich zum Vorgänger mit 13:1 anstelle von 15:1 wesentlich direkter gemacht.

Unerhört neutral
Doch jetzt kommt`s: Diese Maßnahmen – zusammen mit einer steiferen Aufhängung und Karosserie – führen zu einem genial zu fahrenden Auto: Der WRX STI liegt absolut ruhig und fährt unerhört neutral. Der Geradeauslauf ist geradezu stoisch. Die Lenkung geht angenehm schwer und hat eine starke Rückstellung. Dennoch geht es zielgenau in die Kurven. Das Auto fährt genau dahin, wo du hin willst.

Brembo-Bremsen vom Feinsten
Dieses narrensichere Fahrverhalten probiere ich auf einem abgesperrten Handlingkurs aus. Dazu stelle das VDC auf “Traction”. Und siehe da: Das Heck kommt mit einiger Übung in der Kurve rum und du fängst den Wagen mit Gaswegnehmen auch leicht wieder ein. Auf der Wedelstrecke (mit allen Schaltern wieder auf “Normal”) kannst du superexakt und superschnell zwischen den Pylonen hin- und herzirkeln, herausbeschleunigen und vor der nächsten Kurve so richtig stark in die Eisen treten – auch die Brembo-Bremsen sind vom Feinsten und erweisen sich als standfest.

Leicht beherrschbar
Normalerweise bin ich auf solchen Handlingkursen immer etwas nervös. Einerseits willst du ordentlich Gas geben und eine gute Figur machen, andererseits soll ja nichts in die Hose gehen. Doch mit dem STI fühle ich mich schon nach wenigen Runden so vertraut, als wäre ich seit meiner Geburt mit ihm um die Kurven gedüst. Die Subaru-Ingenieure haben ihr Versprechen eingelöst: Der Wagen macht, was du denkst, was er tun wird. Wirklich gut!

Der WRX STI ist erstaunlich komfortabel
Doch nun geht es noch einige Stunden lang über Landstraßen und die Autobahn. Und das in Schweden. Was heißt: auf der Landstraße meistens Tempo 70 und auf der Autobahn auch nur 110 km/h. Dabei zeigt sich die erstaunlich komfortable Seite des WRX STI. Er liegt ruhig auf der Straße, federt gut und lässt nur Querrillen mal durchkommen, was für einen Sportler dieser Qualität absolut in Ordnung geht. Die Sportsitze sind bequem, wenn sie auch eine Lordosenstütze vermissen lassen. Hinten gibt es reichlich Platz. Die Alltagstauglichkeit kann dem Wagen also bescheinigt werden.

Grip, Grip, Grip
Was stört, sind nur die vergleichsweise hohen Reifengeräusche. Allerdings sind die schwedischen Straßen von Winterspikes recht aufgeraut und dies mag auch zu dem Geräuschpegel beigetragen haben. Immerhin hat Dunlop für den WRX STI exklusive Reifentypen im Format 245/40 R18 entwickelt, die eine höhere Haftgrenze haben. Zusammen mit dem für Subaru typischen Allradantrieb sorgt das für einen Grip, wie ich ihn in einem kompakten Sportwagen selten erlebt habe.

Extrem gut aus den Kurven heraus
Dann endlich kommt eine schmale, sehr kurvige Nebenstraße, und nieselig-feucht ist sie auch noch. Da kann der WRX STI beweisen, was er auf dem Kasten hat. Auf dem Handlingkurs hatte sich schon angedeutet, dass der Wagen extrem gut aus den Kurven heraus beschleunigt und auch hier zeigt sich wieder die Gutmütigkeit und leichte Beherrschbarkeit, selbst bei solch schwierigen Bedingungen. Du spürst förmlich, wie sich alle vier Räder in den Straßenbelag verbeißen, die Hinteren irgendwie noch ein bisschen mehr und selbst auf dieser schlechten, leicht gewölbten und schmalen Straße hältst du den Wagen spielerisch auf Kurs, bremst vor der Kurve und gibst darin Gas, ohne dass er auch nur einmal ins Schlingern kommt. Und so bekommen die Subaru-Ingenieure von mir für die Erledigung ihrer Hausaufgaben eine Eins. Auch Rallye-Ikone Tommi Mäkinen scheint bei den Abstimmungsfahrten ganze Arbeit geleistet zu haben.

Aber der Spoiler
Ich fahre übrigens zuerst mit einem blauen WRX STI in der Top-Ausstattung “Sport” (45.200 Euro), die hat den großen Heckspoiler auf dem Kofferraumdeckel – bringt 300 Kilogramm Anpressdruck bei Höchstgeschwindigkeit. Wenn du in den Rückspiegel schaust, nimmst du ihn gar nicht wahr, denn er ist fast so groß wie der Fensterausschnitt. Wenn du aber beim Abbiegen über die Schulter blickst, erschrickst du dich und meinst, der Spoiler will dich gleich überholen.

Es geht auch ohne
Danach bin ich in einen weißen “Active” umgestiegen. Ohne Spoiler sieht der Wagen sowieso besser aus, von hinten fast so elegant wie ein BMW Dreier, von vorn fällt die Lufthutze auf der Motorhaube aus dem Rahmen. Auf dem Nürburgring, für den der STI nun mal auch gemacht ist, macht sich natürlich der Spoiler besser und die Hutze passt da auch hin.

Innendrin: old school
Spoiler und Hutze sind aber auch die äußeren Anzeichen dafür, dass der WRX STI in einigen Belangen doch noch ziemlich old school ist – der Innenraum könnte stärker durchgestylt sein und es gibt drei getrennte, nicht vernetzte Infosysteme (eine Anzeige zwischen den Rundinstrumenten, eine oben auf der Armaturentafel und die Audio-/Navieinheit, alle mit eigener Bedienung). Auch glänzen Assistenzsysteme wie Spurverlassenswarner oder so was durch Abwesenheit. Aber das kann man ja auch als Vorteil sehen. Was nicht da ist, kann nicht kaputtgehen und außerdem ist der WRX STI ein Auto für den aktiven Fahrer, der weiß was und wohin er will. Immerhin wird die passive Sicherheit groß geschrieben, unter anderem gibt es einen Knieairbag und neu entwickelte LED-Frontscheinwerfer.

Kein Schrägheck mehr
Künftig wird der WRX STI nur noch als Stufenheck-Limousine angeboten, das bisherige Schrägheckmodell entfällt. Eine kluge Entscheidung, denn richtig toll sah der “Hatchback” nicht aus. Ja, und noch was wird künftig nicht mehr angeboten: Der Erzrivale des WXR STI, der 295 PS starke Mitsubishi Lancer Evolution, läuft Ende 2014 ohne Nachfolger aus. Gute Karten also für Subaru, den neuen WRX STI auf die Straßen und Rennstrecken zu bringen.
(ph)

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