Peugeot 308 SW mit neuem Dreizylinder-Turbobenziner im Test

April 12, 2014

Die neue Generation des Peugeot 308 SW startet am 24. Mai 2014

Mit 4,59 Meter ist der Kombi ein paar Zentimeter länger als der Rivale aus Wolfsburg, der Golf Variant

Gerade das Heck ist nun viel augenfreundlicher als beim alten 308 SW (kleines Bild)

Le Touquet-Paris-Plage (Frankreich), 10. April 2014
Wer eine Automarke zum Erfolg führen will, muss wie ein Langstreckensportler denken, nicht wie ein Sprinter. Wenn das stimmt, hat der deutsche Peugeot-Geschäftsführer den richtigen Job. Denn obwohl man es Marcel de Rycker nicht auf den ersten Blick ansieht, hat er bereits dreimal einen Ironman-Triathlon hinter sich gebracht. Auch seine Marke kann auf dem Weg zum Ruhm schon ein paar Erfolge aufweisen. Beim Design können die Franzosen seit der Einführung des 508 mit den Besten mithalten, die Fahrwerke sind schon lang nicht mehr so butterweich, wie man es ihnen früher nachsagte, die Diesel sind ohnehin in der Branche anerkannt, und mit den neuen Turbo-Dreizylindern tut sich nun auch was an der Benzinerfront. Wir haben die neue Motorengeneration im ebenfalls ganz frischen Peugeot 308 SW getestet.

Überraschung im Cockpit
Als vor anderthalb Jahren die neuen Dreizylinder von PSA Peugeot Citroën auf den Markt kamen, war klar: Da fehlt eine Turboversion. Nun ist sie da, und neugierig steige ich in die 130 PS starke Ausführung des 308 SW 1.2 e-THP. Drinnen aber fällt zuerst die ungewöhnliche Cockpitgestaltung auf. Ehrlich gesagt, die Bilder vom Innenraum hatten mir wenig Lust darauf gemacht. Schade, hatte ich gedacht, Peugeot war auf einem guten Weg, oft sahen die Autos innen schon so schick aus wie die von VW. Und nun schlagen die Franzosen einen Purzelbaum, ordnen die Instrumente über dem Lenkrad anstatt dahinter an. Als ich im Auto sitze, ist der Eindruck ein anderer. Die ungewöhnliche Anordnung fällt nicht negativ auf, und schon bald habe ich mich daran gewöhnt. Weil die Bedienung vieler Funktionen über den Touchscreen erfolgt, fallen viele Knöpfe weg, und die Mittelkonsole ist erfreulich schlicht. Allerdings ist die Bedienung doch etwas umständlich: Statt die Klimaanlage per Drehrad einzustellen, muss ich zunächst das entsprechende Icon am Rand des Touchpads suchen und dann mit dem Finger mehrmals die Pfeilchen treffen, um die Temperatur einzustellen.

Echt oder simuliert? Egal
Aber ich sitze nicht wegen der Klimaanlage im Auto, also drücke ich den Start-Stopp-Knopf und fahre los. Schon auf den ersten Metern wird klar, dass der neue Turbobenziner ein Volltreffer ist. Die 130 PS des 1,2-Liter-Motors machen den Kombi wirklich sportlich. Ich lasse die Reifen quietschen, brettere um die Kurven, und freue mich an dem rauen Sportsound. Noch besser wird es, wenn ich die Sport-Taste in der Mittelkonsole drücke. Sie reagiert zwar nicht beim ersten, flüchtigen Druck, aber dann wird es schön. So schön, dass ich mich rational einbremsen muss: Wenn hinten Kinder in der Familienkutsche säßen, denke ich mir, dann dürfte ich nicht so fahren. Aber dieser Sound! Der kommt aus den Lautsprechern, stellt mein Beifahrer nüchtern fest. Und tatsächlich: Gaëtan Demoulin von der französischen Peugeot-Presseabteilung bestätigt mir, dass hier nicht etwa der Motorsound in den Innenraum übertragen wird, hier arbeitet ein elektronischer Soundgenerator. Wenn man Musik hört, wird der Sound – beim Diesel übrigens ein anderer als beim Benziner –drehzahlabhängig dazugemixt. Das war auch schon im abgelösten VW Golf GTD so, und die künstliche Entstehung des Klangs stört mich nicht: Wir leben in einer digitalen Welt, und der Unterschied zwischen echt und simuliert verschwindet.

Die Wundertaste
Hauptsache, man hat Spaß, und den hat man hier. Mit Ausnahme des Startknopfs ist die Sporttaste die wichtigste im ganzen Auto. Ist sie gedrückt, wird auch die Lenkung schön direkt. Und wenn ich sachte beschleunige, verstärkt sich beim Betätigen der Taste der Vorwärtstrieb. Außerdem färben sich die Instrumentenskalen rot und ich kann die Momentanwerte für Leistung, Ladedruck und Drehmoment ablesen. Genauso wie bei Hybridautos grüne Bäumchen mit mehr oder weniger Blattwerk zum Spritsparen reizen, fühle ich mich auch hier herausgefordert. So schalte ich zurück und gebe Vollgas. Tatsächlich: Bei etwa 5.000 Touren werden 130 PS erreicht. Wichtiger fürs Fahrgefühl ist das Drehmoment, und hier reicht die Skala bis 230 Newtonmeter.

Nur der Verbrauch …
Auf den oft schlechten Landstraßen am Pas de Calais schlägt sich auch das Fahrwerk besser als der Klassendurchschnitt. Der Asphalt-Flickenteppich macht sich weder akustisch noch durch harte Stöße nach innen bemerkbar. Auch in schnell genommenen Kurven fällt kein unangenehmes Wanken auf. Oder bin ich nur so mitgerissen vom erstaunlichen Vortrieb? Egal, was soll`s, das Fahrgefühl ist sportlich. Die Ledersitze im Testwagen sind mir eine Idee zu weit, doch sie geben ordentlichen Seitenhalt, ohne unbequem zu sein. Also alles in Butter? Nicht ganz. Mein Beifahrer beschäftigt sich mit dem Touchscreen und findet den Wert für den Benzinverbrauch: 7,3 Liter. Das ist nicht wenig, auch wenn ich fahre wie ein Verrückter. Schließlich bewege ich mich auf der Landstraße. Da dürfte der Abstand zum Normverbrauch von bescheidenen fünf Liter eigentlich nicht ganz so groß sein.

Sogar Massagesitze
Später fahre ich auf die Autobahn. Hier kühlen meine Emotionen herunter, sodass ich mich den Assistenten widmen kann, die nun auch bei Peugeot Einzug gehalten haben. Die Liste ist noch nicht so vollständig wie bei deutschen Marken, aber immerhin: Abstandstempomat, Kollisionswarnung, Notbremssystem, Totwinkelassistent, Einparkassistent und Rückfahrkamera sind erhältlich. Sogar Massagesitze – mein Gott, wie sich die Zeiten ändern, sowas war noch vor ein paar Jahren in der Kompaktklasse undenkbar. Fehlende Elemente wie Spurverlassens- und Müdigkeitswarnung, Kurvenlicht und Fernlichtassistent fallen für mich nicht allzu stark ins Gewicht. Allerdings lässt die Regelqualität des Abstandstempomaten doch etwas zu wünschen übrig. Zieht ein vorausfahrendes Auto auf meine Spur herüber, werde ich nicht kontinuierlich, sondern zweimal eher ruppig gebremst. Außerdem gelingt es mir nicht, den Abstand zum Vordermann einzustellen. Auch wenn die Standardvorgabe von zwei Sekunden wahrscheinlich vernünftig ist, mein Gefühl wünscht sich weniger Distanz.

Wenig Platz im Fond
Und sonst? In einer Fahrpause setze ich mich nach hinten und bin schnell enttäuscht. Erstens ist es mit den sieben Ausbau-Sitzen des Vorgängers nun vorbei. Außerdem ist die Kniefreiheit für meine eher kurzen Beine ausreichend, aber nicht üppig – und das trotz elf Zentimeter mehr Radstand als bei der Schrägheck-Limousine. Nach oben hin ist es noch schlimmer: Ich kann nur meine flache Hand zwischen Scheitel und Dach schieben. Allerdings sitze ich in einem Auto mit dem großen Glasdach, und ich bin zwar nur 1,75 Meter groß, aber bekennender Sitzriese. Der Kofferraum befriedigt dafür voll und ganz: Die Ladekante ist erstaunlich niedrig, und das Umklappen der Sitzlehnen geht über die Hebel in den Seitenwänden sehr einfach. Es bildet sich ein regelmäßig geformter Laderaum mit komplett ebenem Boden. Er ist so groß, dass sich mein Beifahrer dazu animiert fühlt, sich hineinzulegen. Auf dem Rücken liegend lobt er den Blick in den blauen Himmel durch das Glasdach, er kann sich vorstellen, darin zu übernachten.

Viel weniger Spaß im stärkeren Diesel
Nachdem ich meinen widerstrebenden Copiloten wieder aus dem Kofferraum geholt habe, wechseln wir auf den 150-PS-Diesel mit Automatik. Hier stellt sich im Vergleich zum Turbobenziner schnell Ernüchterung ein. Der Motor bringt zwar 370 Newtonmeter Drehmoment und treibt den Kombi gut voran, macht aber nicht ansatzweise so viel Spaß wie der Turbobenziner. Vor allem fehlt mir die Sportlichkeit. Es gibt keine Schaltwippen am Lenkrad, und die Sechsgang-Box schaltet nicht sehr überzeugend. Beim Bremsen zum Stillstand zum Beispiel lässt sich das Herunterschalten als leichtes Ruckeln fühlen. Ein Plus soll nicht verschwiegen werden: Der Diesel erfüllt durch das Adblue-System wie alle Selbstzünder im 308 SW bereits die Euro-6-Abgasnorm. Der 17 Liter große Additiv-Tank reicht für immerhin 20.000 Kilometer. Trotzdem, ich würde ohne eine Sekunde zu zögern den Benziner nehmen, selbst wenn die beiden Modelle gleich teuer wären.

Ab 20.450 Euro, mit Sporttaste erst ab 24.600 Euro
Ein Blick in die Preisliste zeigt, dass der Diesel natürlich weit teurer ist. Den Benziner gibt es für 20.450 Euro, den Selbstzünder mit Automatik nicht unter 29.250 Euro. Allerdings bezieht sich der Selbstzünder-Preis auf die Topausstattung Allure. Die schlechte Nachricht bezüglich des Benziners: Das Sport-Paket, zu dem die beglückende Sport-Taste gehört, gibt es nur für die Topversion, und dann sind 24.600 Euro für den 1.2 e-THP mit 130 PS fällig. Immer noch fast 5.000 Euro weniger als der Automatik-Diesel kostet, und die Ausstattung ist üppig. Aber ist das noch günstig? Werfen wir einen Seitenblick in die Preisliste des Golf Variant: Den 1.4 TSI mit 140 PS gibt es ab der mittleren Ausstattung Comfortline für 24.825 Euro. Würde ich meinen Peugeot mit dem 450 Euro teuren Sportpaket bestellen, müsste ich 25.050 Euro zahlen, also etwas mehr als bei VW. Wenn man einem Deutschen sagt, er soll für einen Peugeot mehr zahlen als für einen VW, dann erntet man oft Kopfschütteln, aber in diesem Fall würde ich zumindest zu vergleichenden Testfahrten raten. Wer sich dazu entschließt, muss noch bis zum 24. Mai 2014 warten – dann kommt der neue 308 SW zum Händler.
(sl)

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