Porsche Cayman GTS im Test: Krönung mit 340 PS

May 13, 2014

Voll in seinem Element: Der Porsche Cayman GTS auf der Rennstrecke "Circuito Mallorca"

Hier beweist sich die große Sportlichkeit des neuesten, 340 PS starken GTS-Modells von Porsche

GTS steht für Gran Turismo Sport

Palma de Mallorca, 12. Mai 2014
Ein Kürzel mit Tradition: Im Jahr 1963 brachte Porsche erstmals ein Modell mit dem Namenszusatz “GTS” heraus. Das war der Rennwagen 904 Carrera GTS, der auch mit einer Straßenzulassung erhältlich war. Erst in den 1980er- und 1990er-Jahren gab es mit den Modellen 924 und 928 weitere GTS-Ausführungen. Darauf folgte erneut eine längere Pause, es dauerte bis 2007, dass sich Porsche wieder der GTS-Tradition besann und den Cayenne GTS herausbrachte. Einige Jahre später gab es auch vom 911 und vom Panamera GTS-Varianten.

GTS steht für Gran Turismo Sport
Aktuell sind es die Viertürer Panamera und Cayenne, die als GTS-Versionen angeboten werden und die jeweils die stärksten Saugmotoren ihrer Baureihen unter der Haube haben. So bringt es der Cayenne GTS mit 420 PS Leistung auf 20 Mehr-PS gegenüber dem Cayenne S. Auch der Panamera GTS hat mit 440 PS 20 PS mehr als der Panamera S. Und noch etwas zeichnet die GTS-Modelle aus: Sie sind allesamt reichhaltig ausgestattet.

Früher hieß GTS einfach nur hart
Den Cayenne GTS von 2007 haben wir noch lebhaft in Erinnerung, denn mit ihm sind wir von München zum Genfer Autosalon gefahren und zurück – 1.200 Kilometer in einem brettharten Geländewagen mit manueller Schaltung. Wir waren froh, als wir danach wieder in eine bequeme Automatik-Limousine wechseln konnten. Mittlerweile hat Porsche die GTS-Modelle allerdings komfortabel gemacht. Entsprechend der Gran-Turismo-Definition im ursprünglichen Sinn erlauben die Fahrzeuge eine angenehme Reise über lange Strecken, das bewies nicht zuletzt eine Fahrt mit dem aktuellen Cayenne GTS vor einem Jahr.

Ganz neu: Cayman GTS
Mit diesen Überlegungen ging es nun zum Test des nagelneuen Cayman GTS (und seines offenen Bruders Boxster GTS) nach Mallorca. Wird sich der Einstiegssportwagen von Porsche als brettharter Sportler erweisen oder als komfortabler Reisegefährte?

Bequemer Sportwagen für die Reise
Das Ergebnis sei vorweg genommen: Von unliebsamer Härte kann bei den jüngsten Porsche-GTS-Sprößlingen nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil: Der Cayman GTS, mit dem wir den Hauptanteil der kurvigen Teststrecke quer durch Mallorca zurückgelegt haben, ist in der Normalstellung seines serienmäßigen adaptiven Dämpfersystems PASM richtig kommod. Das Fahrwerk schluckt viel und die erstklassigen Sitze tun das Ihrige dazu. Der Motor grummelt unauffällig im Hintergrund.

Große Spreizung von zart zu hart
Wenn es allerdings darauf ankommt, kann sich der Cayman enorm wandeln. Per Knopfdruck auf “Sport” oder gar “Sport Plus” versteift sich das Fahrwerk, sogar die variable Getriebeaufhängung wird härter, und der Motor kann auf einmal richtig laut schreien – eine Spreizung, wie man sie wohl sonst nur selten finden dürfte.

15 Extra-PS
Bleiben wir einen Moment beim Motor: Durch eine veränderte Steuerung der Gaswechsel über die variablen Einlassnockenwellen und eine Verstellung des Ventilhubs sowie durch den Einsatz einer neuen Sportabgasanlage mit geringerem Gegendruck werden 15 Zusatz-PS mobilisiert, so dass der Sechszylinder-Boxer-Motor hier 340 PS leistet (im Boxster 330 PS). Das maximale Drehmoment steigt um zehn Newtonmeter und beträgt hier 380 Newtonmeter (im Boxster 370 Newtonmeter).

Ein Zehntel schneller
Ob man die Mehrleistung von 4,5 Prozent spürt? Wahrscheinlich kaum, ein Vergleichsauto in Form eines Cayman S stand nicht zur Verfügung. Die meisten Käufer werden es sich aber gewiss einreden. Ein Blick ins Datenblatt verrät, dass der GTS immerhin eine Zehntelsekunde schneller von null auf 100 km/h beschleunigt, nämlich in 4,6 Sekunden statt in 4,7 Sekunden und auch der Durchzug von 80 auf 120 km/h gelingt einen Hauch schneller – das alles übrigens mit identisch übersetztem Doppelkupplungsgetriebe und bei gedrückter Sport-Plus-Taste.

Leistungsgewicht unter vier Kilo/PS
Noch ein schöner Wert für den Stammtisch: Das Leistungsgewicht des Cayman GTS fällt nun mit 3,95 beim leichteren Handschalter unter die magische Marke von vier Kilogramm pro PS, der etwas schwächere Boxster kommt knapp an diese Marke heran.

Präzise Lenkung
Doch Zahlen sagen nicht alles. Wie das Auto mit dieser Leistung umgeht, darauf kommt es an. Und man kann nur eines sagen: Der Cayman GTS ist perfekt. Auf langen, gut ausgebauten Landstraßen, wo man als Fahrer nicht sonderlich gefordert ist, gleitet man sanft dahin. Auf kurvigen Passstraßen, mit gedrückter Sport-Taste, lenkt das Gefährt mit seiner direkten und präzisen Lenkung zielgenau in die Kurve ein. Wer herzhaft herausbeschleunigt, spürt, wie sich die Hinterräder förmlich in den Asphalt verbeißen, um den Cayman in die nächste Kurve hineinzutreiben, was der Motor mit begeistertem Kreischen untermalt.

Test auf der Rennstrecke
Da auf Mallorca im Mai extrem viele Rennradfahrer unterwegs sind, wollen wir es aber nicht übertreiben, hinter jeder Kurve könnte die zweirädrige Gefahr lauern und wenn dann noch Gegenverkehr kommt, sieht man schnell alt aus. Aber auf Mallorca gibt es ja auch eine kleine Rennstrecke und die hat Porsche dankenswerterweise angemietet. Dort angekommen, macht uns kein Geringerer als Rallye-Ikone Walter Röhrl im vorauseilenden 911 mit der Strecke vertraut: Er fährt zwei Runden vor uns her und gibt per Sprechfunk Tipps zu den optimalen Brems- und Einlenkpunkten.

Super-Sauger
Nach diesen Einführungsrunden lässt uns Porsche alleine auf die Strecke. Jetzt heißt es, die Sport-Plus-Taste drücken und die Sau rauslassen. Das ist nicht nur soundtechnisch gemeint, denn mit offenen Klappen brüllt uns der bis zu 7.800 U/min drehende Sechszylinder-Saugmotor sein Lied vom Gefallen an hohen Drehzahlen nur so zu. Nein, die Tieferlegung um 10 Millimeter gegenüber dem Cayman S, die verhärtete adaptive Dämpfung, das versteifte Getriebelager und überhaupt die Mittelmotor-Anordnung der Maschine vor der Hinterachse machen den Cayman GTS zu einem der besten Sportwagen dieser Welt. Wer braucht da einen Ferrari oder McLaren?

Nicht aus der Ruhe zu bringen
Der Circuito Mallorca in der Nähe von Llucmajor verliert mit diesem Auto schnell seinen Schrecken und so rasant wir auch fahren, es gelingt uns nicht, den GTS aus der Ruhe zu bringen. Sein Grenzbereich liegt extrem spät, wir geben auf den Geraden Vollgas, bremsen so spät wie möglich (wahrscheinlich aber doch viel zu früh), räubern über die rotweißen Randsteine und steigen in der Kurve wieder voll aufs Gas – und sind immer noch weit davon entfernt, an das Limit dieses Wagens zu stoßen.

Perfektes Doppelkupplungsgetriebe
Dabei stellt das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (plus 3.450 Euro) immer den richtigen Gang bereit, gibt an den passenden Stellen Zwischengas und man fragt sich, ob man das mit der serienmäßigen Sechsgang-Handschaltung überhaupt noch besser könnte. Die Antwort heißt übrigens “nein”, da die manuell geschaltete Beschleunigungszeit von null auf 100 km/h 0,3 Sekunden länger dauert.

Viel Ausstattung für wenig Geld
Abgesehen von den hervorragenden Fahrleistungen ist der Cayman GTS auch noch ein echtes Schnäppchen, zumindest für Freunde der Vollausstattung: Denn die würzigen Zutaten, die Porsche ins GTS-Süppchen gibt, kosten normalerweise rund 15.000 Euro. Hier bekommt man sie aber für “nur” 9.600 Euro mehr gegenüber einem vergleichbar ausgestatteten Cayman S.

Eigenständiges Bugteil
Zu der sozusagen serienmäßigen Mehrausstattung des Cayman GTS gehören unter anderem ein eigenständiges Bugteil, ein modifiziertes Heck, geschwärzte Bi-Xenon-Scheinwerfer (inklusive dynamischem Kurvenlicht und geschwindigkeitsabhängiger Fahrlichtsteuerung) sowie äußere Schriftzüge in seidig glänzendem Schwarz. Unter dem Blech finden sich die sportlichen Komponenten PASM samt Sport-Chrono-Paket (hier zusätzlich mit dem dynamischen Getriebelager), was den Charakterwechsel des Cayman GTS von extremer Sportlichkeit zu gefälligem Langstreckenkomfort überhaupt erst möglich macht.

Rollt auf 20-Zöllern
Außerdem sind serienmäßig 20 Zoll große Reifen auf Felgen im Carrera-S-Design aufgezogen und es gibt so genannte Sportsitze Plus, die entgegen ihrem Namen ziemlich bequem sind, dabei sehr guten Halt bieten und deren Mittelbahnen mit schickem Alcantara veredelt sind. Und nicht zu vergessen: Die Mehrleistung samt Sportabgasanlage gibt es obendrein.

Vollständig erst mit Torque Vectoring
Wer es richtig krachen lassen möchte, wählt noch für 1.300 Euro das Porsche Torque Vectoring dazu, mit dem die Antriebsmomente durch gezielte Bremseingriffe an den Hinterrädern verteilt werden und das durch eine mechanische Hinterachs-Quersperre das Handling noch einmal verfeinert.

Der wahre Sportwagen?
Mit den GTS-Modellen hat Porsche den Cayman und den Boxster endgültig zur Reife gebracht. Wurde dessen erste Modellgeneration ab 1996 noch als Möchtegern-911er belächelt und von vielen Porsche-Fahrern nicht ernst genommen, so konnte sich die aktuelle, ab 2012 erhältliche dritte Baureihe als ernstzunehmender kompakter Sportwagen etablieren. In Bezug auf Handlichkeit, Agilität und Kurvenwilligkeit haben Cayman und Boxster mit ihrem Mittelmotorkonzept dem doch trägeren (dafür aber geräumigeren) 911 so einiges voraus. Und so ist für uns der Käufer eines Cayman oder Boxster der wahre Sportwagen-Fahrer.
(ph)

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