Alfa Romeo Giulietta Quadrifoglio Verde im Test: Der Alltags-4C?

June 13, 2014

Leicht überarbeitet schickt Alfa Romeo die Giulietta Quadrifoglio Verde ins Rennen

Formal kann die Giulietta noch immer überzeugen

Eine Besonderheit sind die optisch versteckten hinteren Türgriffe

Balocco (Italien), 12. Juni 2014
Vom Sportwagen träumen, aber etwas Praktisches kaufen: So war es immer schon, so wird es wohl immer bleiben. Auch bei Alfa Romeo ist es nicht anders. Schon in den 1960ern träumten Familienväter vom GT, griffen dann aber zur Giulia. Ein halbes Jahrhundert später lautet die Paarung 4C versus Giulietta, genauer gesagt Giulietta Quadrifoglio Verde, kurz QV.

Ein beinahe alter Bekannter
Ganz neu ist der 4,35 Meter lange Golf-Rivale mit dem namensgebenden Kleeblatt auf den Kotflügeln nicht. Bereits im Frühjahr 2011 lancierte Alfa die erste Giulietta QV. Parallel zu einem minimalen Lifting der Baureihe haben sich die Techniker noch einmal das Innenleben der Topversion vorgeknöpft. Statt der bisherigen 235 gibt es jetzt 240 PS.

Maßvolle Diät
240 PS in einem Alfa? Da war doch was? Richtig: Die stärkste Giulietta teilt sich nun den Antriebsstrang mit dem extremen Mittelmotor-Sportler 4C. Der Benzindirekteinspritzer mit 1.750 Kubikzentimeter Hubraum wird jetzt komplett aus Leichtmetall gefertigt, was 22 Kilogramm an Gewicht sparen soll. Das sind natürlich keine Unmengen, weil der Fünftürer nicht wie der 4C aus Carbon besteht. Hinzu kommt, dass das neue TCT-Doppelkupplungsgetriebe wieder neun Kilo draufschlägt. Macht unter dem Strich 13 Kilo weniger, was den Kohl nun wirklich nicht fett macht.

Stimmige Deko
Immerhin ist der italienische Kohl appetitlich angerichtet. Schon ohne Kleeblatt-Dekoration sticht die Giulietta aus der Menge heraus, im Fall der QV-Variante gibt es dunkle Akzente, 18-Zoll-Alus sowie eine rot lackierte Vierkolben-Bremsanlage mit 320 Millimeter großen Brembo-Scheiben.

Nicht immer hochwertig
Ein Raumwunder ist die Giulietta indes nicht, hinten reicht der Platz für lange Kerls so gerade eben aus. Vorne gibt es Leder-Alcantara-Sportsitze sowie ein griffiges Lederlenkrad mit Kontrastnähten und eine Alu-Pedalerie. So schön sich der Kranz des Volants auch anfasst, verdeckt er doch Teile des Tachos entscheidend. Und wo ich gerade am meckern bin: Der Kunststoff um die Tasten der Fensterheber und den TCT-Wählhebel wirkt einfach nur billig. Da ist noch Luft nach oben, Alfa! Ansonsten ist das Cockpit durchaus appetitlich eingerichtet, wenngleich Dinge wie die Klimaregler und Lenkstockhebel die Fiat-Herkunft gar nicht erst leugnen. Kommt aber in den besten Familien vor, fragen sie mal einen Bentley-Besitzer.

Durchgehend geöffnet
Wie schon bei der bisherigen Giulietta QV setzt Alfa auch künftig auf die gezielte Überschneidung der Ventilöffnungszeiten, “Scavenging” genannt, um ein besseres Ansprechen des Turboladers zu erreichen. Tatsächlich arbeitet das Aggregat unter der Haube sehr elastisch und zieht schon aus niedrigen Drehzahlen mühelos an. Insgesamt 340 Newtonmeter erscheinen zwischen 2.000 und 4.000 Touren, 80 Prozent davon sind die Frühschicht bei 1.800 Umdrehungen. Zum Vergleich: Der VW Golf GTI Performance bietet 230 PS, 350 Newtonmeter bei 1.500 Touren und einen Sprint auf 100 km/h in 6,4 Sekunden. Hier hat der Alfa mit 6,6 Sekunden das Nachsehen, was aber eher ein Stammtisch-Problem sein dürfte.

Sport ohne Mord
Zum ausgewogenen Alfa-Eindruck tragen das gut ansprechende Doppelkupplungsgetriebe bei, ebenso das zwar straffe, aber nicht brutal harte Sportfahrwerk. Dafür gibt es keine Verstellmöglichkeiten, wohl aber für die Motorcharakteristik, die Schaltzeitpunkte, das Ansprechverhalten von ESP und ASR sowie die Lenkung. Möglich macht es das so genannte DNA-System. N steht für “Natural”, in diesem Fall das gemütliche Dahingleiten im Alltag. Hier wirkt die Lenkung zu unpräzise. Eine deutlich bessere Rückmeldung gibt es im Dynamic-Mode (D). Erst hier wird die Giulietta QV zum richtigen Glücks-Klee.

Alles nach vorne
Allzu forsch sollte man Kurven aber dann doch nicht durcheilen, schließlich bleibt der Alfa ein Fronttriebler, der im Extremfall hart untersteuert. Da nützt auch das elektronische Q2-System nicht, welches durch Bremseingriffe ein Sperrdifferential an der Vorderachse simuliert. Apropos Bremsen: Sie gehen ihrer Arbeit vorzüglich nach, etwas störend ist aber die schlechte Dosierbarkeit über das Pedal.

Wo bleibt die Stimmung?
Abgesehen von den systembedingten Nachteilen des Frontantriebs gibt es nur wenig, was man der Alfa Giulietta QV negativ ankreiden kann. Wichtigster Negativpunkt ist der Motorenklang. Er lässt sich am besten mit brummig-kernig umschreiben. Ab etwa 3.500 Umdrehungen wird die Maschine lebendig, es fehlt aber jener anregende Sound, wie ihn etwa früher die Alfa-Boxer hatten.

Preiswerter als der Platzhirsch
Zum Start bietet Alfa Romeo die Giulietta QV in einer so genannten “Launch Edition” an. Sie umfasst 500 Exemplare mit diversen Kohlefaserelementen und speziellem Front- und Heckspoiler. Kostenpunkt: 39.950 Euro. Wem das zu viel des Guten ist, der kann zur Normalausführung greifen. Sie liegt bei 32.500 Euro. Serienmäßig sind neben den erwähnten 18-Zöllern und Sportsitzen auch eine Klimaautomatik sowie ein Infotainmentsystem mit Fünf-Zoll-Touchscreen. Zum Vergleich: Ein VW Golf GTI Performance kostet mit fünf Türen, DSG und ähnlicher Ausstattung ziemlich genau 2.000 Euro mehr.
(rh)

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