Düsseldorf, 22. Juli 2014
Der jüngst vorgestellte, neue Aygo ist flippig wie kaum je ein Toyota, und der geliftete Yaris eifert ihm mit der neuen X-Optik nach. Will Toyota nun also ruckartig sein Image ändern? Von der konservativen Marke für Freunde von praktischen, sparsamen, aber eben auch ein wenig langweiligen Autos hin zu Fahrzeugen für junge, dynamische Leute? Neugierig geworden, wie sich die Marke entwickelt, haben wir den am 30. August 2014 startenden, gelifteten Yaris bereits getestet.
Außen deutlich dynamischer
“In rationaler Hinsicht war der Yaris schon immer eine Bank, aber Packaging, Werterhalt und günstige Betriebskosten sind nicht alles. Mit dem neuen Modell wollen wir deshalb nicht nur den Verstand unserer Kunden erreichen, sondern auch ihr Herz erobern”, sagt der europäische Yaris-Produktmanager Alessandro Massimino. Ist das nun bloßes Marketing-Gewäsch? Nein, das Außendesign des neuen Yaris zeigt die Veränderung. Die neue Optik ist nicht ganz so entschieden wie beim kleinen Bruder Aygo, aber deutlich dynamischer als bisher. Innen gibt es den Yaris nun mit einem knallroten Armaturenbrett – aber der mutige Farbtupfer kommt nicht nach Deutschland. Kundenbefragungen hätten gezeigt, dass sowas bei uns nicht gefragt ist, so Toyota Deutschland. Schade! Aber die bestehende Kundschaft will man nun mal nicht verprellen, denn der Yaris ist mit rund 20.000 Stück jährlich hierzulande das bestverkaufte Modell der Marke.
Außen hui, aber innen …
So präsentiert sich unser Testmodell, ein belgischer Yaris Hybrid, innen eher trist: Schwarz, Grau und Blassblau dominieren, poppige Farben oder Pianolack fehlen. Laut Toyota soll das deutsche Cockpit allerdings einheitlich schwarz sein und dann edler aussehen. Das hinterschäumte Armaturenbrett der mittleren Ausstattungsversion zeugt von Verbesserungswillen bei der Haptik. Aber gerade an den Armauflagen in den Türen, wo man häufiger hinfasst als ans Armaturenbrett, klopfen die Fingernägel auf hartes, billiges Plastik. Auch die Kulisse des Automatikhebels sieht aus wie aus den 80er-Jahren. Eine Komfortblinken-Funktion nach dem Motto “einmal antippen gleich dreimal blinken” fehlt ebenfalls. Kurz und gut: Innen gibt es beim Yaris noch Modernisierungsbedarf.
100 PS Systemleistung
Das Fahrwerk soll verbessert und die Karosserie steifer geworden sein, doch bei Unebenheiten fühlt sich der Yaris immer noch etwas unbeholfen an. Und wenn man bei 70 km/h eine Ausweichbewegung simuliert, wirkt der Wagen schwammig. Beim Antrieb soll die Bremsenergierückgewinnung nun effizienter arbeiten. Das Hybridsystem stammt im Prinzip aus dem Prius, basiert aber auf einem 1,5- statt einem 1,8-Liter-Benziner. Zusammen mit dem 45 kW oder 61 PS starken Elektromotor und der maximal 19,3 kW oder 26 PS abgebenden Nickel-Metallhydrid-Batterie ergibt sich eine Systemleistung von 100 PS, die über ein Planetengetriebe auf die Straße gebracht wird. Damit ist das Auto exakt so stark wie die Version mit 1,33-Liter-Benziner. 100 PS für einen Kleinwagen hören sich nicht schlecht an, doch Temperament haben beide Fahrzeuge kaum. Die gleichen Leistungswerte resultieren in fast identischen Beschleunigungswerten von 11,7 beziehungsweise 11,8 Sekunden. Subjektiv fährt sich der Hybrid eine Idee schwungvoller als der 1,33-Liter-Benziner, aber groß ist der Unterschied nicht.
Elektromodus: Kaum benutzbar
Rein elektrisch kann man den Yaris kaum fahren, auch wenn man die EV-Taste zwischen den Sitzen drückt. Schon bei einer minimalen Bewegung mit dem Gasfuß piepst es, und der Benziner springt an – der EV-Modus ist eher als Segelmodus zu verstehen. Priorität hat bei Toyota halt der Spritverbrauch, so der Hersteller. Das ist vernünftig, doch ob es die Kundschaft freut? Vielleicht möchte der Besitzer auch gerne mal dem Nachbarn vorführen, wie sein neues Auto völlig abgasfrei fährt. Wäre ein benutzbarer Elektromodus in diesem Sinne nicht auch ein Schritt weg von der reinen Rationalität und ein Weg, um das Herz der Kunden zu erobern?
Seltsame Geräusche
Insgesamt ist der Yaris Hybrid eher etwas für Leute, die gerne “smooth” fahren, wie die meisten Japaner. Sie lieben angeblich das sanfte Dahingleiten ohne viel Gasgeben und Bremsen mehr als das dynamische Beschleunigen. Dass Letzteres mit dem Yaris Hybrid so wenig Spaß macht, liegt neben der fehlenden Power auch an der Akustik: Der Wagen stöhnt beim Gasgeben auf und bleibt laut, bis man das gewünschte Tempo erreicht hat – eine Eigenart des Planetengetriebes. Dem ist wohl auch das Geräusch zuzuschreiben, das der Hybrid beim Bremsen macht: Es klingt haargenau so, wie wenn eine Straßenbahn zum Stehen kommt.
In der Stadt sparsamer als außerorts
Auf unserer 45 Minuten langen Stadtrunde brauchten wir laut Bordcomputer 5,2 Liter je 100 Kilometer. Im Datenblatt stehen 3,3 Liter, für die Stadt gibt der Hersteller sogar einen nochmal 0,2 Liter niedrigeren Wert an. Zumindest für Stadtbewohner stellt die Hybridvariante die Version mit den geringsten Spritkosten dar. Die anderen Benzinvarianten – es gibt noch einen 1,0-Liter-Dreizylinder und den erwähnten 1,33-Liter mit 100 PS – liegen bei 4,8 beziehungsweise 6,0 Liter Verbrauch. Die 4,6 Liter, die das Dieselmodell benötigen soll, führen ebenfalls zu höheren Kosten. Anders dürfte es bei Autobahnfahrten aussehen, aber dazu werden Kleinwagen ja eher selten eingesetzt.
Amortisiert sich recht schnell
Den Hybrid gibt es ab 17.300 Euro. Wenn man bedenkt, dass der ähnlich starke Honda Jazz Hybrid erst ab 19.490 Euro heimgefahren werden darf, klingt das interessant. Für den Basispreis erhält man die fünftürige Version – als Dreitürer wird der Hybrid nicht angeboten. Die fehlende Fernbedienung für die Zentralverriegelung sowie ein CD-Radio können im Paket für 450 Euro bestellt werden. Oder man wählt gleich die Version Comfort für 18.400 Euro, die das Multimedia-System Toyota Touch 2 mit Rückfahrkamera mitbringt. Die Hybridversion liegt dann auf dem gleichen Niveau wie der Diesel-Yaris, während man mit dem 1,33-Liter-Benziner runde 1.000 Euro günstiger wegkommt. Damit kommen wir zur Kardinalfrage: Lohnt sich der Hybrid gegenüber dem günstigeren 1,33-Liter-Benziner? Weil 100 Kilometer beim Yaris 1.33 derzeit etwa 7,44 Euro kosten, beim Yaris Hybrid aber nur 5,12 Euro, amortisiert sich der Mehrpreis schon nach rund 43.000 Kilometern. Noch schneller geht es, wenn man hauptsächlich in der Stadt fährt. Doch auch vergleichbare Diesel-Kleinwagen sind sparsam und kosten teils weniger. So gibt es einen Ford Fiesta 1.6 TDCi mit 95 PS und 3,6 Liter Verbrauch schon ab 15.795 Euro.
Gutes Raumangebot
Das Raumangebot im Fond des Yaris ist gut, auch Erwachsenen bleiben noch ein paar Zentimeter Beinfreiheit und sie stoßen mit dem Kopf nicht an die Decke. Zu viert reist es sich deshalb im Yaris gut. Der Kofferraum bietet nach wie vor 286 bis 786 Liter Volumen, wobei sich die größere Zahl nur auf fensterhohe Beladung bezieht – den üblichen Wert für dachhohe Beladung hat Toyota weder beim alten noch beim neuen Modell gemessen. Der Laderaum wird nur mit dem Einladeboden eben. Dieses Extra für 75 Euro sollte man sich daher gönnen.
(sl)
- Zur Bildergalerie (23 Bilder)
- Immer informiert mit AutoNEWS: Mit einem Klick zum Newsletter
Leave a Reply