Jeep Renegade im Test: Fahrbericht, Preise, Ausstattung und technische Daten

September 23, 2014

Ab Oktober 2014 geht der neue Jeep Renegade in den Verkauf. Wir haben eine erste Testfahrt unternommen

Der Renegade entstand aus einer Zusammenarbeit von Chrysler (der Jeep-Mutter) und Fiat

Der Auftrag an die jungen Designer: Baut ein kleines SUV, das ihr selbst gerne haben würdet

Mailand, 22. September 2014
Der Fiat-Chrysler-Konzern gibt Gas. Mit neuen Modellen der Marken Alfa Romeo und Maserati will Firmen-Boss Sergio Marchionne in den nächsten Jahren das Premium-Segment erobern, in dem mehr Geld zu verdienen ist, als mit vielen kleinen tollen Panda-Kisten.

Eine Million Autos von Jeep
In den letzten Quartalen hat der nun italienisch-amerikanische Autokonzern aufgrund der Verkaufserfolge von Chrysler das schwache Geschäft von Fiat mehr als ausgeglichen. Offroad-Spezialist Jeep hat sogar seit einigen Jahren einen Lauf: Das Wachstum von 2009 bis 2013 betrug im EMEA-Wirtschaftsraum (Europa, Naher Osten und Afrika) sagenhafte 220 Prozent. Für 2014 peilt Jeep erstmals an, weltweit die Marke von einer Million verkauften Fahrzeugen zu überspringen. Und bis 2016 sollen es sogar 1,8 Millionen Autos werden. Wie das gehen soll? Nun, einerseits mit neuen Modellen, wie dem hier vorgestellten Renegade, dem noch taufrischen Cherokee oder dem Compass, der Ende 2015 neu aufgelegt wird. Andererseits sind Wachstumsmärkte wie China noch gar nicht so recht beackert und bieten einiges an Potenzial.

Koproduktion von Fiat und Jeep
Der Jeep Renegade soll aber nicht nur Stückzahlen bringen, er steht auch für die neue Zusammenarbeit von Chrysler (der Jeep-Mutter) und Fiat: Auf einer neuen Plattform, die nur im Vorderwagen einige Gemeinsamkeiten mit dem Fiat 500L hat, ansonsten aber neu entwickelt wurde, entstand das erste italienisch-amerikanische Gemeinschaftswerk. Und schon am 2. Oktober 2014 wird Fiat den baugleichen 500X auf dem Pariser Autosalon enthüllen.

Als Italiener geboren
Produziert wird im italienischen Melfi. Die Fabrik, die letzthin hauptsächlich den Fiat Punto hervorbrachte, wurde rundum modernisiert und ist für eine Jahreskapazität von 170.000 Einheiten gut. Somit ist der Renegade der erste Jeep, der außerhalb der USA für alle Weltmärkte von Südafrika über Europa bis zu den USA gebaut wird.

Beliebtes Marktsegment
Mit Renegade und 500X tritt FCA (Fiat Chrysler Automobiles) in dem am schnellsten wachsenden Marktsegment an, dem der kleinen SUVs – der Erfolg von Opel Mokka, Skoda Yeti oder Mini Countryman weist den Weg. Dabei ist der Renegade nach Überzeugung von Jeep der einzige echte Offroader in dieser Meute. Immerhin kann sich die Marke darauf berufen, mit dem Willys MB den ersten Jeep überhaupt gebaut zu haben.

Seit 1941
Gestaltungselemente des robusten Militärfahrzeugs, das im Jahr 1941 den Grundstein für Jeep legte, finden sich im Renegade wieder. So war im Reservekanister, der am Heck des offenen Simpel-Allradlers prangte, zur Stabilisierung ein großes X eingeprägt. Das ist unter anderem in den Renegade-Rückleuchten wiederzuerkennen. Und im Innenraum, über dem zentralen Monitor, ist der Schriftzug “Since 1941″ (seit 1941) eingestanzt – tja, Bescheidenheit war schon immer eine Zier.

Baut ein Auto für euch selbst
Der Auftrag an die Jeep-Designer, von denen aber nur die Jüngeren ausgewählt wurden, lautete schlicht: Baut ein kleines SUV, das ihr selbst gerne haben würdet! Und so steht er nun vor uns der Renegade, ein 4,25 Meter langer kantiger, aggressiv dreinblickender Kerl mit den für Jeep typischen trapezförmigen Radhäusern und runden Scheinwerfern. Wie beim Naturburschen Wrangler trotzt die Windschutzscheibe dem Fahrtwind in aufrechter Stellung. Hoch gebaut, bietet der Renegade ein Platzangebot, das ansonsten nur eine Klasse höher zu finden ist, also im Jeep Compass – oder für die meisten von uns geläufiger – im VW Tiguan.

Topmodell Trailhawk
Wir nehmen das Renegade-Topmodell Trailhawk in Beschlag, das straffe und gut konturierte Ledersitze bietet, die sehr bequem sind und Fahrer sowie Beifahrer einen guten Seitenhalt bieten. Unsere dreistündige Testfahrt meistern sie mit Bravour. Hinten finden zwei Leute gut Platz, zu dritt wird’s aber dann doch eng. Der Kofferraum hat ein Volumen von 351 Liter, klappt man die geteilten Rücklehnen nach vorne, ergibt sich eine sanft ansteigende Ladefläche mit Platz für 1.297 Liter Gepäck. Ein verstellbarer Ladeboden hilft, den Raum gut zu nutzen, zum Verstauen langer Gegenstände kann der Beifahrersitz vorgeklappt werden.

Innen: Jugendlich-rustikal
Einen luftigen Eindruck erzeugt die Gestaltung des Armaturenbretts mit seinen aufgesetzten Luftausströmern. Angedeutete Befestigungsklammern und kräftige Farben wie bei Extremsport-Brillen verströmen einen jugendlich-rustikalen Look. Die verwendeten Materialien inklusive der Soft-Touch-Beschichtungen sind ansprechend gemacht, so dass es sich im Renegade aushalten lässt. Und gut, dass sie auch den riesigen “Ach du Scheiße”-Haltegriff für den Beifahrer in das Armaturenbrett eingebaut haben, da kann er sich bei steilen oder wackeligen Geländepassagen schön festhalten.

Gutes Navigationssystem
Sehr gut gefallen konnte das Navigationssystem. Im Trailhawk hat es einen mit 17,8-Zentimeter supergroßen Farb-Touchscreen und eine ergänzende große Anzeige zwischen den Instrumenten, die Fahrspurempfehlungen und anderes treffsicher darstellt. Das Koppeln eines iPhone-Mobiltelefons, die Nutzung dessen Telefonbuchs samt Freisprechen sowie das Anhören der darauf gespeicherten Musik gelang in weniger als einer Minute. Neuer Rekord!

Drei Benziner und drei Diesel
Für den deutschen Markt stehen drei Benziner und drei Dieselmotoren zur Wahl. Den Einstieg bildet ein 1,6-Liter-110-PS-Benziner, der mit einer manuellen Fünfgang-Schaltung gekoppelt ist. Es folgt ein 1,4 Liter großer 140-PS-Turbo-Otto mit sechs Gängen. Beide werden über die Vorderräder angetrieben. Der hierzulande stärkste Benziner leistet 170 Turbo-PS aus 1,4 Liter Hubraum, treibt alle Viere an und bekommt das neue Neungang-Automatikgetriebe spendiert, das auch im Cherokee steckt Mit 20 verschiedenen Schaltprogrammen hält es für jede Fahrsituation etwas passendes parat.

Erste Neungang-Automatik im Segment
Die Diesel starten mit 1,6 Liter Hubraum bei 120 PS, kombiniert mit sechs handgeschalteten Gängen und Vorderradantrieb. Ein 140 PS starker Zweiliter-Turbodiesel nutzt ebenfalls die manuelle Sechsgang-Schaltung, wird aber mit dem Allradantrieb “Active Drive” kombiniert. Diese Maschine lässt sich auch mit der Neungang-Automatik bestellen. Das Diesel-Highlight ist ein Zweiliter mit 170 PS, Neungang-Automatik und dem Alleskönner-Vierradantrieb “Active Drive Low”.

Topspeed: 196 km/h
Wir haben den starken Zweiliter-Diesel unter der Haube gehabt. Unser Urteil: Gut gemacht. Der Motor zieht mit seinem maximalen Drehmoment von 350 Newtonmeter gleichmäßig durch und bringt die Fuhre in 8,9 Sekunden auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 196 km/h. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings das viele und relativ frühe Schalten, bis alle neun Gänge durch sind. Ungewöhnlich, aber schön: Alles läuft superleise ab, was an sehr aufwendiger Geräuschdämmung liegt, so Jeep.

Zwei verschiedene Allradantriebe
Mit dem “Active Drive” und dem “Active Drive Low” werden zwei vollautomatisch agierende Allradantriebe angeboten. Deren Besonderheit: Kardanwelle und Hinterachsantrieb sind voneinander entkoppelt, der 4×4-Antrieb wird nur dann stufenlos aktiviert, wenn er gebraucht wird – das spart Sprit.

Vollvariable Nasskupplung
Im Extremfall gehen bis zu 100 Prozent der Kraft an ein einzelnes Rad. Eine vollvariable Nasskupplung im Hinterachs-Differenzial dosiert das Drehmoment an der Hinterachse. So beherrscht der Renegade das volle Programm vom flotten Ampelstart über rasantes Kurvenräubern bis hin zum Vorankommen auf Terrain, wo andere Autos kampflos aufgeben müssen.

Traktionskontrolle mit vier oder fünf Modi
Beide Allradsysteme sind mit einer Traktionskontrolle kombiniert. Diese bietet vier Modi (Auto, Schnee, Sport und Sand/Matsch) für Grip auf jedem Untergrund. Beim Spitzenmodell Renegade Trailhawk, und nur da, gibt es zusätzlich noch den Modus “Rock” (Gestein). Mit dem Antrieb “Active Drive Low” wird mittels einer Kombination aus kurzer erster Gangstufe, entsprechender Übersetzung der Antriebsachse und dem Bergabfahr-Assistenten ein Kriechgang-Untersetzungsverhältnis von 20 zu 1 erzeugt. Dieses System wird allerdings nur bei den Modellen Limited und Trailhawk mit dem Zweiliter-Diesel und der Neungang-Automatik angeboten.

Federweg: Bis zu 205 Millimeter
Mit Einzelradaufhängung rundum, einer Bodenfreiheit von 210 Millimeter (zumindest beim Trailhawk) und einem imposanten Federweg von bis zu 205 Millimeter setzt Jeep ohnehin den Maßstab in diesem Segment. Bei unserer Testfahrt, die zwei Offroad-Passagen enthielt (eine davon so anspruchsvoll, dass wir aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen sind), überzeugten die 4×4-Technik und die Trailhawk-Besonderheiten (Unterfahrschutz, Front- und Heckschürzen für größere Böschungswinkel von 29 Grad vorn und 32,5 Grad hinten sowie ein Rampenwinkel von 25,7 Grad) auf der ganzen Linie.

Langsam bergab macht er alleine
Wir kämpften uns eine ziemlich matschige Geröllpassage hinauf und fuhren sie dann wieder herunter, ohne das Bremspedal auch nur einmal zu berühren, das ABS erledigte das mehr als zuverlässig – zu Fuß hätten wir den Hang jedenfalls nicht bezwungen, allenfalls auf allen Vieren wie der Jeep.

Auf der Straße: Komfortabel
Dazu gibt es dann noch ein komfortables Fahrverhalten auf normalen Straßen – fast unglaublich, wie die Jeep-Ingenieure diesen Spagat hinbekommen haben. Unter anderem sind adaptive Stoßdämpfer von Koni hierfür verantwortlich, sagten sie uns. Auch erfreulich: Die elektrische Servolenkung sorgt mit ihren starken Rückstellkräften für stoischen Geradeauslauf und arbeitet ziemlich direkt. Selbst sportliches Kurvenfahren ist drin, der Aufbau wankt wenig. Obwohl die Testfahrt in Italien stattfand, haben wir einmal auf 170 km/h beschleunigt (nicht weitersagen!) und dachten uns: Jetzt mal eben von München nach Hamburg wäre eigentlich kein Problem.

Modernste Assistenzsysteme
Lange Autobahnstrecken wären auch deshalb kein Problem, weil Jeep für den Renegade alle modernen Assistenzsysteme im Angebot hat, die man sich nur denken kann: Von der Aufprallvermeidung “Forward Collision Warning Plus” (nutzt Radar- und Videosensoren), über einen Spurhalte-Assistenten bis zum Totwinkelwarner ist alles zu haben. Ein hinterer Querbewegungs-Erkenner (Rear Cross Path Detection) – mit Radarsensoren und Rückfahrkamera – lässt uns bei schlechter Sicht gelassen rückwärts ausparken. Die automatische Abstandsregelung “Adaptive Cruise Control” hält das Tempo konstant, oder auch den Abstand zum Vordermann

Vier Ausstattungsvarianten
In Deutschland gibt es den Renegade in vier Ausstattungsvarianten: Sport, Longitude, Limited und Trailhawk. Der Trailhawk signalisiert mit dem Siegel “Trail Rated”, dass er den berüchtigten Rubicon Trail in Kalifornien bezwingt. Zur Markteinführung wird außerdem eine limitierte “Opening Edition” mit besonderen Designelementen angeboten.

Zwei Schiebedachsysteme im Angebot
Als interessante Extras gibt es für den Renegade zwei Dachsysteme: Zum einen ein zweiteiliges, elektrisch betriebenes Glas-Schiebe-Hubdach, zum anderen das System “My Sky”, das aus zwei leichten Glasfaser-Dachpaneelen besteht, die man herausnehmen und im Kofferraum verstauen kann. Dabei lässt sich der vordere Teil auch wieder wie ein elektrisches Schiebe-Hubdach benutzen. Wow, was für große Öffnungen!

Individuell mit Mopar
Zusätzlich kann man seinen Renegade mit mehr als 100 Zubehörartikeln der Marke Mopar individuell ausgestalten. Das Angebot reicht von Military-Aufklebern über diverse Frontgrills bis zu Transportboxen oder sogar Zeltgaragen. Auch spezielle Serviceleistungen und Onlinedienste bietet Mopar an.

Ab 19.900 Euro
Die Preise für den Jeep Renegade starten bei 19.900 Euro für den 110-PS-Benziner mit Fünfgang-Schaltung und Vorderradantrieb. Das von uns gefahrene Topmodell Trailhawk mit dem 170-PS-Diesel, Neungang-Automatik und dem Allradantrieb “Active Drive Low” steht für 31.900 Euro in der Preisliste.
(ph)

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