Innsbruck (Österreich), 25. September 2013
Mit röhrendem Fünfzylinder-Sound jagt unser Audi Sport quattro die Alpenpässe hinauf. Zwischendurch stöhnt das Ablassventil des Turbomotors. Mit dem ab 1984 in nur 220 Exemplaren gebauten Wagen manifestierte Audi seine sportlichen Ambitionen. Und fast 30 Jahre später? Inzwischen markieren die RS-Modelle den PS-Gipfel im Programm. Das neueste Produkt der schnellen Firmensparte ist der RS Q3. Ein Kompakt-SUV. Und überhaupt das erste SUV, welches das magische Kürzel RS am Heck trägt.
Was ihr wollt
Wie sich doch die Zeiten ändern: Einst baute Audi die Kleinauflage des Sport quattro, weil sie für den Renneinsatz gebraucht wurde. Heute entscheiden die Kunden, was vom Band rollt und das sind offenbar mehrheitlich SUVs. Und wenn die Markenpuristen betroffen aufschreien, liegt des Pudels Kern beim RS Q3 in einer ganz anderen Tatsache begründet: Er ist schlicht der erste Kompakt-SUV in Deutschland mit derart viel Saft unter der Haube. Erst im kommenden Jahr wird Mercedes mit einem GLA 45 AMG nachziehen. In den USA wiederum gibt es schon einen BMW X1 xDrive35i mit 304 PS. Sie finden, diese PS-Prahlerei klingt nach Kindergarten? Gut möglich, aber bitte mit Autoquartett.
Mehr Pomp
Optisch macht der 4,41 Meter lange Audi ordentlich was her, ohne radikal krawallig aufzutreten. Typische RS-Merkmale sind die großen Luftöffnungen an der Front und diverse Alu-Applikationen an der Karosserie. Zudem wurde die Karosserie um 25 Millimeter tiefergelegt. Innen geht es weiter mit Leder-Alcantara-Sportsitzen, einem griffigen, unten abgeflachten Lenkrad und den obligatorischen Carbon-Einlagen im Cockpit. Auffallend ist aber auch, dass die verwendeten Kunststoffe, etwa in der Mittelkonsole, sich teilweise arg schlicht anfühlen.
Bewährter Fünfender
Nicht schlicht, sondern bekannt ist die Technik des RS Q3: Der mehrfach ausgezeichnete 2,5-Liter-Turbofünfzylinder ist vom alten RS 3 Sportback und dem TT RS bekannt. Im neuen RS Q3 wird er etwas gedrosselt und darf mit 310 PS auf die Jagd gehen. Obligatorisch sind ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen und natürlich der Allradantrieb. Eine hydraulische Lamellenkupplung an der Hinterachse verteilt die Antriebskräfte zwischen den beiden Achsen.
Unten ohne
Wie schlägt sich der kräftige Kompakte in der Praxis? Hinsichtlich des Platzangebots gibt es nicht viel Neues zu berichten, sowohl im Fond als auch Gepäckraum dürfte es gerne etwas luftiger zugehen. Hin- und hergerissen sind wir vom Motor: Ab etwa 3.000 Umdrehungen klingt er tatsächlich fast so böse wie der alte Fünfzylinder des Sport quattro. Und obwohl schon bei 1.500 Touren das maximale Drehmoment von 420 Newtonmeter anliegen soll, wird er erst obenherum so richtig giftig und zupackend. Hohe Drehzahlen lautet also die Devise für den ultimativen Fahrspaß. Das gelingt am besten im S-Modus des Getriebes, bei dem die Gänge länger ausgedreht werden. Das automatische Herunterschalten geschieht hier jedoch recht ruppig mit deutlichen Rucken. Immerhin: Eine Zwischengas-Funktion erfreut das Ohr. Vielleicht will Audi ja so eine Parallele zum Sport quattro ziehen: Auch er kommt erst über 3.000 Umdrehungen aus den Puschen.
Gekonnt oder gewollt?
Natürlich ist der RS Q3 nicht primär dafür gebaut, permanent die Sau rauszulassen. Gelassene Bummelei ist kein Problem, wobei das optional mit 19-Zöllern versehene Fahrwerk häufig ruppig über Unebenheiten rollt. Tadellos benimmt sich die elektromechanische Lenkung. Mit ihr lässt sich der Wagen präzise über Gebirgspässe zirkeln. Dort spürt der Fahrer aber, dass der RS Q3 kein Leichtgewicht ist. 1.730 Kilogramm wollen mit Nachdruck auf den Berg bewegt werden. Zum Mitschreiben: Einskommasieben Tonnen. Kaum spürbar sind übrigens die Unterschiede zwischen den drei Modi des serienmäßigen Fahrdynamiksystems, bei denen Gaspedal, Lenkung und Sound angepasst werden. Aber um es an dieser Stelle einmal deutlich zu sagen: Ein Auto braucht kein Programm für die Fahrdynamik. Entweder es hat sie oder nicht.
Eine Menge Holz
Wer diesen Punkt ab November 2013 selbst überprüfen will, muss mindestens 54.600 Euro mitbringen. Eine schöne Stange Geld, trotz serienmäßigem Soundsystem und Xenon-Licht. Der rationale Autokäufer würde zu Recht anmerken, dass es dafür auch schon ein schönes SUV der Kategorie Audi Q5 oder BMW X3 gibt. Doch deutsche Kunden sind da nicht so sehr der Maßstab. In Russland oder China regiert oft nicht der Kopf, sondern der Bauch.
(rh)
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