30 Jahre Mercedes W 124: Der Bestseller wird zum Oldtimer

October 6, 2014

Erfolgs-Modell: Der Mercedes W 124 wird 30 Jahre alt

Die schrägen Heckleuchten gefielen nicht jedem, viele besorgten sich eine Reflektorenblende aus dem Zubehörhandel

Starker Andrang: Der W 124 auf der Frankfurter IAA des Jahres 1985

Stuttgart, 6. Oktober 2014
Was, der kriegt schon ein H-Kennzeichen? So dürften nicht wenige Auto-Fans reagieren, wenn sie hören, dass frühe Exemplare des Mercedes W 124 inzwischen zum Oldtimer geadelt werden. Kein Wunder, ist doch die einstige obere Mittelklasse mit Stern im Straßenbild durchaus noch präsent.

Freund des Windes
Vorgestellt wird die neue Limousine im November 1984. Im Lastenheft der Entwickler stand vor allem die Verbrauchssenkung weit oben, schließlich hatte die Spritpreise seit 1979 nochmals deutlich angezogen. Das Design des W 124 orientiert sich am kleinen Bruder, dem 190. Eines der 124er-Merkmale ist das an den seitlichen Oberkanten stark abgerundete Heck, durch das die Limousine einen cW-Wert von bis zu 0,29 erreicht. Nicht unumstritten sind die schrägen Innenkanten der Rückleuchten. So kann zwar der Kofferraumdeckel weit heruntergezogen werden. Trotzdem werden die im Zubehör erhältlichen Blenden für den Platz zwischen den Hecklampen zum Verkaufsschlager. Überhaupt wirkt der schmucklose W 124 im Vergleich zu seinem chrombeladenen Vorgänger auf viele traditionsbewusste Kunden befremdlich. Doch der Verzicht auf Holz innen und Chrom aussen war von Designchef Bruno Sacco bewusst gewählt. Umso stärker stört er sich an dem Facelift des Jahres 1989, als der 124er dann doch viel Holz ins Cockpit bekommt und chromumrahmte Seitenleisten das äußere Erscheinungsbild verändern. Pikant: Gerade diese von Sacco gar nicht so sehr geschätzten Leisten bekommen den Namen “Sacco-Bretter”.

Holpriger Start
Doch zurück ins Jahr 1984: Zu den Neuerungen des Mercedes W 124 gehören die so genannte Raumlenker-Hinterachse und der hubgesteuerte Panorama-Scheibenwischer. Er soll 86 Prozent der Fläche säubern, neigt aber anfangs zum Schmieren. Und auch die Verarbeitungsqualität sorgt zu Beginn der Karriere des W 124 für Probleme: Taxifahrer demonstrieren in Untertürkheim. Ein Problem der handgeschalteten Diesel ist der “Bonanza-Effekt”, ein Aufschaukeln des Motorblocks beim Gasgeben. Apropos Diesel: Die Motorenpalette reicht vom 200 D mit milden 72 PS bis zum neu konstruierten Reihen-Sechszylinder im 260 E (160 PS) und 300 E (180 PS).

Langer Lulatsch
Sukzessive wird die damals mittlere Mercedes-Baureihe (nach heutiger Zählung gab es bei den Pkw nur C, E, S, S Coupé und G!) erweitert. Das T-Modell wird im September 1985 vorgestellt, der Kombi kommt mit serienmäßiger Niveauregulierung an der Hinterachse per Hydropneumatik. Zeitgleich gibt es für die Sechszylinder-Typen die “4matic”, ein hoch komplexer Allradantrieb, der mit rund 12.000 DM Aufpreis sehr teuer ist und so manche Werkstatt überfordert. 1987 folgt das Coupé mit einem zur Limousine um 8,5 Zentimeter kürzerem Radstand und automatischen Gurtbringern. Parallel zur Modellpflege von 1989 bringt Mercedes die Limousine mit verlängertem Radstand heraus. 80 Zentimeter mehr machen den Wagen zum Sechstürer mit drei Sitzreihen. Umgebaut werden die Fahrzeuge bei Binz in Lorch. Dort (und bei anderen Firmen) entstehen auch die markanten W-124-Krankenwagen.

Kraft wagen
Im Oktober 1990 schürt Mercedes schließlich das heißeste Eisen der 124er-Reihe: Der 500 E bekommt einen V8 mit 326 PS unter die Haube, der ihn in 5,9 Sekunden auf Tempo 100 bringt. Knapp 135.000 Mark sind damals zu investieren, im Gegenzug bekommt man ein enorm sorgfältig verarbeitetes Auto, weil der 500 E bei Porsche gebaut wird und die Firma vor der Pleite bewahrt. Nur die dezent verbreiterten Kotflügel und eine Tieferlegung weisen auf den Kraft-Benz hin. Wer es noch unauffälliger mag, wählt ab 1992 den 400 E mit 279 PS. Wie der Rest der Baureihe, zu der seit 1991 auch ein viersitziges Cabriolet gehört, bekommt er ab Juni 1993 das E vor die Zahl gestellt: Die E-Klasse ist geboren. Im August 1995 endet die Produktion der 124er-Limousine, 1996 folgt das T-Modell. Als letzte Variante verabschiedet sich das Cabriolet 1997 in den Ruhestand. Insgesamt werden über 2,7 Millionen Fahrzeuge gebaut, der weitaus größte Anteil davon Limousinen. Nur 34.000 Cabriolets entstehen, noch seltener ist die 2.342-mal gebaute Limousine mit sechs Türen.
(rh)

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