Alfa Romeo 4C im Test: Ab durch die Mitte!

September 27, 2013

Alfa Romeo 4C: Endlich bringt Alfa wieder eine rassige Fahrmaschine

Das 3,99 Meter lange Kraftpaket ist wie ein klassischer Alfa geformt

Unter der Heckscheibe sitzt ein Vierzylinder-Turbomotor

Balocco (Italien), 27. September 2013
So einer hat uns gefehlt: Ein kleiner Mittelmotorsportler, der jede Menge Spaß macht. Quasi wieder mal so ein Auto ist, das die kleinen Jungs von Matchbox wollen und von dem die Größeren auch tagsüber träumen. Der neue Alfa Romeo 4C ist so ein volkstümlicher Bolide und wer die Chance hatte, damit eine Serpentinenstrecke hoch und runter zu heizen, den Motor mit seinem röhrenden Sound im Nacken zu haben und die Kurven so zu nehmen, wie sie kommen, wird nur schweren Herzens wieder aussteigen. Allerdings kann das mit dem Aussteigen kann auch daran liegen, dass nicht nur das Herz schwer ist, sondern das Aussteigen an sich eine Angelegenheit ist, die geübt werden will, ebenso natürlich wie das Einsteigen. Breite Schweller und eine Höhe von nur 1,18 Meter erfordern von einem etwas kräftigeren Mitteleuropäer einige Verrenkungen, bis er sich in den Sportsitz gefädelt hat.

Bassig-brüllender Sound
Bei unserer ersten Begegnung konnten wir den Alfa 4C nicht nur auf der konzerneigenen Teststrecke in Balocco, sondern auch auf Strecken durchs oberitalienische Land testen. Und schon dabei keimte der leise Verdacht, dass der kompakte Bolide alles andere als ein Brot-und-Butter-Auto ist. Sondern einer, der das Zeug zum begehrten Klassiker hat. So einer wie der Rundheck-Spider, der mit Dustin Hoffmann im Film “Reifeprüfung” zur Berühmtheit gelangt ist.

Bassiger Sound
Alfa-Fans werden liebevoll “Alfisti” genannt – es dürfte nur wenige Marken geben, deren Freunde solche klangreichen Bezeichnungen haben. In Oberitalien gibt es jedenfalls viele Alfisti, denn die Blicke, die unserem in klassischem Rosso lackierten 4C folgen, waren durch die Bank freundlich. Und das, obwohl der optionale Sportauspuff unseres Testwagen beim Kickdown einen anschwellenden bassig-brüllenden Sound produziert, der hierzulande böses Schimpfen auslösen könnte.

Neuer “Race”-Modus des DNA-Systems
Am Steuer wird man richtig heiß drauf, dem kleinen Alfa immer wieder aufs Neue die Sporen zu geben und den gierigen Sog zu spüren, der den Italiener immer wieder nach vorn reißt. Die rein mechanische Lenkung ist sehr direkt ausgelegt und verzichtet aus Gewichtsgründen gänzlich auf eine Servounterstützung. Der Alfa vermittelt auch in schnell gewedelten Wegbiegungen ein Gefühl wie beim Go-Kart-Fahren. Man muss am Lenkrad auch in spitzen Kehren nur selten umgreifen, da der Lenkwinkel gering ist. Kurvenstrecken bewältigt der Kompaktsportler auch deshalb leichtfüßig, weil der Motor wunderbar satt am Gas hängt und jede kleine Pedalbewegung in Vortrieb umsetzt. Im Grenzbereich neigt das Heck zum Übersteuern, wird aber sehr schnell vom ESP wieder eingefangen. Es sei denn, man wählt den neuen “Race”-Modus des Alfa-Setup-Systems namens DNA, dann sind auch Drifts möglich. In diesem Rennmodus wird das elektronische Antischleuderprogramm abgeschaltet, der Motor nimmt schneller Gas an und das Doppelkupplungsgetriebe TCT wird schärfer eingestellt. Die Gänge werden dann regelrecht reingeknallt, egal, ob man an den Lenkrad-Paddles zieht, oder die Gangwechsel der Elektronik überlässt. Die anderen DNA-Modi regulieren Schaltzeitpunkte und Gasannahme je nach Bedarf für eine dynamische Fahrweise, normales Vorankommen oder rutschige Oberflächen.

Kernige Motormusik auch innen
Der Alfa hat ein Trockengewicht von 895 Kilogramm, mit Flüssigkeiten und Fahrer wiegt er nur 995 Kilo. Seine Kraft von 240 PS holt sich der nur 3,99 Meter lange Sportler aus einem 1.750-Kubikzentimeter-Turbobenziner, der quer in Mittelmotorbauweise vor der Hinterachse sitzt. Also quasi direkt hinter den Insassen und so spielt die Motormusik innen genauso kernig, rasselnd und fauchend wie außen, wenn auch nicht ganz so laut. Wobei hier die Betonung auf “nicht ganz so” liegt, denn auf einer längeren Strecke kann einem die dauerhafte akustische Präsenz der Maschine schon auf den Wecker gehen.

Puristischer Innenraum
Aber dieser Alfa ist eh kein Auto für Weichspüler-Benutzer, Sofakissen-Möger und Sitzheizung-Fans. Das bekommt in erster Linie der Beifahrer zu spüren, der sich wenigstens über eine Sitz-Längsverstellung freuen würde. Das Gestühl ist insgesamt recht sparsam gepolstert und in Verbindung mit dem auffallend straff abgestimmten Sportfahrwerk muss man den reduzierten Sitzkomfort wie ein Mann ertragen. Um Gewicht zu sparen, dienen Lederschlaufen als Zuziehgriffe, die Instrumente auf ein prall mit Informationen gefülltes Zentraldisplay hinter dem kleinen Lenkrad beschränkt und ein schmales DIN-Radio mit Navi eingebaut. Das Interieur ist puristisch eingerichtet, den weitestgehenden Verzicht auf Ablagen kann man ebenfalls mit Diätmaßnahmen begründen: Wer keine Ablage hat, kann auch nichts hineinlegen – das spart gleich doppelt Gewicht. Überhaupt sollte man sich überlegen, wohin man mit dem 4C fahren möchte und welches Gepäck man dafür braucht: Das Kofferräumchen im Heck schluckt maximal 110 Liter. Vorn gibt es keinen Stauraum, die Haube dort kann ohnehin nur vom Händler für Wartungsarbeiten an den dort platzierten Kühlern geöffnet werden.

Rückwärtsfahren macht keine Freude
Doch wer eine pure Fahrmaschine sucht, wird den 4C lieben. Und kann sich an kleinen Details begeistern, die ein perfektioniertes Auto von der Stange – zugegeben auch bauartbedingt – nicht zu bieten hat: Im Innenspiegel lässt sich prima beobachten, wie das Aggregat bei Gasstößen zuckt, in den Außenspiegeln kann man die fetten Lufteinlässe in den Flanken bewundern. Das sind die Dinge, die beim Blick nach hinten zum Sehenswerten gehören. Rückwärtsfahrten sollte man mit dem 4C auf ein Minimum reduzieren, denn beim Schulterblick sieht man quasi nichts. Parkpiepser helfen zumindest dabei, fest stehende Hindernisse zu erkennen. Eine Rückfahrkamera hat Alfa nicht im Angebot. Beim Rangieren fällt dann auch die fehlende Lenkkraftunterstützung wieder auf.

Ab Ende Oktober 2013 bestellbar
Der Alfa kostet 50.500 Euro, für 4.000 Euro mehr gibt’s ein Sportpaket mit Sportauspuff, Sportfahrwerk unten abgeflachtem Sportlenkrad und Sportreifen, die vorn auf 18-Zöller und hinten auf 19-Zöller gezogen werden. Ab Werk kommt der 4C auf 17- bzw. 18-Zoll-Felgen. Die Liste mit den Optionen ist nicht besonders lang, bietet aber unter anderem vier Lackfarben für die Bremssättel, eine nicht unbedingt schöne Carboneinfassung für die Scheinwerfer und Bi-LED-Scheinwerfer. Ab Ende Oktober 2013 ist der 4C bestellbar. Wer einen will, muss schnell sein: Da das Auto mit viel Handarbeit bei Maserati in Modena gefertigt wird, können pro Jahr nur 3.500 Stück produziert werden. Und von denen sollen nur etwa 300 nach Deutschland kommen. Die Konkurrenz in diesem Segment ist nicht besonders groß, ein vergleichbarer Kandidat ist der Porsche Cayman mit 275 PS aus einem Sechszylinder-Boxer. Er kostet 51.385 Euro.
(hd)

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