Smart Fortwo und Forfour im Test: Verbrauch, Fahrverhalten, technische Daten und Preise

November 6, 2014

Ab November 2014 steht die neue Smart-Modellgeneration bei den Händlern

Wir haben erste Testfahrten im zweisitzigen Fortwo und im viersitzigen Forfour unternommen

Fotogen sind die neuen Smarts nicht unbedingt. In natura sehen beide aber erstaunlich gut aus

Barcelona, 5. November 2014
Seit 1997 haben die automobilen Produkte von Smart eine Art Sonderstellung auf dem Fahrzeugmarkt. Die Kleinstfahrzeuge waren – gerade in ihren äußeren Abmessungen – lange Zeit völlig konkurrenzlos. Aber die Segment-Gegner schlafen nicht, verbessern sich stetig und nähern sich den Größenverhältnissen und dem smarten Trendbewusstsein der kleinen Sonderlinge immer weiter an. Getreu dem Motto: “Alles bleibt anders.” gehen die Smart-Modelle jetzt in die nächste Generation. Was das zu bedeuten hat? Die ersten Testfahrten mit dem Fortwo und dem Forfour sollen Klarheit bringen.

Eine Frage der Beurteilung
Man muss sie gesehen haben: Diesen Satz hatte ich beide Testtage lang ständig im Kopf, denn sind wir doch mal ehrlich, schön sehen weder der zweisitzige Fortwo noch der viersitzige Forfour aus. Dies war zumindest meine subjektive Wahrnehmung, nachdem die ersten Bilder in der Redaktion landeten. Aber wie bei so vielem (und da machen die Smarts anscheinend keine Ausnahme), ist alles eine Frage der Gewöhnung. Fotogen sind sie anscheinend nicht, denn umso länger ich mir diesen immer noch 2,69 Meter langen Fortwo-Zwerg anschaue, umso mehr kann ich mich mit ihm anfreunden.

Sattere und bulligere Optik
Ob es an den großen rautenförmigen Scheinwerfern mit serienmäßigem LED-Tagfahrlicht, an dem senkrechten und großen Kühlergrill oder dem Breitenzuwachs von stolzen zehn Zentimetern liegt? Jedenfalls fängt er an, mir zu gefallen, der kleinere Zweisitzer mit seiner satten und bulligen Optik. Da den Forfour die gleichen Designelemente zieren und lediglich die Längenabmessung abweicht, hat auch der Viersitzer schnell an optischen Sympathiepunkten gewonnen. Der Buchumschlag wird ansprechender, aber wie werden die Kapitel Komfort, Funktionalität, Sicherheit, Effizienz und Fahrspaß fortgeführt?

Abfahrt im Smart Fortwo
Ich sitze in einem Smart Fortwo mit drei Pedalen im Fußraum: Er kommt erstmals mit einer manuellen Fünfgang-Schaltung. Aber egal, ob mit dem Einliter-Saugbenziner, der 71 PS entwickelt, oder mit dem 90 PS starken 0,9-Liter-Turbomotor gekoppelt, die Setups fordern stets niedrige Gänge. Unter 2.000 Umdrehungen pro Minute fühlen sich weder die Dreizylinder-Aggregate im Heck noch der Fahrer wohl. Es ruckelt, es hoppelt und ein spontaner Leistungsabruf gestaltet sich schwierig. Das wirkt sich negativ auf den Verbrauch aus: Weniger als 7,5 Liter auf 100 Kilometer sind nicht auf dem Bordcomputer abzulesen. Ab Anfang 2015 soll noch ein 60-PS-Sauger folgen. Ein Dieselmotor ist künftig nicht mehr im Programm.

Doppelkupplungsgetriebe ab Anfang 2015
Da Selbstschalten gerade im Stadtverkehr ein lästiges Übel ist, kommt der Wendekreis-König (6,95 Meter im Fortwo) ab Anfang 2015 mit einem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, welches das alte automatisierte Schaltgetriebe ersetzt. Ich konnte es bereits testen: Das typische Smartfahrer-Nicken beim Gangwechsel ist vorbei. Das Getriebe könnte sogar mehr, den Motoren hapert es aber an der dazu passenden Leistung. So wird es beim Kickdown laut im Innenraum und nach dem Zurückschalten des Getriebes fällt man zudem ins Leistungsloch.

Zwei Kleinstwagen mit Daimler-Genen
Die überarbeiteten De-Dion-Achsen und McPherson-Federbeine machen deutlich, dass die Smarts vom Mercedes-Know-how profitierten. Mit dem Breitenzuwachs von zehn Zentimeter liegen die smarten Stadtmobile stabiler auf der Straße und im Wind. Dazu fahren sie sich bei höheren Geschwindigkeiten komfortabler. Durch den längeren Radstand macht der Forfour eine noch bessere Figur als der Zweisitzer. Die tiefe Sitzposition auf den bequemen und ausreichend Seitenhalt bietenden Sitzen könnte einen glatt vergessen lassen, dass man in einem Kleinstwagen sitzt. Ähnlich verhält es sich mit Assistenz- und Sicherheitssysteme aus höheren Fahrzeugklassen, wie ein Seitenwindassistent, ein Abstands- und Spurtverlassenswarner sowie ein serienmäßiger Rundum-Airbag-Schutz.

Wertig im Ganzen, billig im Detail
Der Innenraum ist schick, trendbewusst und wertig. Schaut man genauer hin, lassen sich aber vereinzelt Mängel in der Verarbeitungsqualität erkennen. Der Teufel steckt eben im Detail und fällt auf, wie das billig anmutende Brillenfach am Fahrerplatz oder das klapprige Handschuhfach. Der Siebenzoll-Touchscreen sieht super aus, ist in seiner Funktionsweise und Zuverlässigkeit aber durchaus gewöhnungsbedürftig. Dennoch ist das Kapitel Funktionalität gerade für den Forfour ein erfolgreiches: Die Türen zum Fond lassen sich mit einem Winkel von bis zu 85 Grad öffnen. Das macht aus den kleinen Einstiegen ausreichend bemessene Tore, die selbst großen Personen einen komfortablen Einstieg ermöglichen. Dennoch: Bei der hinteren Sitzreihe bleibt es eher bei einer Notlösung für die Passagiere.

Welcher für wen?
Laut Smart spielt das Alter bei der Zielgruppe keine Rolle, jung muss man sein, in Kopf und Herz, so Smart-Chefin Annette Winkler. Aber einen definierten Absatzmarkt haben die Smart-Modelle nicht. Die Zielgruppe heißt “Stadt”. Werden die neuen Smarts am Ende also gar nicht an Personen, sondern an Städte verkauft? Der Car-Sharing-Anteil auf Smart-Basis wächst gewaltig in einigen Großstädten, aber nein, die Fahrzeuge haben weiterhin eine Sonderstellung auf dem Automobilmarkt und die Fans des alten werden sich auch den neuen kaufen. Denn das was er soll, kann er gut: Flink und komfortabel durch den Stadtverkehr wieseln sowie auf kleinstem Raum parken. Das spart Zeit und Nerven, aber leider wenig Geld. Der Basis-Zweitürer startet bei 10.895 Euro. Reizt man die Aufpreisliste gänzlich aus, kann man den Kaufpreis fast verdoppeln.

Zu teuer? Dann eben Renault
Legt man keinen Wert auf die Sonderstellung des Smart, dann gibt es zumindest für den viersitzigen Forfour eine Alternative. Der Größere teilt sich die Plattform mit dem neuen Renault Twingo. Der Kleinstfranzose steht bereits ab 9.590 Euro beim Händler. In der Optik unterschiedlich, aber technisch identisch kostet der Basis-Forfour rund 2.000 Euro mehr. Nicht nur eine Geschmacksfrage, sondern tatsächlich auch eine Frage des Preises.
(ml)

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