Alfa Romeo Giulietta Sprint im Test mit technischen Daten und Preis

November 10, 2014

Zum 50. Geburtstag der Giulietta legt Alfa Romeo eine neue Sprint-Variante auf

Äußerlich ist die Giulietta Sprint erst auf den zweiten Blick erkennbar

Zu den besonderen Details zählt ein diffusorartiger Einsatz im hinteren Stoßfänger

Balocco (Italien), 29. Oktober 2014
Wir schreiben das Jahr 1954: Alfa Romeo will sich breiter aufstellen und in die Mittelklasse einsteigen. Um Geld für Entwicklung und Fertigung aufzutreiben, gibt es eine Lotterie unter Kleinaktionären, bei der Berechtigungsscheine für die ersten 1.000 Fahrzeuge verlost werden. Aber die “Giulietta” genannte Limousine wird nicht rechtzeitig fertig. Zur Besänftigung der Gewinner zieht Alfa-Boss Quaroni das Giulietta-Coupé mit dem Namenszusatz “Sprint” vor und lässt 1.000 Fahrzeuge davon extern fertigen. Ein in der Automobilgeschichte seltener Fall, der den Erfolg der “Julia” aber nicht schmälert. Bis 1965 entstehen 178.000 Giulietta in verschiedensten Varianten.

Neuheit mit nostalgischer Note
Tatsächlich ist die Giulietta Limousine damals so etwas wie der 3er-BMW seiner Zeit. Die Sprint-Variante lag sogar auf Augenhöhe mit dem Porsche 356. Heute fast vergessen, aber wahr: 1954 war der stärkste 356er nur fünf PS stärker als die sportliche Giulietta, deren 65 PS dank zweier obenliegender Nockenwellen und Alu-Motorenblock für seinerzeit stattliche 165 km/h Spitze reichen. Sechs Jahrzehnte später ist der sportliche Stallgeruch fast Geschichte, nur der 4C versucht momentan, gegen Porsche und Co. anzustinken. Zudem ist im Stall derzeit nicht viel los, weshalb die aktuelle Giulietta trotz hinterer Türen und anderem Konzept jetzt zum “Sprint” gestriegelt wird. Alles nur Blendwerk oder doch ein feiner Traber?

Schwarz-Malerei
Äußerlich unterscheidet sich die neue Giulietta Sprint durch diverse Details von ihren Schwestern. So gibt es exklusive 17-Zöller, Seitenschweller, eine Heckschürze in Diffusor-Optik und den obligatorischen Sprint-Schriftzug auf den Kotflügeln. Richtig gut stehen dem Wagen die dunkel hinterlegten Scheinwerfer sowie die abgedunkelten Grill-Streben, Türgriffe und Außenspiegelgehäuse. Insgesamt eine stimmige Optik ohne wild zusammengewürfeltes Chichi.

Knappe Angelegenheit
Ähnlich verhält es sich auch im Innenraum. Hier gibt es Sitze mit prima Seitenhalt und einem Stoff-Alcantara-Bezug. Die Oberfläche des Armaturenbretts ist in mattschwarz gehalten, dazu gesellen sich dort großflächige Applikationen in Kohlefaser-Optik, die man in den Türen wiedersieht. Dort befindet sich im Bereich der Fensterheber aber auch wenig ansehnlicher schwarzer Kunststoff. Das geht noch besser, Alfa! Wenig berauschend sind auch die 350 Liter Kofferraumvolumen und das nur bis 1,80 Meter Körpergröße passende Platzangebot im Fond.

Italienische Momente
Andererseits: War das bei der Mailänder Marke jemals anders? In Zeiten von Active Tourer und Co. hat es schließlich auch etwas für sich, wenn nicht jede Marke zwanghaft einen Van auf den Markt wirft. (Anmerkung für Auto-Kenner: Bis 1989 wurde der erste Fiat Ducato sogar als Alfa Romeo AR6 verkauft. In Italien. Mamma mia!) Spätestens beim Blick auf die Anzeigen für “Benzina” und “Olio” stimmt der innere Celentano freudig “Azzurro” an.

Neue Leistungsstufe
Passenderweise ist der Testwagen auch noch blau lackiert und bietet unter der Haube eine Überraschung. In der Giulietta Sprint steht neben einem 150-PS-Diesel auch eine neue Variante des 1,4-Liter-Benziners mit gleicher Leistung bereit. Die Besonderheit ist das so genannte MultiAir-System, bei dem die Einlassventile per Elektrohydraulik gesteuert werden, um die Kollegen auf der Auslassseite kümmert sich eine klassische Nockenwelle. Lange Rede, kurzer Sinn: Sehr homogen und ohne spürbares Loch zieht der Motor auch aus niedrigen Drehzahlen vorwärts. Das daraus resultierende gelassene Fahren ist beinahe bedauerlich, denn der kugelige Schaltknauf des Sechsgang-Getriebes gleitet kurz und knackig durch die Gassen. Die Geräuschkulisse bleibt im Normalmodus dezent.

Bedarfs-Schaltung
Normalmodus? Ja, denn natürlich hat auch die Sprint-Version das so genannte DNA-System mit drei Fahrmodi an Bord. Für den Alltag reicht N, was (warum auch immer) für “Natural” steht. Bereits hier bietet die Lenkung gute Rückmeldung, in Kurven verhärtet sie zusätzlich etwas. Richtig Laune bietet der Dynamic-Modus: Die elektromechanische Servolenkung bekommt dann eine direktere Kennlinie, wodurch sie noch präziser wird, aber für manchen Fahrer schon zu schwergängig sein kann. Hinzu kommt ein schärferes Kennfeld für die Motorsteuerung und eine bessere Gasannahme. Speziell beim Hochdrehen äußert sich das in einer bassigen Klangnote, die aber nicht unangenehm ist. Für besseren Grip in Kurven ist Q2 zuständig, ein elektronisch simuliertes Sperrdifferential, durch das mehr Leistung an das stärker belastete äußere Rad kommt. Eher Geschmackssache ist die stets straffe Auslegung der Federung, die bei schweren Schlaglöchern an ihre Grenzen kommt.

Herz oder Verstand?
Zum Trost reißt die neue Giulietta Sprint keine fiesen Löcher in den Geldbeutel. Alfa Romeo preist sie mit fairen 24.400 Euro ein. Vergleiche mit der Konkurrenz sind aufgrund der sehr speziellen Ausstattung schwierig. Knapp 700 Euro mehr kostet ein fünftüriger VW Golf 1.4 TSI Comfortline mit 150 PS, der aber so aufregend wie eine Schachtel Lego-Steine wirkt. Optisch der Giulietta ähnlich ist überraschenderweise der Mazda 3. Er bietet 165 PS für nur 22.490 Euro. Eine schöne Ersparnis. Aber der Mythos Alfa: Unbezahlbar.
(rh)

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