Neuer Fiat 500X im Test: Fahrbericht, technische Daten, Marktstart und Preis

November 15, 2014

Im Stil des kleinen Cinquecento bringt Fiat nun den 500X an den Start

Der 4,25 Meter lange 500X teilt sich die Technik-Plattform mit dem Jeep Renegade

Auffallend ist die rundlich geformte Heckpartie

Turin, 14. November 2014
Olivier Francois sinniert über das italienische Frühstück der Zukunft nach: “Wir brauchen Autos, die uns Brot und Butter, aber auch etwas Marmelade bringen”, findet der globale Fiat-Markenchef. Die Marmelade, das ist ab Februar 2015 der neue 500X. Er tritt im stetig wachsenden Segment der kompakten SUVs gegen Opel Mokka und Skoda Yeti an. Kann sich das jüngste Mitglied der 500-Familie hier behaupten? Wir haben den 500X bereits testen können.

Nur aufgeblasen?
Mein erster Blick gilt der Optik. Und die ist besser als befürchtet. Zwar zitiert der 500X die “Mama 500″ mehr als deutlich, aber er wirkt in der Realität besser als auf Bildern. Fiat teilt sich mit der US-Tochter Jeep die gemeinsame technische Plattform: Während Jeep beim Renegade das Markendesign verkleinert hat, wurde es beim 500X vergrößert. So wirkt der Wagen wie ein Cinquecento auf Steroiden. Immerhin: Fiat selbst spielt in einem Video selbstironisch mit dem Vorwurf, der Wagen sei ein Viagra-500. Die rundlichen Formen sollen einen bewussten Kontrast zum kantigen Jeep Renegade bilden. Speziell das Hinterteil des X mixt Elemente vom Mercedes GLA, Mini und sogar Porsche Macan. Wie diese ist er kein Raumwunder: 350 bis 1.000 Liter Kofferraumvolumen sind mittelmäßig, gleiches gilt für den Beinraum im Fond. Keine Probleme gibt es über dem Kopf, obwohl der 500X zehn Zentimeter niedriger als der Jeep ist. Der ist gewissermaßen das Männerauto, während der Fiat mehr die Damen anspricht. Ein Nachteil wird das freilich nicht sein.

Vier sind hier
Kommen wir zu den harten Fakten: Mit 4,25 Meter liegt der 500X auf branchenüblichen Niveau und ist exakt so lang wie der Jeep Renegade. Gleich ist auch der Radstand von 2,57 Meter. Wie beim Jeep gibt es auch vom 500X eine Version mit Offroad-Optik: Sie heißt Cross und ist als Fronttriebler mit elektronischem Sperrdifferenzial oder mit Allrad erhältlich. Der Böschungswinkel vorne beträgt 21,3 Grad, hinten sind es 30,1 Grad, der Rampenwinkel wird mit 22,3 Grad angegeben. Klingt gut, aber Fiat lässt den 500X Cross nur auf einen abgespeckten Offroad-Kurs los. Dort merke ich schnell, dass ein Gelände-Ritt nicht über verschlammte Feldwege und mittlere Steigungen hinausgehen sollte. Auf zwanzig Prozent beziffert Fiat Deutschland den voraussichtlichen Allradanteil beim 500X. Diese Kunden müssen dann zwangsweise zur Cross-Version greifen.

Weniger ist mehr
Aber ich bin ehrlich: Diese wilde Plastikbeplankung passt nicht zum 500X, dessen Normalausführung bereits an den Unterkanten mit schwarzem Kunststoff vorfährt. Zumal es beim Fiat kaum anders sein wird als beim Opel Mokka oder Skoda Yeti. Käufer solcher Autos wollen hoch sitzen und gut hinaussehen können. Deren Gelände sind fiese Bordsteinkanten und der Supermarkt-Parkplatz. Dafür reicht der Standard-500X allemal, die Bodenfreiheit beträgt 18 Zentimeter. Überrascht werde ich im Cockpit: Hier hat man sich wirklich Mühe bei der Einrichtung gegeben: Lackierte Oberflächen erinnern an den Cinquecento, genarbte Kunststoffe und wahlweise Leder in den Türen heben die Stimmung. Sehr gelungen sind auch die formschönen Türgriffe. Die Sitze bieten guten Seitenhalt, lassen es aber an Beinauflage vermissen. Ein weiterer Kritikpunkt: Mittig gibt es zwar ein großes TFT-Instrument mit vielen Anzeigemöglichkeiten, aber speziell der links davon postierte Tacho ist zu kleinteilig geraten. Aber allein die Tatsache, dass in einem Fiat solche Petitessen kritikwürdig sind, zeigt, dass die Marke auf einem guten Weg ist.

Teure Neun
Wie im Marmeladen-Regal gibt es auch bei den 500X-Motoren eine reichhaltige Auswahl. Los geht es bei 110 Benziner-PS, die Diesel starten mit 120 PS. Für die erste Runde wähle ich den Selbstzünder mit 140 PS und Neunstufen-Automatik. Eine leckere Kombination: Laufruhig schiebt der Zweiliter an, nach leicht behäbigem Anfahren sortiert die Automatik hurtig die Gänge. Bereits bei Tempo 90 ist Nummer neun drin (ein ungewohnter Anblick im Display) und hält die Drehzahl unter 1.500 Touren. Lediglich beim starken Tritt aufs Gaspedal kommt die Technik nicht ganz hinterher und sortiert die Stufen zu hektisch. Doch die anspruchsvolle Technik hat ihren Preis: In der Topversion Cross Plus mit Allrad liegt der 500X dann bei 31.400 Euro.

Goldene Mitte
Sinnvoller erscheint deshalb die frontgetriebene Normalausführung mit 1,4-Multiair-Benziner (Fiat-Regel: Multi ist immer, Air bedeutet Benziner, Jet Diesel) und 140 PS. Dieser Motor agiert unauffällig und wird nur beim Ausdrehen brummig. Ansonsten ist er von gelassener Natur, was der Null-auf-100-Wert von gut zehn Sekunden untermauert. Sechs handgeschaltete Gänge sind Serie, allerdings könnten die Wege des langen Schaltknüppels etwas kürzer sein. In Sachen Assistenzsysteme lässt sich Fiat nicht lumpen und bietet unter anderem Hilfen zur Spur- und Abstandshaltung sowie gegen den toten Winkel an. Wer total auf Smartphone-Apps im Auto steht, kriegt diese per 6,5-Zoll-Touchscreen geliefert. Ich würde mir stattdessen ausnahmsweise ein adaptives Fahrwerk wünschen, denn besonders die Hinterachse schlägt auf Querfugen ruppig durch. Oder macht Viagra den 500X so hart?

Preislich interessant
Wer trotz alledem bereits völlig heiß auf einen Fiat 500X ist, kann zur “Opening Edition” greifen. Sie ist auf 2.000 Exemplare limitiert. Im Fall des 140-PS-Benziners ist das Auto grau lackiert und steht auf 18-Zöllern, innen gibt es unter anderem eine Klimaautomatik, ein Fahrassistenz-Paket mit Rückfahrkamera plus ein schlüsselloses Öffnungs- und Startsystem. Der Preis mit Frontantrieb: faire 22.040 Euro. Generell startet der 500X ab Februar 2015 bei 16.950 Euro für den 110-PS-Benziner als “Pop”-Ausstattung. Hier fehlen aber essentielle Dinge wie eine Klimaanlage und ein Radio, wodurch dieser Kampfpreis relativiert wird. Zum Vergleich: Der Opel Mokka mit 115 PS beginnt bei 18.990 Euro und hat die Kühlanlage schon drin. Gleiches gilt für den Jeep Renegade, der mit Klima und 110 PS für 19.900 Euro in der Liste steht. Fiat jedenfalls gibt sich selbstbewusst: Man will mit dem 500X an die Spitze des Segments stürmen. Klebrige Marmeladenfinger nimmt man dafür sicher gerne in Kauf.
(rh)

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