Test Lexus RC F mit technischen Daten und Preisen: Besser als der M4?

December 16, 2014

Auf Scheinwerfer-Höhe mit dem BMW M4? Der neue Lexus RC F im ersten Test

Kantig, mutig, anders: Optisch setzt der RC F ein dickes Ausrufezeichen

Auf der Rennstrecke ist der Lexus RC F nicht hundertprozentig glücklich. Er ist schlicht zu schwer

Ronda (Spanien), 15. Dezember 2014
Kann man ein Auto begehren, das zu zwei Dritteln aus Kühlergrill besteht? Ein Auto, das seine Auspuffrohre nicht aufreiht, sondern stapelt? Nun … also … im Falle des neuen Lexus RC F wohl schon. Denn obwohl das ganze Ding irgendwie überzeichnet wirkt, ist es nichtsdestotrotz ein reichlich scharfes Stück Blech. Einige mögen sogar ein Fitzelchen des glorreichen LFA erkennen. Und außerdem kann eine gesunde Portion “Anders” im Reich der übermächtigen teutonischen Muscle Cars um BMW M4, Mercedes C 63 AMG oder Audi RS 5 schon gleich gar nicht schaden. Hier wären wir dann auch direkt beim Hauptproblem des japanischen Power-Coupés. Denn egal wie viel Arbeit man ins Design (offenbar viel) oder die extrem ausgefuchste Technik (noch viel mehr; dazu komme ich gleich) gesteckt hat, am Ende wollen alle nur eins wissen: Ist er schneller als der M oder der AMG?

Unzählige Fahrprogramme
Ob das für Lexus als Ansporn dient oder eher fürchterlich nervt, weiß ich nicht. Was ich aber weiß ist, dass die überehrgeizigen japanischen Ingenieure um Chefentwickler Yukihiko Yaguchi ihr neues Baby durchaus auch auf der Rennstrecke sehen. Ich nehme an, das ist der Grund, warum sie dem RC F gefühlte 57 Fahrmodi implantiert haben. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass ein Auto ohne Fahrmodi heutzutage kaum noch als richtiges Auto durchgeht. Sei es wie es sei, im Normalfall hat man die Auswahl zwischen Normal, Eco, Sport S und Sport S+, was sich auf Gasannahme, Fahrwerk, Elektronikeingriffe und die Grafik der Instrumente auswirkt. Dazu kommen die ESP-Stellungen Normal, Off und Expert, wobei Expert so gut wie alles an Driftwinkeln zulässt, was den Bock nicht um die eigene Achse dreht. Das erscheint ziemlich praktisch. Ersetzt man das serienmäßige Torsen-Sperrdifferenzial an der Hinterachse durch das aufpreispflichtige Torque-Vectoring-Differenzial, kriegt man erstens ein verflucht cleveres Stück Technik mit zwei E-Motoren, die auf der Hinterachse sitzen und das Rad mit mehr Traktion mit mehr Kraft versorgen (keine Bremseingriffe, juhuuu!). Und zweitens darf man sich über weitere drei Modi (Standard, Slalom, Track) freuen. Das verrückteste Huhn unter den Fahrprogrammen dürfte allerdings nicht wie erwartet eine wilde Sport S+-Track-Expert-Kombination, sondern viel mehr der Eco-Modus sein. Hier verfällt der Motor des RC F tatsächlich vom Otto- in den asketischen Atkinson-Zyklus (erhöhter Wirkungsgrad auf Kosten der Leistung), was man sofort an einer völlig kastrierten Gasannahme und Leistungsabgabe merkt.

Moderner Antrieb vom alten Schlag
Das bringt uns endlich zum Antrieb des kantigen Japaners. Und ja meine Damen und Herren, es gibt ihn noch, den großvolumigen V8-Sauger in einem Neuwagen. Auch wenn man dafür ans andere Ende der Welt fahren muss! Im RC F hat das Aggregat fünf Liter Hubraum und stammt im Prinzip aus der IS F-Limousine. “Im Prinzip” bedeutet: Der Block ist der gleiche, so gut wie alles andere ist neu. Das führt zu ziemlich vielversprechenden 477 PS und 530 Newtonmetern Drehmoment, die allerdings erst bei 4.800 Touren anliegen. Die Maximaldrehzahl beträgt 7.300 Touren.

Die Wahrheit liegt auf der Strecke
Alles in allem klingt das also in höchstem Maße wunderbar, aber fühlt es sich denn auch so an? Lexus schickte uns für die Präsentation des RC F auf die traumhaft schöne und relativ anspruchsvolle Strecke nach Ascari (und die nicht minder wunderschönen Straßen drumherum). Der perfekte Ort also, um mit Können zu protzen, aber als gnadenloses Rennstreckentier wird der RC F unter den gegebenen Voraussetzungen eher nicht in die Geschichte eingehen. Er ist mit über 1.800 Kilo Gewicht schlicht zu schwer und das merkt man auch. Traktion und eine gute Balance beim Anbremsen sind zweifelsfrei vorhanden, aber etwas plumpe Richtungswechsel und die Tendenz, recht früh nach außen zu schieben, rufen einem schnell ins Gedächtnis, dass ein BMW M4 halt doch gut 300 Kilo leichter ist. Das Thema Gewicht tangiert über kurz oder lang auch die Brembo-Bremse, die zwar sehr löblich den Anker wirft, aber nach ein paar schnelleren Runden merklich das Schreien anfängt. Außerdem – und jetzt war‘s das dann auch mit der Schelte – fühlt sich der V8 auf dem Track … nun … keinesfalls schwachbrüstig, aber eben auch nicht nach fast 500 PS an. Man muss ihn schon erheblich quälen, um das Beste herauszuholen.

Auf der Landstrasse ganz wunderbar
Das ganze Spielchen ändert sich, sobald man abgesperrtes Gebiet verlässt und ein paar schicke Bergstraßen unter die Michelin Super Sports nimmt. Hier haut der RC F mit einer grandiosen Lenkung und seinem durchaus jecken Naturell so richtig auf den Putz. Die Vorderachse ist sehr mitteilungsfreudig (das ist schön) und hinten ist der Übergang von “seriös” zu “heroisch” so butterweich, dass man den Expert-Modus ruhig auch öfter mal anwerfen darf (das ist noch viel schöner). Dieses Auto passt mit seiner satt-straffen aber nicht überharten Federung einfach viel besser auf eine gute, kurvige Landstraße. Hier wirkt es wesentlich lebendiger und agiler. Mit einer Achtgang-Box, die nicht ganz so scharf schießt, wie die besten Doppelkupplungen, aber an sich eine astreine und superschnelle Performance abliefert. Und mit einem Motor, der sensationell anspricht und noch viel sensationeller klingt. Wobei man auch hier attestieren muss: Unten raus fehlt dem Lexus-Achtzylinder die Klitschko-Faust eines M4 oder die noch viel gemeinere Faust des neuen AMG-4,0-Liter-Biturbo-V8 (ja, wir freuen uns auf den neuen C 63 AMG). Und obenrum explodiert er nicht so, wie man sich das vielleicht gewünscht hätte. So, wie etwa ein Porsche 911 GTS. Das alles mag etwas albern klingen und eigentlich macht das Aggregat auch richtig viel Spaß, aber die neue deutsche Biturbo-Welle hat einiges verändert und irgendwie hätte ich mir einen japanischen Sport-V8 wohl eine Spur wahnsinniger und verspielter vorgestellt.

Ein sehr spezieller Ort
Apropos wahnsinnig und verspielt: Das RC F-Interieur ist anders. Sehr anders. Es ist eckig und kantig und unkonventionell und es ist bis auf die fummelige Touchpad-Bedienung absolut fantastisch. Dazu zählen auch die Sitze, die zwar ein klein wenig zu hoch montiert sind, aber zupacken wie eine Horde wild gewordener Hausfrauen bei einer Chippendale-Show in Bielefeld. Was machen wir jetzt also mit diesem neuen Lexus-Sportwagen, der schwerer ist und langsamer wirkt, als die ach so perfekten deutschen Kraft-Boliden? Vielleicht sollten wir uns einfach daran erfreuen, dass er in 95 Prozent der Fälle (wer fährt den wirklich ständig damit in einem abgesperrten Kreis?) ein herrlich emotional zu bewegender Sportwagen ist, der noch dazu wesentlich spezieller daherkommt, als M4 und Co. Und das gilt allein schon aufgrund der homöopathischen Dosen, in denen er voraussichtlich verkauft wird.

Höherer Grundpreis als der BMW M4
Das ganze passiert übrigens zu Preisen ab 74.900 Euro, womit der RC F genau 2.700 Euro teurer ist, als ein BMW M4. Absolute Vollausstattung mit diversen Assistenzsystemen, LED-Scheinwerfern und belüfteten Ledersitzen gibt es im RC F Advantage für 84.400 Euro und wenn Sie auf Kohlefaser und Fast-and-Furious-Filme stehen, lege ich Ihnen den RC F Carbon (Dach, Motorhaube, Heckspoiler) für 88.150 Euro ans Herz. Sie stehen eher auf Viertürer? Dann warten Sie noch, bevor Sie einen M3 bestellen. Wir wissen aus sicherer Quelle: Den RC F gibt es bald auch mit Anbau.
(sw)

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