Kann vor Kraft kaum noch laufen: BMW M5 "30 Jahre M5" im Test mit technischen Daten und Preisen

January 4, 2015

Stramme Editionsgaudi zum 30. Geburtstag: der BMW M5 "30 Jahre M5" mit 600 PS im Test

40 PS und 20 Newtonmeter mehr leistet das Jubiläumsmodell. Damit fallen nun 600 PS und 700 Newtonmeter über die Hinterachse her

Das Schwierigste am "30 Jahre M5"? Haltung, oder besser, Haftung bewahren

Haar, 2. Januar 2015
Geben Sie es zu, Sie stehen doch auch drauf! Große, seriöse, vernünftig wirkende Limousinen, deren Hinterreifen auf eine kleine Fußbewegung hin chancenlos in Rauch aufgehen. Und das nur, weil ein paar lustige Ingenieure einen viel zu großen Motor dahin gesetzt haben, wo sonst ein 190-PS-Diesel Anzüge und Krawatten kreuz und quer durch Deutschland befördert. Platz und Power, ein Traum mit Raum. Ja, ich weiß, es ist genial. Deswegen würde ich vorschlagen, wir bedanken uns jetzt alle mal ganz artig dafür und zwar bei BMW, denn die haben dieses Prinzip erfunden. Knappe 30 Jahre ist das nun her. Damals reichten ein 286-PS-Motor aus dem wunderbaren M1 und eine Spoiler-artige Gummilippe am Kofferraum – fertig war der erste M5. Heute ist das freilich alles ein wenig komplizierter. Die aktuelle fünfte Generation hat beinahe doppelt so viel Leistung und fürchterlich aufwendige Lösungen, um diese auch halbwegs gesund auf den Teer zu kriegen. Ach ja, und jetzt hat sie auch ein Sondermodell, zum 30sten quasi. Das hat noch viel mehr Leistung. Und ganz viele andere, sehr sehr schöne Dinge.

Viele Geschenke zum 30. Geburtstag
Die Farbe zum Beispiel. Sie heißt Frozen Dark Silver Metallic, schimmert matt und kostet so viel wie ein Kleinwagen. Oder der Innenraum mit ganzen Horden an Anthrazit-farbigem Alcantara. Es ist wirklich überall und fühlt sich extrem jubiläumshaft an. Besonders am Lenkrad. Das möchte man am liebsten gar nicht mehr loslassen. Dazu gibt es zweifarbige 20-Zöller sowie das 8.800 Euro teure und absolut empfehlenswerte Competition-Paket (etwas tiefer, etwas straffer, andere Abstimmung für Lenkung, Differenzial und DSC) – einfach geschenkt. Und natürlich hat man auch am Aggregat gefeilt. Ein paar zusätzliche Kerzen auf dem Geburtstagskuchen sozusagen. Ein bisschen Motorsteuerung, ein wenig Ladedruck und fertig ist das 40-PS-und-20-Newtonmeter-Geschenk. Damit sind wir bei 600 PS und 700 Newtonmeter angelangt und die gehen wie üblich komplett nach hinten. Happy Birthday!

Die Traktion und ihre liebe Mühe
Das mit den zusätzlichen Pferdchen ist vor allem im derzeitigen nasskalten und schneeigen Winterwetter die helle Freude. Wobei man nass, kalt, schneeig und Winter auch subtrahieren kann – an ein ständig blinkendes ESP-Lämpchen muss man sich vermutlich trotzdem gewöhnen. Der “30 Jahre M5″ hat so viel Dampf, dass sogar die Launch Control Probleme hat, einen vernünftigen Start auf die Reihe zu kriegen. Wer die angegebenen 3,9 Sekunden von Null auf 100 km/h (immerhin 0,4 Sekunden schneller als beim Standard-M5) also mal dringend benötigt, sollte viel Gefühl in den Zehen haben. Wer – zumindest bei feuchten Bedingungen – irgend etwas anderes mit dem Auto vorhat, auch. Kleines Beispiel gefällig? Ein Kickdown auf der Autobahn kann schon mal durchdrehende Räder verursachen. Bei 200 km/h, versteht sich. Sollten Sie jetzt Angst haben, dass der Jubiläums-M5 in jeder zweiten Kurve vogelwild mit dem Hintern austritt, so kann ich Sie jedoch beruhigen. Erstens möchte ich auf ein hohes allgemeines Gripniveau verweisen und zweitens habe ich noch einen kleinen Tipp: Nehmen Sie einfach den nächsthöheren Gang. Die neue Kraft reicht dafür allemal aus.

Die Qual mit der Wahl
Jenseits von durchdrehenden Schlappen bei beängstigenden Geschwindigkeiten ist der “30 Jahre M5″ aber vor allen Dingen eine ungeheuer gute Hochleistungs-Limousine, die nach wie vor mehr Kompetenz und “Auf-den-Punkt”-Gefühl vermittelt als die Konkurrenz von Audi, Jaguar oder Mercedes. Dank des Competition-Pakets wirkt der Dicke sogar noch fokussierter. Irgendwie sehniger, so man das bei einem Kampfgewicht von nahezu zwei Tonnen behaupten darf. Und auch die Lenkung legt ein Stück an Schwere und Gefühl zu. Wie immer können Sie per Knopfdruck selbst bestimmen, wie schwer die Lenkung (schwer, sehr schwer, viel zu schwer), wie hart das Fahrwerk (hart, sehr hart, jetzt ist der Wirbel durch) und wie aggressiv Motor, Getriebe und Sound daherkommen. Bei allen Gelegenheiten, die keine abgesperrte Rennstrecke beinhalten, ist der Comfort-Modus das Maß der Dinge. Ansonsten tut es “Sport”. “Sport Plus” ist für Menschen mit sehr dicken Oberarmen und sehr wenig Schmerzempfinden.

M5 – auf die Spitze getrieben
Sie sehen schon, die Party-Edition treibt die nicht nur leicht verrückten aber großartigen M5-Tugenden auf die Spitze. Das Gefühl, ein riesengroßes, bleischweres aber sehniges und knochentrockenes Auto zu fahren, das geht wie der Teufel, schaltet wie ein Maschinengewehr und klingt wie der Himmel. Ja, die Akustik, im Top-5er ist sie wahrlich einzigartig: Nicht so viel Bass und Gänsehaut wie bei AMG, aber mehr Farbe. Der M faucht und grölt, dann schreit er und irgendwann fängt er an zu singen.

Leider schon vergeben
Apropos singen: Ein wenig petzen muss ich natürlich auch. Für ein 4,90 Meter langes Auto ist der Platz auf der Rückbank beschämend und “natürlich” passt ein heckgetriebener 600-PS-Dampfer, den man vorsichtig gefahren auf 14 Liter im Schnitt bringt, überhaupt nicht mehr in die Zeit. Außerdem kostet er mindestens 127.500 Euro, aber das braucht Sie nicht mehr zu interessieren, denn die 300 Stück sind längst vergriffen. Wir lieben sie nämlich alle, die großen, seriösen, vernünftig wirkenden Limousinen, deren Hinterreifen auf eine kleine Fußbewegung hin chancenlos in Rauch aufgehen.
(sw)

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