Köln, 30. September 2013
Ford lässt es Anfang der 1990er-Jahre richtig krachen: Eine 1,5 Milliarden D-Mark teure Entwicklung. 250 Prototypen, die sechs Millionen Kilometer abspulen. Crashtests für 85 Millionen Mark. 400.000 Gleichungen am Superrechner. Und all das für ein Auto, dessen erste Generation heute schon für ein paar hundert Euro zu haben ist. Die Rede ist vom Ford Mondeo, der jetzt 20 Jahre alt wird.
Kölner Mode
Schon der Modellname des Sierra-Nachfolgers ist Programm: Mondeo, ein Auto für die ganze Welt. Er soll nicht nur in Europa viele Fans finden, sondern unter anderem auch in den USA. Schon 1986 fällt die Designentscheidung für das Auto mit dem internen Code CDW 27: Unterschiedliche Fiberglasmodelle entstanden nicht nur in Köln, sondern auch bei Ghia in Turin, in Kalifornien und am Hauptsitz in Dearborn nahe Detroit. Doch die “kölsche Lösung” des damaligen deutschen Designchefs Helmut Schrader setzt sich durch. Das Zauberwort heißt “Cab-Forward-Design”, bei dem die Fahrgastzelle nach vorne verlagert wird.
Viel drin
Im Gegensatz zum 2,8-Millionen-mal gebauten Vorgänger Sierra wird der Mondeo nicht nur geräumiger, sondern er erhält auch einen Frontantrieb. Mit einer Ausnahme: Auf Wunsch liefert Ford sogar einen Allradantrieb mit drei Differenzialen. Zum Start im Jahr 1993 sichert sich der neue Mondeo nicht nur den Titel “Auto des Jahres 1994″, er kommt auch gut bei den Kunden an. Anders als bei den Rivalen VW Passat und Opel Vectra gibt es den Mondeo vom Start weg als Stufenheck, Fünftürer oder Kombi. Hinzu kommt eine gute Serienausstattung, zu der eine Klimaanlage gehört. Besonders beworben wird der serienmäßige Fahrerairbag, ab Juni 1993 ist auch der Luftsack für den Beifahrer inklusive. Aus heutiger Sicht interessant ist der Ausstattungsumfang des Ghia-Topmodells: Niederquerschnittsreifen des Formats 195/60 R 14, vier elektrische Fensterheber, eine beheizbare Frontscheibe, eine Taschenlampe im Handschuhfach sowie ein Check-Control-System. Es warnt unter anderem vor offenen Türen und Bremsbelagverschleiß. Nicht fehlen darf im Ghia aber auch üppiges Plastikholz im Innenraum.
Drei Gleiche
Das Motorenangebot besteht aus drei Benzinern mit 90, 115 und 136 PS, wer einen Diesel mag, muss zum 1.8 TD mit 88 PS greifen. Eine Option: die Vierstufen-Automatik. Aus heutiger Sicht besonders interessant: Für mindestens zehn Jahre oder 160.000 Kilometer sollte laut Ford an einem Mondeo nichts wackeln, klappern oder knirschen. So stand es im Lastenheft der Entwickler. Rechnet man die US-Schwestermodelle Ford Contour und Mercury Mystique dazu, ist der erste Mondeo in 91 Ländern präsent, 1996 erreicht die Exportquote 42 Prozent. Im gleichen Jahr wird der Mondeo so umfassend geliftet, dass Ford von der zweiten Generation spricht. Vielen Kunden war das bisherige Design zu brav, deshalb gibt es nun eine grimmig blickende Frontpartie mit großem Ellipsen-Grill und neue Rückleuchten.
Der Mondeo-Mann
Ab Anfang 1997 bietet Ford erstmals Seitenairbags vorne an. Was die Kunden freut: Alle drei Karosserievarianten verkauft die Marke zum gleichen Preis. Am beliebtesten ist bis heute der Kombi namens Turnier. Ende der 1990er-Jahre wird der Mondeo zum Politikum: Der britische Premierminister Tony Blair prägt den Begriff des “Mondeo Man” für geschäftsreisende Vertreter. (Hierzulande müsste man eher vom “Passat-Mann” sprechen.) Das Spitzenmodell der Mondeo-Palette ist der 2,5-Liter-V6 mit 170 PS.
Kante zeigen
Deutlich stärker geht es bei der nächsten Mondeo-Generation ab 2000 zu. Sie ist grundlegend neu gestaltet und greift das “New Edge”-Design des Focus auf. Allerdings verabschiedet sich Ford vom Weltauto-Gedanken, das Modell ist nur für Europa konzipiert. Im ST 220 wütet ab 2002 ein Dreiliter-V6 mit 226 PS. Bei den Dieseln gibt es endlich Turbo-Direkteinspritzer, Basisbenziner ist ein 90-PS-Motor. Die Presse lobt die gelungene Fahrwerksabstimmung, Gebrauchtwagenkäufer freuen sich über 12 Jahre Garantie gegen Durchrostung. Der Nachfolger des 2000er-Mondeo zeigt sich schon vor dem Marktstart im Kino: Daniel Craig alias James Bond 007 pilotiert ihn 2006 im Film “Casino Royale”, erst ein Jahr später steht der neue Ford beim Händler. Nach einem Lifting anno 2010 gibt es neue EcoBoost-Turbobenziner, einen 200-PS-Diesel oder auch Motoren, die mit Bio-Ethanol (E85) laufen.
Nachfolger mit Verzögerung
Schon 2012 kann der künftige Ford Mondeo bewundert werden und zwar in den USA: Dort heißt er Fusion und greift den alten Weltauto-Gedanken wieder auf. Doch europäische Kunden müssen sich noch bis 2014 gedulden, ehe der kommende Mondeo mit Einliter-Turbodreizylinder mit 125 PS, Hybridantrieb oder auch Gurtairbags im Fond anrollt. Der Grund: Das Mondeo-Werk in Genk wurde geschlossen. Jene Fabrik, in die vor 20 Jahren noch 1,1 Milliarden Mark floss. So vergeht die Zeit.
(rh)
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