VW Amarok Canyon im Test: 180 PS für den Lifestyle-Cowboy

October 6, 2013

VW Amarok Canyon: In Knallorange und mit dem Leuchtenbügel auf dem Dach nicht eben unauffällig

Den Canyon gibt es ausschließlich in der viertürigen Double-Cab-Version

Die Ladefläche wirkt im Vergleich mit der Kabine klein, doch da passt ordentlich was drauf

Haar, 4. Oktober 2013
Knallorange, mit vier großen Zusatzscheinwerfern auf dem Dach und 5,18 Meter lang: Unser Testwagen des VW Amarok Canyon ist wahrlich nichts für Understatement-Liebhaber mit Lieblingsfarbe Hellgrau. Mit dem Pick-up-Monster fällt man zwangsläufig auf. Die Frage ist nur: positiv oder negativ? Ist das nun ein unheimlich praktisches Nutzfahrzeug, ein Vehikel zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit oder einfach nur ziemlich peinlich? Wir haben den automobilen Riesen getestet.

Keine Traktionsprobleme dank Allradantrieb
Das Sondermodell Canyon erfüllt seit dem Frühjahr 2013 die Funktion der Lifestyle-Variante. Angeboten wird es wie der normale Amarok ausschließlich mit einem 2.0 TDI unter der Haube. Wählen darf man zwischen dem Turbo mit 140 und dem Biturbo mit 180 PS. Anders als beim normalen Amarok, den es auch mit Hinterradantrieb gibt, ist beim Canyon ein permanenter Allradantrieb Serie. Gegen Aufpreis gibt es eine zuschaltbare Version mit Klauenkupplung, die die bessere Lösung für den Offroadeinsatz ist. Wer will, kann dazu sogar noch eine Geländeuntersetzung ordern. Für die gefahrene Automatikversion gibt es beides nicht. Hier arbeitet ein Antrieb mit Torsen-Differential, das die Kräfte normalerweise im Verhältnis 40:60 auf die Achsen verteilt. Damit hat man mit dem Testwagen auch unbeladen und auf nassem Asphalt keine Traktionsschwierigkeiten, was angesichts der starken Motorisierung keine Selbstverständlichkeit ist.

180 PS Diesel mit viel Power
Der gefahrene 180-PS-Diesel bringt den 2,1 Tonnen schweren Pick-up gut in Schwung. 420 Newtonmeter sind eben eine Macht, und sie liegen auch bereits bei 1.750 U/min an. Dass der Motor unter Last manchmal etwas schnarrt und es bei höherem Tempo im Innenraum dröhnt, empfanden wir als nicht sehr störend. Doch ein starker Motor in einem aerodynamisch so ungünstigen Vehikel wie dem 1,83 Meter hohen und nicht eben strömungsgünstig geformten Pick-up hat natürlich einen Haken: Einen Spritverbrauch wie bei einem Kleinwagen mit Spritspar-Diesel darf man hier nicht erwarten. VW gibt 8,2 Liter an. Auf unseren Testfahrten brauchte der Amarok mit 9,5 Liter je 100 Kilometer nur wenig mehr, wobei wir allerdings schonend mit dem Gaspedal umgingen und selten über 120 km/h fuhren. Denn misstrauisch beäugten wir von Anfang an den Bordcomputer und lasen auch bald beängstigende Werte von über zehn Liter Diesel ab. Noch schlimmer wird es, wenn man mit den nicht gerade windschlüpfigen Lampen auf dem Dach die Höchstgeschwindigkeit von 179 km/h anstrebt.

Wow: Acht Gänge für einen Pick-up
Ein Start-Stopp-System, um in der Stadt etwas Sprit zu sparen, besitzt der Amarok nicht. Dafür hat er mit seiner Achtgang-Automatik sonst gute Voraussetzungen für einen niedrigen Spritkonsum. Dass VW dieses Getriebe in seinen Pick-up einbaut, ist schon ein Wunder: In einem Nutzfahrzeug hätten wir auch eine Fünfgang-Automatik noch mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen. Schaltwippen gibt es aber nicht, das wäre dann doch zu viel verlangt, schließlich ist unser Canyon zwar großzügig motorisiert, aber eben kein Sportwagen. Das Getriebe schaltet problemlos. Ein angenehmer Effekt in der Stadt ist, dass die Automatik beim Gaswegnehmen aktiv mitbremst, indem ein niedrigerer Gang eingelegt wird.

Ordentlicher Fahrkomfort trotz Starrachse
Das Fahrwerk basiert vorne wie bei einer Limousine auf einzeln aufgehängten Rädern sowie einem Querstabilisator, hinten dagegen gibt es die nutzfahrzeugtypische Starrachse mit Blattfedern. Auch wird hinten mit Trommeln gebremst. Mit dem serienmäßigen Fahrwerk – optional gibt es eine Heavy-Duty-Federung für mehr Zuladung – fühlt sich der Amarok recht manierlich an. Das ist keine Überraschung mehr für uns, da wir mit der Starrachse des VW Caddy ähnliche Erfahrungen machten. Bei Unebenheiten im Fahrbahnbelag fühlt sich der Amarok aber doch anders an als ein SUV.

Große, praktische Ladefläche
Der Canyon ist ausschließlich in der viertürigen Double-Cab-Version verfügbar. In der Doppelkabine ist Platz für fünf Personen. Dahinter gibt es eine 1,62 Meter breite und 1,55 Meter lange Ladefläche mit einem 51 Zentimeter hohen Rand. Hier lässt sich beispielsweise auch ein voll ausgestattetes 28-Zoll-Trekkingrad ohne Demontage der Räder unterbringen – nur der breite Lenker schaut etwas über den Rand hinaus. Wer eine noch größere Ladefläche braucht, wird beim Nissan Navarra in der King-Cab-Version fündig. Hier misst man 1,86 Meter Länge und 1,56 Meter Breite. Die Ladefläche des Amarok ist so unempfindlich ausgekleidet, dass man keine Angst haben muss, Kratzer zu hinterlassen. Praktisch ist das optionale Rollo, mit dem sich die Ladefläche abdecken lässt – gut zum Schutz gegen neugierige Blicke und Regen oder Schnee. Das Rollo lässt sich in verschiedenen Stellungen arretieren. Auch ein Hardtop ist verfügbar. Wer will, kann neben den rund 700 Kilo Zuladung auch noch einen Anhänger an den Haken nehmen. Er darf bis zu 3,2 Tonnen schwer sein, wenn er über Bremsen verfügt.

Cockpit: Wie zu Hause
Im Cockpit fühlt man sich sogleich zu Hause, wenn man VW-Interieurs kennt. Es ist schon bemerkenswert, wie stark sich VW hier an normalen Pkws orientiert. Das betrifft nicht nur Optik und Verarbeitung, sondern auch die verfügbare Ausstattung. Extras wie ein eine Rückfahrkamera, eine Sitzheizung oder das 6,5 Zoll große Einbaunavi sind Beispiele. Apropos: Das eingebaute RNS 510 ist nicht das schnellste. Schon die Auswahl eines Zielorts wie München dauert geraume Zeit. Auch die Sitze gewähren nicht viel Seitenhalt. Insgesamt aber verdient das Cockpit ein Lob. Die Rundumsicht ist gut und für den Fahrer fühlt sich der Amarok trotz seines Wendekreises von beachtlichen 13,0 Meter sogar handlich an – ob das nun ein rein psychologischer Effekt durch die vertraute Umgebung ist oder nicht.

Schwarze Details und viel Ausstattung
Der Canyon hat ein paar optische Besonderheiten – die schwarze “Styling-Bar” an der Bordwand der Ladefläche zum Beispiel oder die dunklen Rückleuchten und weitere schwarze Details. Vor allem aber ist sehr viel Ausstattung serienmäßig an Bord, darunter Elemente, die man bei einem Nutzfahrzeug nicht unbedingt erwartet. Serie ist neben einer ordentlichen Sicherheitsausstattung – ABS, ESP, Bremsassistent sowie sechs Airbags – auch erstaunlich viel Edles und Komfortables. Nur zwei Beispiele: 17-Zoll-Aluräder sind Serie, außerdem eine Lederausstattung mit orangefarbenen Nähten sowie eine Metallic-Lackierung. Neben der orangefarbenen Lackierung gibt es übrigens noch sechs andere Farben.

Happig: Ab 41.459 Euro
Den Amarok Canyon mit 180-PS-Diesel gibt es ab 41.459 Euro, die Automatikversion ist noch 2.118 Euro teurer. Ein ganz schönes Sümmchen, auch im Vergleich zum normalen Amarok mit 180-PS-Diesel und Allradantrieb, den es schon ab 32.386 Euro zu haben ist. Richtig teuer ist der auffällige Bügel mit den vier Lampen. Er kostet 1.428 Euro. Die Zusatzleuchten übernehmen die Fernlichtfunktion. Auf dieses Extra würden wir aus Gründen des Spritkonsums verzichten, aber wenn es das Ego wirksam fördert, sind 1.428 Euro vielleicht gut angelegtes Geld …
(sl)

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