Berlin, 27. März 2015
Der Bundestag hat die umstrittene Pkw-Maut mit den Stimmen der Großen Koalition beschlossen. Der Bundestag bestätigte damit den Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Die sogenannte “Infrastrukturabgabe” wird Anfang 2016 eingeführt.
Kosten je nach Hubraum und Schadstoffnorm
Fahrer inländischer Autos müssen dann eine elektronische Jahresvignette erwerben. Die Preise richten sich nach Hubraum und Schadstoffnorm. Je angefangene 100 Kubikzentimeter Hubraum fallen für die Jahresvignette zwischen 1,80 Euro (Euro 6, Ottomotor) und 9,50 Euro (Euro 3 oder schlechter, Dieselmotor) an. Die Kosten sind auf 130 Euro gedeckelt. Bei Fahrzeugen mit deutscher Zulassung werden die Vignettenkosten durch die künftig sinkende Kfz-Steuer wieder ausgeglichen. Beispiel: Bei einem nach Euro 6 eingestuften VW Polo 1.2 von 2014 zahlt man für die Vignette 21,60 Euro (zwölf mal 1,80 Euro für 1.198 ccm). Die Kfz-Steuer liegt bisher bei 62 Euro pro Jahr. Zur Kompensation wird die Steuer künftig auf 38 Euro gesenkt, sodass sich in diesem Fall sogar eine kleine Entlastung von 2,40 Euro pro Jahr ergibt.
Zehn Tage für zehn Euro
Fahrer von nicht in Deutschland zugelassenen Autos können (neben einer Jahres- und einer Zwei-Monats-Vignette) eine Zehn-Tages-Vignette kaufen – übers Internet oder an Tankstellen. Je nach Schadstoffklasse kostet sie 5, 10 oder 15 Euro. Die Mehreinnahmen durch die Pkw-Maut beziffert das Bundesverkehrsministerium auf etwa 500 Millionen Euro pro Jahr. Diese Zahl wird allerdings von Verkehrsexperten für deutlich zu hoch gehalten.
Nutzerfinanzierung statt Steuerfinanzierung
Dobrindt betonte bei der Debatte im Bundestag, dass damit die Straßen künftig vom Nutzer statt vom Steuerzahler finanziert würden. Bei den Deutschen halten sich Zustimmung und Ablehnung der Pkw-Maut etwa die Waage. Laut ZDF-Politbarometer vom Februar 2015 sind 48 Prozent dafür, 49 Prozent dagegen.
“Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.”
Bei Oppositionsparteien und vielen Verbänden stieß das Gesetz dagegen auf Kritik. So spricht der ACV Automobilclub Verkehr von einem “absurden verkehrspolitischen Projekt”. Der ADAC weist darauf hin, dass in keinem anderen Land in Europa nur Ausländer durch eine Maut zur Kasse gebeten werden, während Inländer verschont bleiben. Der Bund Naturschutz (BUND) kritisierte die fehlende ökologische Lenkungswirkung und forderte stattdessen eine intelligente und nutzungsabhängige Maut. Ähnlich ist die Position der Grünen. Sie erinnern auch an das Versprechen Angela Merkels, mit ihr werde es eine solche Abgabe nicht geben. FDP-Chef Christian Lindner geißelte die Maut als “Stammtischpolitik”, “bürokratisches Monstrum” und als “schlechtestes Gesetz dieses Jahrzehnts”.
Klage vor dem EuGH wird erwartet
Der Bundesrat wird sich mit dem Maut-Gesetz befassen, kann es aber nicht stoppen. Aber auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ist das Thema wohl noch nicht vom Tisch. Denn es droht ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen einer Benachteiligung von ausländischen Fahrern. Allerdings würde eine Entscheidung des EuGH wohl mehrere Jahre auf sich warten lassen.
(sl)
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