Maserati Ghibli (2016) und Quattroporte (2016) im Test: Fahrbericht mit technischen Daten und Preisen zur Markteinführung

June 11, 2015

Maserati hat den Ghibli und den Quattroporte einem Update unterzogen

Beim Außendesign ändert sich im kommenden Modelljahr 2016 nichts am Maserati Ghibli

Der rund fünf Meter lange Ghibli wiegt je nach Ausstattung um die 1,9 Tonnen

Stresa (Italien), 11. Juni 2015
Historie und Tradition verbinden, Männerbekleidung und Automobile passen sowieso irgendwie immer gut zusammen und spontan müssen wir an den Geländewagen Ford Explorer denken, den es mal in einer Eddie-Bauer-Ausstattung zu kaufen gab. Und wenn sich Auto- und Modemarken nicht auf US-amerikanischem, sondern auf italienischem Boden verbinden? Dann handelt es sich bei den Protagonisten um Sportwagenhersteller und Luxus-Herrenausstatter mit sie so emotionsgeschwängerten Namen wie Maserati und Ermenegildo Zegna.

Historie verbindet
Die beiden Firmen sind italienische Urgesteine auf ihren Fachgebieten und jeweils über 100 Jahre alt. Bei ersten Treffen im März 2013 entschied man sich dann, diese identischen Historien zu verbinden. Es entstand eine auf 100 Exemplare limitierte Sonderedition des Maserati Quattroporte mit Interieur-Details von Zegna. Und wie das in der freien Marktwirtschaft so ist, erhalten Konzepte, die Erfolg versprechen, eine Chance außerhalb von begrenzten Stückzahlen. So konnte die ehemalige Quattroporte-Exklusiv-Kooperation zu einem festen Bestandteil des aktuellen Maserati-Modellliftings werden. Wir waren bereits jetzt mit dem Ghibli und dem Quattroporte unterwegs, die nicht nur mit einer neuen Innenausstattung für das Modelljahr 2016 frisch gemacht wurden.

Raupen-Ausscheidungen im Auto
Es mag verrückt klingen, aber der letzte Luxus-Schrei bei Herrenmode wird aus einer Ausscheidung einer bestimmten Raupenart hergestellt. Die Rede ist von feinster Seide. Aus diesem Grund sind künftig die Sitzflächen und Rückenteile der Sitze, die Türpanele, die Sonnenblenden sowie der gesamte Fahrzeughimmel in diesem Gewebe bestellbar. Das Rohprodukt stammt zu 80 Prozent aus China. Die Endbearbeitung findet in Italien bei Zegna selbst statt. Die Farbe der Seide ist dabei immer ein Anthrazitton. Der Rest des Innenraums ist mit schwarzem, braunen oder rotem Leder bezogen. Und der erste Eindruck? Ja, die neuen Seiden-Interieur-Details passen wirklich wunderbar zu dem italienischen und unverändert leidenschaftlichen Inneren der Maserati-Fahrzeuge.

Und die Robustheit?
Trotzdem wollen wir als Pragmatiker wissen, wie es um die Robustheit des Stoffs bestellt ist. Kennen wir Seide doch sonst nur von edlen und fragilen Frauenkleidern und nicht von Sitzflächen, auf denen Fahrzeugpassagiere herumrutschen. Obwohl das Gewebe so zerbrechlich erscheint, kommt der Wagen ohne Warnhinweise wie “Bitte nicht in der Sonne parken”, “Nieten-Jeans vermeiden” oder “Trinken verboten” aus. Maserati-Chef Harald Wester merkt dennoch an, dass “eine Flasche Rotwein aber eine Flasche Rotwein bleibt”. Was die neue Ausstattungslinie kosten soll, ist derzeit noch nicht bekannt. Der Aufpreis dürfte sich aber an der momentanen Premium-Lederausstattung orientieren. Je nach Fahrzeug und dazu gewählter Grundausstattung sind dann rund 6.000 Euro fällig.

Benziner und Diesel mit Euro 6
Doch dabei blieb es für 2016 nicht, denn die italienischen Designerstücke müssen sich trotz ihrer automobilen Sonderstellung auch an geltende Abgas-Vorschriften halten. Darum sind alle Antriebseinheiten auf die Euro-6-Norm umgerüstet worden. Die von Ferrari stammenden Benzin-Aggregate wurden überarbeitet und bekamen durch die Bank weg eine Start-Stop-Automatik verpasst. Egal ob 530-PS-V8-Twinturbo im Top-Quattroporte oder 330-PS- und 410-PS-V6-Twinturbo im Ghibli, der Verbrauch wurde – zumindest auf dem Papier – um bis zu zwölf Prozent reduziert. Bei den Selbstzünder-Versionen mit dem 3,0-Liter-Diesel von VM Motori ändert sich nichts an den guten Verbrauchswerten von 5,9 (Ghibli) beziehungsweise 6,2 Liter (Quattroporte) auf 100 Kilometer. Trotzdem kommen die Diesel-Modelle in Zukunft nicht ohne die nachträgliche Abgasbehandlung mit AdBlue aus. So müssen die 275 PS starken Diesel-Maseratis künftig zusätzlich mit Harnstoff betankt werden.

Unverändertes Fahrverhalten
An den messbaren Fahrleistungen oder den subjektiven Fahreindrücken ändert sich dagegen nichts: Der kleinere Ghibli kann bei schnellen Kurvenfahrten einen im Ansatz sportlichen und agilen Eindruck hinterlassen. Für den Ghibli ist dieser leicht sportliche Touch äußerst wichtig. Er tritt als rund fünf Meter lange Sportlimousine der oberen Mittelklasse doch ziemlich genau auf das ziemlich perfekt abgestimmten Mercedes-Großcoupé CLS an. Der Quattroporte hingegen ist und bleibt ein gewaltiger Autobahnkreuzer mit S-Klasse-Langversion-Charakter und Chauffeur-Ambitionen. Beim Autobahnkomfort und im Kunden-Alltag sind die italienischen Großcoupés – die mit tadelloser Achtgang-Automatik ausgestattet sind – nahezu ebenbürtig mit der deutschen Konkurrenz. Die gravierenden Unterschiede in Sachen Lenkpräzision, Gasannahme, Ansprechen der Bremsen oder Querdynamik lassen sich im Grenzbereich aber doch eindeutig erfahren. Hier muss man eingestehen, dass die emotionslose Konkurrenz aus Deutschland grundsätzlich besser funktioniert, aber dabei weitaus schlechter klingt.

Neue Technik, alte Optik
Neben Zegna- und Motoren-Updates halten darüber hinaus neue Technikspielereien in den zwei Maseratis Einzug. In den Außenspiegeln warnt jetzt ein aufleuchtendes Dreieck vor Hindernissen im toten Winkel. Der Kofferraum lässt sich fortan mittels Fußwink unter dem Fahrzeugheck öffnen. Außerdem gibt es ein neues 900-Watt-Audio-System und die Möglichkeit, das iPhone-Helferlein “Siri” mit dem Auto zu verbinden. Beim Infotainment-Angebot in der Mittelkonsole bleibt aber alles beim Alten. Es funktioniert zwar anstandslos, ist optisch aber altbacken und vermittelt alles andere als einen Premium- oder gar Luxus-Eindruck.

Luxus-Preise
Luxus bleibt dagegen der Preis: Aktuell startet ein Diesel-Ghibli bei 65.380 Euro. Ein vergleichbarer Mercedes CLS ist bereits ab rund 60.000 Euro zu haben. Für die 410-PS-V6-Benziner-Version des Ghibli sind mindestens 81.080 Euro fällig. Dafür kann man sich auch einen Mercedes CLS 500 mit 408-PS-V8 und Neungang-Automatik in die Auffahrt stellen. Für den Quattroporte – dessen Preisspanne zwischen 94.850 und 148.160 Euro liegt – gilt das Gleiche. Der Italo-Riese ist stets teurer als das Schwaben-Pendant. Trotzdem wurde aus dem großen Italiener ein Exportschlager für den chinesischen Markt. Der typische Kunde dort ist übrigens zu 40 Prozent eine “sie” und dann meist unter 40 Jahre alt. So konträr können Zielgruppen einer Weltmarke sein, denn der deutsche Maserati-Käufer ist im Schnitt 55 Jahre alt und männlich. Gemeinsamkeiten bleiben aber: eine gut gefüllte Geldbörse und der Anspruch, ein Emotionsauto besitzen zu wollen.
(ml)

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