VW Touran im Test mit technischen Daten und Preis zur Markteinführung

June 28, 2015

Komplett neu rollt der VW Touran an den Start

Mit 4,53 Meter ist der Touran 13 Zentimeter länger als sein Vorgänger. Gut zu sehen ist die breite hintere Tür

Einzige formale Spielerei ist die Sicke auf Höhe der Türgriffe

Amsterdam, 26. Juni 2015
Er ist immer präsent. Fahren Sie einfach 30 Minuten über die Autobahn und ihnen werden mehrere VW Touran begegnen. Oder denken Sie an Bekannte mit Kindern. Was parkt dort oft unter dem Carport? Ein Touran. Insgesamt 1,9 Millionen Exemplare des Kompaktvans hat VW bislang verkauft. In zwölf Jahren allerdings, weshalb eine Neuauflage längst fällig war. Wie fährt sich Touran Nummer zwei?

Mit Mehrwert
Der erste Eindruck: Optisch hat der neue Touran deutlich dazugewonnen. Schlicht, aber ansehnlich lautet die Formel beim Design, einzige Spielerei ist eine Sicke auf Höhe der Türgriffe. Aber einen deutlichen Zugewinn gibt es auch bei den Abmessungen: 4,53 Meter bedeuten ein Längenplus von 13 Zentimetern gegenüber dem Vorgänger. Auch Radstand (plus elf Zentimeter) und Breite (plus vier Zentimeter) legen zu. Besonders der letzte Punkt erleichtert das Parken in engen Lücken nicht wirklich. Besitzer von Normgaragen sollten gewarnt sein. Aber der Touran punktet mit einer guten Übersichtlichkeit, die großen Seitenfenster im Fond bieten ein prima Panorama-Kino.

Platz für sieben
Mit den erwähnten 4,53 Meter sortiert sich der VW Touran jetzt deutlicher zwischen Golf Sportsvan und Sharan ein. Das dem modularen Querbaukasten zu verdankende Wachstum sorgt besonders im Innenraum für großzügige Verhältnisse. Außerdem ist der Touran erstmals auch als Siebensitzer erhältlich. Schiebetüren gibt es hinten nicht, dafür erleichtern sehr breite Portale den Einstieg. Um es vorwegzunehmen: Sofern die Passagiere in Reihe drei nicht größer als 1,70 Meter sind, kommen keine Klagen. Wer freilich häufiger halbe Fußballmannschaften transportiert, sollte sich die 640 bis 770 Euro Aufpreis schenken und besser nach einem Sharan gucken. Sehr gut: Alle Möbel im Fond lassen sich einfach zu einer ebenen Fläche versenken. Über eine angenehm niedrige Ladekante und eine 1,05 Meter breite Öffnung lassen sich zwischen 137 (Siebensitzer) und 1.980 Liter Gepäck (Fünfsitzer) zuladen. Gut 700 Kilogramm dürfen Koffer und Mitfahrer auf die Waage bringen. Als praktische Details finden sich im Kofferraum eine Taschenlampe und eine 230-Volt-Steckdose, die Gepäckabdeckung kann im doppelten Boden verstaut werden.

Rein statt raus
Aber so durchdacht das Sitzkonzept im Fond des Touran auch ist, weist es konzeptbedingt auch Schwächen auf. Serienmäßig sind in der zweiten Reihe stets drei vollwertige Sitze vorhanden, die sich längs verschieben lassen. Gut: Kein störender Mitteltunnel unterbricht den Fußraum. Weniger gut: Den Möbeln fehlt es an Beinauflage und sie sind kräftigen Personen am Rücken schlicht zu schmal. Falls Sie nun fragen, warum man die Sitze im Fond nicht ausbauen kann: VW sagt, dass kaum einer Platz hat, sie irgendwo abzustellen und das sowieso selten tut. Außerdem ermöglicht die Versenklösung optionale Seitenairbags und eine Sitzheizung. Als recht stabil erweisen sich Klapptische an den Vorderlehnen, in denen sich zudem eine Ablagetasche befindet. Falls dort aber gerne Cola aus Dosen gesüffelt wird: Dafür fanden wir trotz ergiebiger Suche keine gescheite Ablage.

Immer online
Wenden wir uns lieber dem Cockpit zu. Das gefällt mit seiner sachlichen Note und wirft selbst bei Touran-Neulingen keine Fragen auf. Alles ist übersichtlich angeordnet und durchdacht. Zwei Beispiele sind das große Ablagefach mit Deckel auf dem Armaturenbrett und die nun hinter einer eigenen Klappe verborgenen Einschübe für CDs und SD-Karten. Überhaupt das Entertainment: Falls der Nachwuchs schon bei Twitter oder Facebook aktiv ist (es soll schon Dreijährige geben, die im Internet surfen), motzt VW den Touran zum WLAN-Hotspot auf. Aus dem Fond heraus können die Mitfahrer beispielsweise das Musikprogramm im Touran bestimmen. Zudem können sowohl Apple- als auch Android-User diverse Apps ihrer Smartphones über den fahrzeugeigenen Touchscreen steuern. Soweit schön und gut, wer aber das große Navi mit Acht-Zoll-Touchscreen ordert, ist mal eben 2.515 Euro los, diverse Zusatzfunktionen noch nicht eingerechnet. Apropos: Eine davon ist die elektronische Sprachverstärkung. Wenn der Erziehungsberechtigte dem Fondinhalt klarmachen möchte, wer hier das Taschengeld zahlt, wird seine Stimme genau dort verstärkt wiedergegeben.

Zwei mal zwei
Stärke liefert das Stichwort für die Motoren des neuen Touran. Im Angebot sind vorerst zwei Benziner und zwei Diesel mit jeweils 110 und 150 PS. Sie benötigen übrigens zur Abgasnachbehandlung in regelmäßigen Abständen eine sogenannte AdBlue-Harnstofflösung, die entweder der Besitzer oder die Werkstatt in den Zusatztank füllt. Unsere erste Runde nehmen wir mit dem 150 PS starken Selbstzünder unter die Räder. Schnell zeigt sich: Wer nicht mit spitzem Bleistift rechnen muss, sollte zu diesem Motor greifen. Der Zweiliter schiebt den gut 1,5 Tonnen schweren Touran vorzüglich voran und bleibt selbst bei hohem Tempo akustisch im Hintergrund. 2.250 Euro günstiger ist der Diesel mit 110 PS. Er muss mit “nur” 1,6 Liter Hubraum und 90 Newtonmeter weniger an maximalem Drehmoment (um genau zu sein: 250 gegenüber 340) auskommen. Der subjektive Eindruck: Dieser Motor läuft etwas präsenter als sein großer Bruder, aber bei weitem nicht so ruppig wie frühere Pumpe-Düse-Diesel. Bis etwa 80 km/h schlägt sich der 1.600er kaum schlechter als der Zweiliter, dann wird er aber spürbar von einer langen Getriebeübersetzung eingebremst. Auf der Autobahn ist so etwas mehr Geduld gefragt.

DCC? Nee!
Geduld brauchen wir auch im 1.4 TSI mit 150 PS, der in unserem Fall an ein Sieben-Gang-DSG gekoppelt war. Aus dem Stand heraus versacken einige der 250 Newtonmeter im Getriebe, ehe sich die Fuhre nach einer gefühlten Gedenksekunde in Bewegung setzt. Wer es ruhig und gelassen mag, bitte sehr. Gelassen ist das Stichwort für die Federung, die sehr komfortbetont agiert. Selbst mit optional aufgezogenen 18-Zöllern rollt der Touran angenehm ab. Verzichtbar ist dagegen die adaptive Fahrwerksregelung namens DCC mit Fahrprofilauswahl. Wir konnten bestenfalls bei der Lenkung einen Hauch mehr Präzision im Sport-Modus feststellen. Sparen Sie sich lieber die rund 1.000 Euro und werfen einen Blick auf die Armada von Assistenzsystemen, die VW jetzt im Touran anbietet. Totwinkelwarner, Verkehrszeichenerkennung, adaptiver Tempomat oder für Campingfreunde ein “Trailer Assist” zum Rangieren des Wohnwagens: fast alles ist machbar. Klar ist aber auch, dass bei Buchung der großen Hafenrundfahrt ein vierstelliger Betrag fällig wird. Und der beginnt nicht mit einer Eins.

Van es etwas mehr sein darf
Ende September 2015 kommt der neue VW Touran auf den Markt. Los geht es bei 23.350 Euro für den kleinen Benziner in Basisausstattung, die schon eine Klimaanlage beinhaltet. Für den 150-PS-Diesel sind mindestens 28.725 Euro bereitzuhalten, da er stets als zweitbeste Comfortline-Ausstattung anrollt. Hier gibt es zusätzlich 16-Zoll-Alus, die umklappbare Beifahrerlehne, Parkpiepser vorne und hinten sowie einen Tempomat. Dreist ist aber, dass VW selbst hier noch 205 Euro für ein CD-Radio aufruft. Wo liegt die Konkurrenz mit Basis-Benziner? Der ewige Rivale Opel ist kaum billiger: Mit Klima und Radio kostet der 120 PS starke Zafira Tourer 1.4 Turbo 23.450 Euro. Richtig teuer wird der Van-Spaß bei BMW. Der neue 2er Gran Tourer wird als 216i mit gerade einmal 100 PS für deftige 26.950 Euro angeboten. Wer ein Schnäppchen sucht, sollte bei Kia vorbeischauen: Hier steht der Carens 1.6 GDI mit 135 PS schon ab 19.990 Euro bereit.
(rh)

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