Turin (Italien), 8. Juli 2015
Ein Mann meißelt an Michelangelos weltberühmter David-Statue herum, und das auch noch in der empfindlichen Leistengegend. Plötzlich passiert es: Der Bildhauer macht eine falsche Bewegung, und das beste Stück von David kracht zu Boden. Wenn man es mit einem italienischen Kunstwerk zu tun hat, sollte man wissen, was man tut, lautet die Moral des Video-Clips. Er stammt von Fiat, und das Kunstwerk, um das es eigentlich geht, ist der 500. Denn der Kleinwagen mit der schicken Retro-Karosserie erhielt nun ein Facelift. Wir haben die neue Version getestet.
Zwei Schnurrbärte machen noch kein Männerauto
Der moderne Fiat 500 hätte nach acht Jahren eigentlich einen Generationswechsel verdient. Aber da sich das Auto – pardon, das Kunstwerk – nach wie vor gut verkauft, sind die Änderungen geringfügig. Vorne trägt der Kleine nach wie vor einen schmalen Chrom-Schnurrbart, in dem mittig das Markenlogo integriert ist. Dieses “Omega-Schnäuzchen”, wie sich Fiat-Chefdesigner Roberto Giolito ausdrückt, wird jetzt durch eine zweite Querlamelle ergänzt. Künftig hat der “Cinquino” also gleich zwei Schnurrbärte. Was den Kleinen aber nicht männlicher macht, denn der untere Lufteinlass bekommt (in der meistverkauften Lounge-Version) Chromtüpfelchen, und dieses Blingbling ordne ich eher in den femininen Bereich ein. Hoffentlich ist das jetzt nicht zu sexistisch.
Ungewöhnliche Rückleuchten
Hinten sind die Rückleuchten nun anders ausgeführt, wobei sich Giolito eine wirklich eigenständige Lösung hat einfallen lassen: Die Rücklichter bestehen aus einer Art Wulst, in dessen Mitte der Außenlack des Fahrzeugs zu sehen ist. Bravo, das sieht gut aus. Neu bei den Farben sind Korallenrot und Bordeauxrot, außerdem gibt es diverse Individualdesigns, die unter dem Stichwort “Second Skin” für 300 bis 800 Euro angeboten werden oder als Pakete für 500 bis 1.300 Euro firmieren. Am interessantesten finde ich die gelbschwarze “Comics”-Variante, die mich an die Yellow Cabs von New York erinnert.
Die gleichen Motoren
Technisch wird der Fiat 500 kaum modifiziert. Nach wie vor ist der Kleine 3,57 Meter lang und nur als Dreitürer verfügbar. Unverändert werden vier Motoren angeboten: ein 1,2-Liter-Sauger mit 69 PS, zwei Zweizylinder mit 85 und 105 PS sowie ein Diesel mit 95 PS. Neu ist, dass der Diesel künftig die Euro-6-Norm erfüllt – laut Fiat-Sprecher Florian Büngener dank eines NOx-Speicherkats. Zudem gibt es künftig eine Spritsparvariante des Basisbenziners, bei der die CO2-Emissionen durch Verbesserungen an Aerodynamik und Antrieb auf 99 Gramm je Kilometer sinken. Beide Neuheiten sind aber erst ab Herbst 2015 zu haben und konnten auch noch nicht probegefahren werden.
Egal, wie schnell
Der Fiat 500 wird in Deutschland zu 70 Prozent in der Topausstattung Lounge bestellt und zwar überwiegend mit dem 69-PS-Basisbenziner. Mit anderen Worten: Den (ganz überwiegend weiblichen) Kunden ist es ziemlich egal, wie das Auto fährt – wichtig ist das Aussehen. Also nehme ich mir als ersten Testkandidaten eine Lounge-Ausführung mit dem Volumenmotor vor. Ich erwische eine Version mit automatisiertem Schaltgetriebe. Rasch fallen die quälend langsamen Gangwechsel auf und das geringe Beschleunigungsvermögen. Besser wird es, wenn ich mit der Hand schalte – am Hebel, denn Schaltwippen sind nicht Serie – und die Gänge höher ausdrehe. Und wenn ich die Finger vom Eco-Knopf lasse, sonst wird es noch schlimmer. Kurz und gut: Dieser Antrieb folgt dem Motto “Hauptsache ankommen”.
Erlösung durch Turbo
Die Erlösung rollt für mich in Gestalt eines bordeauxroten 500 an, der den Zweizylinder-Turbobenziner mit Sechsgang-Handschaltung unter der Haube hat. Da ist zwar der Sound etwas rau und ungehobelt, aber die 105 PS beschleunigen das Wägelchen mehr als angemessen, so dass es anfängt, Spaß zu machen. Da die Start-Stopp-Automatik etwas langsam arbeitet und ich die Kupplung meist schnell kommen lasse, habe ich damit gelegentlich Schwierigkeiten beim Anfahren. Aber da könnte ich mich wohl umgewöhnen.
Wenig Platz hinter der B-Säule
Das Fahrwerk des 500 ist eher auf der hoppeligen Seite, geht aber für ein Stadtfahrzeug in Ordnung. Das gilt auch für die Lenkung – ein Cityfloh braucht keine Sportwagensteuerung. Positiv fällt auf, dass es immer noch den von Fiat-Modellen seit langem gewohnten City-Knopf gibt, der die Lenkung zum Rangieren leichtgängiger macht. Die im Testwagen montierten Ledersitze von der italienischen Firma Frau (1.200 Euro) bieten guten Seitenhalt. Allerdings sitze ich zu dicht unter dem Glasdach. Und im Fond ist nur Platz für Kinder. Mittelgroße Erwachsene stoßen mit den Knien vorne an, vor allem aber mit dem Kopf gegen das Dach. Im Kofferraum bleibt nach dem Umklappen der Rücksitzlehnen eine unpraktische Stufe. Und nur 185 bis 610 Liter Gepäck passen in den Fiat – während man beim VW Up 280 bis 952 Liter einladen kann. Nein, Geräumigkeit gehört nicht zu den Stärken des 500.
Empfehlenswertes Display für den Fahrer
Im Cockpit gibt es nach wie vor viel Shi Shi. Zum Beispiel ein Armaturenbrett in bunten Farben mit Glitzereffekt, in das auch noch Chromelemente integriert sind – die natürlich aus Plastik sind. In vielen Versionen gibt es ein weißes Lederlenkrad, das sicher gut zu akribisch manikürten Friseurshänden passt. Als Ausnahme von der Regel ist aber auch eine praktische Neuheit an Bord, ein richtiges, geschlossenes Handschuhfach nämlich. Das schicke Instrumentendisplay für 250 Euro stellt ebenfalls ein Plus dar. Es dient als Digitaltacho, doch genauso lassen sich die Abbiegehinweise des Navis und weitere Infos anzeigen.
Neues Uconnect-System
Zu den Hauptneuheiten zählt auch das neue Infotainmentsystem: Das alte Blue&Me-System wird durch “Uconnect” abgelöst. Bei der Grundausstattung besteht es nur aus einem Radio mit USB- und Aux-Anschluss. Doch die Topversion Lounge besitzt dazu noch einen Fünf-Zoll-Touchscreen, über das via Smartphone zum Beispiel Internetradio und soziale Netzwerke genutzt werden können. Die Navigationsfunktion kostet 550 Euro Aufpreis. An sonstiger Technik gibt es im 500 Xenonlicht, Rückfahrkamera und Parksensoren fürs Heck. Ein City-Notbremssystem wird aber nicht angeboten – anders als etwa beim Fiat Panda oder beim VW Up.
Wichtigste Variante wird 800 Euro teurer
Die Preise für den 500 beginnen unverändert bei 12.500 Euro, doch die wichtigste Version (die mit dem Basismotor und der Topausstattung) wird teurer. Sie kostet künftig 14.650 statt 13.850 Euro. Zum Vergleich: Ein VW Up mit 60 PS, fünf Türen und Topausstattung kostet nur 13.080 Euro.
(sl)
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