Der beste Luxus-Gran-Turismo? Test Mercedes S 500 Coupé mit technischen Daten und Preisen

September 26, 2015

Ist das der beste Gran Tourismo, den es derzeit gibt? Mercedes S 500 Coupé im Test

Mit dem 5,03 Meter langen S-Klasse Coupé ist den Schwaben ein großer Wurf gelungen. Die Designsprache des großen Zweitürers zieht sich mittlerweile durchs halbe Modellprogramm

Dank einstellbarer Luftfederung ist der Fahrkomfort fantastisch. Die optionale Magic Body Control neigt das Auto in Kurven für noch mehr Komfort

Haar, 25. September 2015
Daimlers großes Coupé hat schon wieder mehr als ein Jahr auf dem Buckel. In diesem einen Jahr konnte man ziemlich gut betrachten, was der zweitürige S-Benz für ein schneidiger Wurf geworden ist, denn so gut wie alles, was Stuttgart-Untertürkheim in diesem Zeitraum veröffentlicht hat (AMG GT, GLC, C-Klasse Coupé) sieht jetzt aus wie er. Am allermeisten sieht natürlich das in Bälde erscheinende S-Klasse Cabrio aus wie er. Über 40 Jahre mussten wir auf einen adäquaten Kontrahenten für all die offenen Rolls-Royce und Bentleys warten. Da gebietet es allein der Anstand, dass wir uns ganz selbstlos und mit aller Professionalität auf das vorbereiten, was Menschen mit goldbeknopften Sakkos und zu bunten Halstüchern demnächst von Malibu bis Grünwald fahren, wenn sie golfen, segeln, Charity machen oder irgendeiner anderen Tätigkeit nachgehen, die unendlich viel Geld verschlingt.

Eher geschmackvoll
Nun … also … das hätten wir geklärt und einen Aufhänger für diesen Test haben wir auch – es kann also losgehen mit dem Mercedes S 500 Coupé. Das hier ist schon auch gut eineinhalb Jahre nach der Premiere auf dem Genfer Salon 2014 ein verdammt ansehnliches Stück Auto. Nichts für die Krawall-Fraktion (es gibt ja auch einen S 63 und S 65 AMG), eher etwas für Menschen, die es schaffen, viel Geld nicht mit möglichst wenig Geschmack zu kombinieren. Eine ausdrückliche Ausnahme hiervon stellt der Zusatzposten “LED Intelligent Light System mit Swarovski Kristallen” dar, der den bemitleidenswerten Frontscheinwerfern für schlappe 3.332 Eurojeweils 47 funkelnde Steinchen beschert. Aber diesen Luxus muss man sich zum Glück ja nicht gönnen.

Ein Motor wie ein guter Butler
Widmen wir uns also lieber den wichtigen Dingen an diesem 5,03 Meter langen Daimler-Aushängeschild. Dem absolut hinreißenden 4,7-Liter-Biturbo-V8 zum Beispiel. Trotz reichlich mächtiger Zahlen (455 PS, 700 Newtonmeter) ist er kein pöbelnder, aufdringlicher Selbstdarsteller. Um in der Sprache der Reichen und Schönen zu bleiben: Ein Motor wie ein guter Butler. Du siehst ihn nicht, du hörst ihn nicht, doch wenn du ihn brauchst, ist er da. Und wie. Wird Druck gefordert, gibt es Druck. Sehr viel Druck. In 4,6 Sekunden geht es auf 100 km/h und das Spielchen von 100 bis 200 km/h ist beinahe noch beeindruckender. Die zugehörige Neungang-Automatik fügt sich nahezu ansatzlos in das “geschmeidige Granate”-Gefühl ein und der Klang ist eine subtile, aber einnehmend tiefgründige Schau. Ein wärmender, wohlig massierender V8-Regen, der so geschmackvoll daherkommt wie der gesamte Antrieb: Immer im Hintergrund, nie im Zweifel.

Magische Kurvenlage
Ganz ähnlich stellt sich die Situation beim Fahrverhalten dar. Alles gleitet, nichts hetzt. Die einstellbare Luftfederung lässt den S-Benz fließen, wie man sich das von einem GT dieser Größe wünscht. Und mit der sündhaft teuren (5.058 Euro), aber reichlich magischen “Magic Body Control” samt Kurvenneigetechnik legt sich das Auto sogar in die Krümmung. Das Ganze erinnert an furchtlose Motorrad-Cracks, dient aber nicht wirklich der Erzielung noch größerer Kurvengeschwindigkeiten, sondern schlicht dem Streben nach noch mehr Komfort. Das merkt man schon allein daran, dass die Verneigung vor der Biegung im Sportmodus nicht verfügbar ist. Ziemlich eindrucksvoll ist das Prozedere in der Praxis aber dennoch. Coupé wie Insassen bleiben auch in schnell durchfahrenen Ecken oder flotten Richtungswechseln gerade wie ein wohlgeratener Baum. Kein Schwanken, kein Wackler – es ist wirklich verblüffend.

Eher Hochgeschwindigkeitszug
Ich bin noch gar nicht zu all den Assistenzsystemen und Fahrhilfen vorgedrungen (der S 500 besitzt wirklich alles, woran sehr schlaue Ingenieure nur denken können) und trotzdem sieht man schon, dass dieses Auto intelligenter sein muss, als ein mittelgroßes Rechenzentrum. Der eine, nicht sooo gravierende Nachteil daran ist: Das S-Coupé ist wirklich mehr Transkontinental-Hochgeschwindigkeitszug als kurvenräubernde Spaßmaschine. Man fühlt richtig, wie die Elektronik für Tonnen an Traktion sorgt und die immerhin 2.030 Kilo bravourös in Zaum hält, an die Agilität und Verspieltheit zum Beispiel eines BMW 6er reicht das S-Klasse Coupé allerdings nicht heran.

Alles assistiert
In diesem Interieur kommt man aber auch nicht unbedingt darauf, wild fliegende Hecks zu produzieren oder die Gummimischung der Hinterreifen in Todesangst zu versetzen. Der Mix aus Luxushotel, Designkonferenz und Elektronik-Fachgeschäft (die beiden Bildschirme sind wirklich monumental) regt eher zum Genießen an. Vielleicht auch zum Tanzen, wenn Sie das in unserem Testwagen verbaute Furnier “designo Esche metallisiert” ordern. Es sieht ein bisschen aus, als wäre ein Zebra in eine Discokugel gelaufen. Aber seis drum, denn alles hier drin assistiert, verwöhnt und informiert auf allerhöchstem Niveau. Mit dem Abstandsregeltempomaten samt Lenk-Assistent und Stop&Go-Pilot wird der große Schöne im Prinzip sogar zum autonomen Fahrzeug. “Im Prinzip” bedeutet: Lassen Sie trotzdem ihre Hände am Lenkrad, sonst könnte es Ärger mit Behörden und/oder Versicherung geben.

Insgesamt wohl der Beste
Alles in allem dürfte das Mercedes S 500 Coupé vielleicht nicht der sportlichste, aber wohl der insgesamt beste Gran Tourismo sein, den man derzeit kaufen kann. Technik, Antrieb, Komfort und das Geräuschniveau sind schon eine Klasse für sich. Den von Mercedes angegebenen Normverbrauch von 8,3 Liter verfehlten wir allerdings “leicht”. Bei uns waren es auf etwa 800 Testkilometer gute 12,5 Liter im Schnitt. Den zweitürigen S 500 gibt es ab 122.154 Euro. Dieser Betrag ist nach oben hin ziemlich offen, der nahezu vollausgestattete Testwagen brachte es auf 155.900 Euro. Zum Vergleich: Ein BMW 650i Coupé mit 450 PS startet bei 90.700 Euro, ein Bentley Continental GT V8 mit 507 PS kostet mindestens 170.051 Euro.
(sw)

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