Test Nissan Leaf mit 30-kWh-Batterie: Preise und technische Daten

October 21, 2015

Der Nissan Leaf war lange Zeit der Reichweiten-Primus der kompakten Elektro-Autos

Irgendwann kam die Konkurrenz von Kia oder Renault mit einer Akkuladung aber einfach weiter

Mit der neuen 30-kWh-Batterie holt sich der Leaf den Spitzenplatz zurück

Nizza (Frankreich), 15. Oktober 2015
Lange Zeit war der Nissan Leaf der Reichweiten-König der kompakten Elektro-Fahrzeuge. Doch mit den Jahren kam neue Konkurrenz und stürzte den Japaner vom Thron. KIA Soul EV und Renault Zoe kamen mit ihren Akkus schlicht weiter als der einstmalige Vorreiter. Mit dem Modelljahr 2016 kämpft sich der Leaf aber zurück an die Spitze der Kilometer-Rangliste. Dank einer neuen 30-Kilowattstunden-Batterie und 26 Prozent mehr Reichweite will der Leaf mehr sein als ein Außenseiter für überzeugte Spritsparer und Umweltretter – nämlich ein komplettes Auto für den täglichen Gebrauch. Wir nahmen ihn in einer etwas anderen Challenge am legendären Col de Turini unter die Lupe – und waren überrascht.

Der Schein trügt
Rein optisch hat sich nicht viel getan: außen eine neue Farbe (Bronze) und eine neue Dachantenne, innen ein neues Navi, mehr lässt nicht auf die 2016er-Generation des Leaf schließen. Unter dem Kleid des 1.516 Kilogramm schweren Fünftürers steckt dagegen eine wichtige Weiterentwicklung: die Batterie mit sechs Kilowattstunden mehr Kapazität. Die Dichte der Zellen wurde erhöht und die Elektroden bestehen jetzt aus Kohlenstoff, Stickstoff und Magnesium. Das führt zu einer Reichweitenerhöhung um 26 Prozent – auf neuerdings 250 Kilometer. Die Dauer für einen Schnellladevorgang bleibt dabei gleich, nach 30 Minuten sind 80 Prozent der Batterie wieder aufgefüllt. Lediglich das Gewicht des Akkus steigt durch die neuen Materialien um 21 Kilogramm an.

Der ultimative Test
Doch wie macht sich die neue Batterie im Alltag bemerkbar? Um herauszufinden, ob die größere Reichweite den Leaf in ein vollwertiges Alltagsfahrzeug verwandelt, schickt Nissan uns den berühmt-berüchtigten Bergpass Col de Turini in den französischen Seealpen hinauf. Die Aufgabe: So effizient fahren wie nur möglich. Wer auf der Passhöhe die größte Restreichweite übrig hat, gewinnt. Unser Kampfgeist ist geweckt, es kann losgehen. Wir fädeln uns in den lebendigen Stadtverkehr von Nizza ein und schon kann der Leaf – E-Antrieb sei Dank – punkten: Kein nervig ruckelndes Start-Stop-System, kein Krampf im linken Bein vom ständigen Kuppeln – Entspannung pur.

Er ist so still
Mit einem leisen Sirren schlängelt sich der Nissan durch die engen Straßen. Durch den fehlenden Motorsound nimmt man Umgebungsgeräusche wie Sirenen, spielende Kinder oder vorbeibrausende Motorroller viel besser wahr. Folglich trägt der Elektromotor sogar ein bisschen zur Verkehrssicherheit bei, man ist einfach aufmerksamer. Ebenfalls sehr angenehm ist, dass die 255 Newtonmeter Drehmoment konzeptbedingt schon ab dem ersten Meter voll anliegen. Perfekt für kurze Zwischensprints auf Kreuzungen, an gelben Ampeln oder in den häufig durch französische Kamikaze-Piloten verursachten Gefahrensituationen.

Raus aus der Stadt, auf ungewöhnliches Terrain
Das überarbeitete Navi – man kann nun auf einem Smartphone-ähnlichen Touchscreen zoomen, wischen und blättern – führt uns weg von der Mittelmeerküste und hinauf in die steilen Seealpen. Konnten wir die Batteriekapazität bisher noch durch gezieltes rekuperieren im “B-Modus”, bei dem die “Motorbremse” stärker genutzt wird, relativ hoch halten, zehrt die haarnadelgespickte Bergstrecke merklich an der Reichweite des Leaf. Natürlich würde auch der Durchschnittsverbrauch eines Verbrenners in die Höhe schnellen, aber im dünnen Netz der Ladestationen tut jedes Prozent weh, das auf der Anzeige fehlt. Man merkt: Die geringe Verbreitung von Elektro-Tankstellen – europaweit gibt es gerade mal 2.308 Nissan-kompatible Schnelllader “CHAdeMO” – nimmt dem Fahrer ein Stück weit das Vertrauen in die moderne Technik. Schade, denn langweilig, langsam oder gar störend ist der Elektroantrieb selbst auf einer Strecke wie dem Col de Turini nicht. In Verbindung mit dem recht hart gefederten Fahrwerk des Leaf lassen sich Kurven durchaus schwungvoll nehmen und so auch wichtige Batteriekapazitäten einsparen. Man kann richtig Spaß daran haben, effizient zu fahren und möglichst viel Reichweite herauszuholen.

Bergab geht es wieder bergauf
Wir erreichen die Passhöhe nach knapp 80 Kilometern mit einer Restkapazität von 39 Prozent, kein schlechter Wert nach der kraftzehrenden Kletterpartie auf über 1.600 Höhenmeter. Von nun an geht es über gefühlt hunderte Kehren wieder bergab an die Küste: Rekuperation ist angesagt. Schnell hat man sich umgestellt und nutzt Motor- und Scheibenbremse in Kombination – eine sehr effektive Art und Weise, der Batterie neues Leben einzuhauchen. Mit dem Modelljahr 2016 rekuperiert der Nissan schon ab einer Geschwindigkeit von drei km/h, bisher fand der Vorgang erst ab sieben km/h statt. Am Fuße des Col de Turini haben wir dank flotter Gangart den Prozentsatz der Restreichweite auf 55 Prozent anheben können. Das soll dem Leaf ein klassischer Verbrenner mal nachmachen: sportlich fahren und dafür belohnt werden – mit mehr Reichweite und einem grünen Gewissen.

Die Langstreckenfrage
Klar, für lange Überlandfahrten quer durch die Republik oder in den wohlverdienten Italien-Urlaub ist der Leaf noch nicht bereit. Das liegt aber nicht am Fahrzeug selbst sondern an der – noch – knappen Versorgung durch Schnellladestationen. Plant man seine Route sorgfältig, checkt vorher ab, ob die angedachten Strom-Tankstellen funktionieren und nimmt genügend Zeit mit, kann aber auch eine längere Reise mit dem Leaf durchaus Wirklichkeit werden. Dabei kann sogar so etwas wie Pioniergeist aufkommen, denn man muss bei der Vorbereitung schon sehr akribisch sein. Schnell den Ersatzkanister aus dem Kofferraum nehmen und fünf Liter nachkippen ist nicht drin – leer ist leer.

Ein ganz normales Auto
Zwar lässt das Fahrwerk gerne mal ein paar gröbere Bodenwellen und Stöße durch, im Großen und Ganzen ist der Leaf aber sehr bequem. Die Sitze sind etwas hoch montiert, das Lenkrad nur in der Höhe verstellbar und der Kofferraum mit einer sehr hohen Ladekante gesegnet – zusammengefasst ist der Leaf also doch ein Auto wie (fast) jedes andere auch. Das etwas sehr knutschkugelige Design kann man ihm nachsehen, sorgt es doch mit dem fast vollständig verkleideten Unterboden für einen cW-Wert von 0,28, was wiederum die Effizienz steigert.
(mf)

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