Toyota RAV4 2.5 Hybrid im Test: Für Vernunftmenschen

January 16, 2016

Der geliftete RAV4 startet am 29. Januar 2016. Der Vorverkauf begann allerdings schon im November 2015

Das Kompakt-SUV misst nun 4,61 Meter und tritt gegen Honda CR-V und Mazda CX-5 an. Der Segmentbestseller VW Tiguan ist deutlich kleiner

Ein unangemessen großer Dachspoiler gehört nach wie vor zu den Besonderheiten des RAV4

Alicante (Spanien), 15. Januar 2016
Öl kostet derzeit gerade mal 30 Dollar pro Fass und der Liter Diesel fließt teilweise schon für 90 Cent in den Tank: Für Sprit sparende Autos ist dies beileibe nicht die allerbeste Zeit. Der Verbrauch ist bei den meisten Käufern in den Prioritätskeller gerutscht. Doch in zwei Jahren kann das alles wieder ganz anders aussehen. Und so lohnt sich vielleicht ein Blick auf den neuen Toyota RAV4, der nun erstmals mit Sprit sparendem Hybridsystem auf den Markt kommt. Wir haben das Auto getestet.

Kein Aufladen an der Steckdose
Die 2013 eingeführte vierte Generation des RAV4 erhält nun ein Facelift. Die Änderungen sind gering: Der Radstand blieb gleich, die Länge wuchs um gerade mal drei Zentimeter (auf 4,61 Meter) und auch die Optik wurde nur wenig modifiziert. Die eigentliche Neuheit ist, dass es das Kompakt-SUV nun auch als Hybrid gibt. Wohlgemerkt: als normalen Hybrid, nicht als Plug-in-Hybrid mit Auflademöglichkeit. Wie den Lexus NX 300h, der auf der gleichen Plattform aufsetzt und technisch sehr ähnlich ist, gibt es das RAV4 Hybrid mit Front- und Allradantrieb.

Wiedervorlage: Das leistungsverzweigte System
Toyota setzt auch hier wieder sein “leistungsverzweigtes” Hybridsystem ein. Zur Erinnerung: Dabei wird die Kraft des Verbrenners teilweise mechanisch auf die Achse übertragen, zum anderen Teil über einen Generator und einen E-Motor. Das Verhältnis der beiden Pfade wird von einem Planetengetriebe in Zusammenarbeit mit einer elektronischen Steuerung geregelt. Dieser “Hybrid Synergy Drive” ist im Prinzip bei allen Toyota-Hybriden der gleiche. Während aber etwa beim Prius ein 1,8-Liter-Benziner eingebaut wird, ist es beim RAV4 ein 2,5-Liter mit ebenfalls vier Zylindern und 155 PS.


Drei Elektromotoren plus ein Verbrenner
Dazu kommen bis zu drei Elektromotoren. Vorne arbeitet eine dieser Maschinen als Generator und eine (mit 105 Kilowatt oder 142 PS) als Antriebsaggregat für die Vorderachse. Dazu kommt beim Allradler ein 50 Kilowatt (68 PS) starker E-Motor an der Hinterachse. Das System wird komplettiert von einer Nickel-Metallhydrid-Batterie. Warum keine Lithium-Ionen-Akkus? Weil man deren hohe Leistungsdichte bei einem normalen Hybrid mit der typischen kleinen Batterie nicht braucht, sagt Toyota-Sprecher Thomas Heidbrink. Lithium-Ionen-Batterien müssten außerdem oft gekühlt werden. Nachteil der größeren Batterien: Ein Teil des Kofferraums geht flöten. So fasst der Kofferraum beim Hybrid 501 bis 1.633 Liter, bei den konventionellen Modellen aber 547 bis 1.746 Liter. Wesentlicher ist: Die Akkus machen einen planen Ladeboden unmöglich.

197 PS, die man nicht spürt
Aber zurück zum Hybridsystem: Die Systemleistung beträgt 197 PS. Es gibt drei Modi: EV, Eco und Sport. Im Sportmodus zum Beispiel steht der Zeiger des linken Rundinstruments öfter auf “PWR” (Power) statt auf “Eco”, ansonsten kann man die Betriebsarten vernachlässigen, sie ändern wenig am Fahrgefühl. 197 PS hören sich nicht schlecht an, und auch die Norm-Sprintzeit ist mit 8,3 Sekunden sportlich. Umso enttäuschender ist die Höchstgeschwindigkeit von nur 180 km/h. Aber vor allem ist das Fahrgefühl nicht so gut, wie man bei fast 200 PS erwarten könnte. Da nach unserer Erfahrung oft das Drehmoment für den Fahrspaß ausschlaggebend ist, vermuten wir, dass es an einem niedrigen Systemdrehmoment liegt. Vielleicht gibt Toyota es deshalb bei keinem seiner Hybridmodelle an?

Weniger Gummiband-Feeling
Zum Teil ist aber auch das Getriebe am mangelnden Fahrspaß schuld. Es fühlt sich ähnlich wie eine CVT-Automatik an, obwohl es sich um ein Planetengetriebe handelt. Der berüchtigte “Gummibandeffekt” ist auch hier spürbar: Das Motorgeräusch steigt beim Gasgeben nicht kontinuierlich an, sondern geht schlagartig hoch, während die “passende” Geschwindigkeit erst langsam hinzukommt. Toyota hat den Effekt beim RAV4 angeblich verringert. Dazu wird die Umdrehungszahl des Motors beim Beschleunigen langsamer als bisher gesteigert, was ein lineares Gefühl ergeben soll. Das mag im direkten Vergleich so sein, aber wenn man “normale” Getriebe gewöhnt ist, verleidet es einem das Gasgeben. Der verringerte Gummibandeffekt ist ein technischer Unterschied zum Hybrid-NX. Dazu kommt, dass der RAV4 zwar ebenfalls sechs simulierte Gänge hat, aber keine Schaltpaddles wie der Lexus.

Offiziell fünf, real eher acht Liter je 100 Kilometer
Wichtiger als Schaltpaddles ist sicher der Verbrauch. Unser Bordcomputer meldete Werte um acht Liter. Der offizielle Spritbedarf liegt bei 4,9 bis 5,1 Liter, wobei der Allradler gerade mal 0,1 Liter über dem Fronttriebler liegt – die Hinterachse wird ja nur bei bedarf hinzugeschaltet. Ein weiterer Vorteil der AWD-Variante ist, dass man damit gebremste Anhänger bis zu 1.650 Tonnen ziehen darf, während es beim Fronttriebler nur die Hälfte ist.

Angenehmes Fahrwerk, hässliches Cockpit
Das Fahrwerk hinterlässt einen positiven Eindruck: Weder wird es einem auf Serpentinen durch Karosseriewanken schlecht, noch verschlimmert sich ein Bandscheibenvorfall durch starke Erschütterungen. Auch die Lenkung fiel zumindest nicht negativ auf. Zum guten Kurvenfeeling tragen die guten Seitenhalt gewährenden Vordersitze bei. Zu den Stärken des RAV4 gehört das Platzangebot im Fond. Die Oberflächen im Cockpit sind nun üppiger gepolstert, doch die Gestaltung “riecht” noch immer sehr nach Toyota. An vielen Stellen macht sich graues Hartplastik breit, es stört vor allem am hässlichen Wahlhebel. Auffällig ist auch, dass die Japaner noch immer auf eine traditionelle Handbremse setzen – die noch Freunde hat, auch wenn wir inzwischen eine elektrische vorziehen, weil sie sich automatisch beim Losfahren löst.

Technik-Update
Ansonsten gab es bei der Technik Fortschritte. Das Antikollisionssystem setzt nicht mehr nur eine Frontkamera zur Erkennung von Hindernissen ein, sondern zusätzlich noch einen Radar. So können nicht nur Fußgänger erkannt werden, es wird auch ein Abstandstempomat möglich. Das empfehlenswerte Safety Sense System für 750 Euro umfasst zudem noch einen Spurhalteassistenten, einen Fernlichtassistenten und eine Verkehrszeichenerkennung. Neu ist auch ein 360-Grad-Kamerasystem, das das Rangieren erleichtert. Nachteil: Das System schaltet sich automatisch bei jedem Ampelstopp ein – auf die Dauer nervt das.

Vor allem als Hybrid
Die Preise für das Hybridmodell beginnen bei 31.990 Euro, der Allradler ist 3.000 Euro teurer. Für alle, die mit einem Diesel liebäugeln: Den 151 PS starken Selbstzünder-RAV gibt es als Fronttriebler in vergleichbarer Ausstattung für 29.790 Euro. Der Hybrid ist also 2.200 Euro teurer. Dennoch will Toyota 60 Prozent Hybridanteil erreichen. Dazu ist zweierlei zu sagen. Erstens verringert sich die Preisdifferenz durch die hybridspezifische Mehrausstattung (LED-Scheinwerfer, Smartkey-System und Automatik). Aber jetzt kommt der Hammer. Derzeit ist ein Fernsehspot zu sehen, in dem für den Auris ein Hybridvorteil von 3.000 Euro ausgelobt wird. 3.000 Euro! Auf Nachfrage sagte mir Produktmanager Christian Sowa, dass dieser Rabatt auch für den RAV4 gelten werde. “Wir kommunizieren das derzeit nicht, aber ja, das wird kommen.”
(sl)

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