Walluf, 14. Mai 2014
Wer sparsam von A nach B fahren will und alle Instrumente außer dem Tacho in einem Auto überflüssig findet, sollte sich einen Dacia Sandero kaufen. Wer heiß auf Technik ist, Displays interessanter findet als die Beifahrerin und schon immer gern mit Elektronikzeugs gespielt hat, wird dieses Auto mögen. Das heißt, der Begriff “Auto” umfasst den Mitsubishi Plug-in-Hybrid Outlander nicht mehr ganz. Er ist nicht nur ein Allrad-SUV mit Plug-in-Hybridantrieb, sondern auch ein mobiler Energiespeicher fürs Hausstromnetz. Von Mitsubishi wird der mehrmotorige Outlander als das erste Plug-in Hybrid SUV der Welt beworben. Das stimmt soweit, denn Konkurrent BMW wird einen entsprechenden Serien-X5 erst im Jahr 2015 unter Strom setzen.
In anderen Ländern bereits auf dem Markt
Der Hybrid-Outlander wird in Japan schon seit Anfang 2013 verkauft, in Europa ist er seit Herbst 2013 in verschiedenen Ländern auf dem Markt, so auch in den Niederlanden. Dort wurden laut Mitsubishi bereits über 10.000 Fahrzeuge unters Volk gebracht. Die Kauflaune liegt dort vor allem an der staatlichen Förderung von Elektromobilität, die bei uns in dieser Form nicht stattfindet. Immerhin lagen laut Werner Frey, dem Mitsubishi-Chef in Deutschland, im Mai 2014 schon 500 Vorbestellungen für den Hybriden vor.
Hoch sitzen, viel Platz haben
Von außen unterscheidet sich der besondere Outlander kaum von seinen herkömmlichen Geschwistern. Dass es links und rechts je eine Tankklappe gibt, wird kaum jemandem auffallen. Und auch innen ist der Hybride ein typisches SUV mit den vertrauten praktischen Eigenschaften. Sprich: Man sitzt schön hoch, im Fond gibt’s genügend Platz für Kopf und Knie, der Kofferraum ist geräumig. Die Innenabmessungen haben übrigens kaum gelitten, obwohl unter Fahrer und Beifahrer die Lithium-Ionen-Batterie sitzt und an der Hinterachse einer von zwei Elektromotoren surrt. Eine zweite E-Maschine ist vorn am Zweiliter-Otto angebracht, eine mechanische Verbindung zwischen Vorder- und Hinterachse gibt es nicht.
Toplinie mit Navi und Soundsystem
Unser Testwagen der Ausstattungslinie Top ist ab Werk mit Extras vollgepackt und hat daher nicht nur ein Multimedia-System mit großem Display, sondern auch ein Rockford-Fosgate-Sound-System an Bord. Auffällig ist ein niedliches Wahlhebelchen in der Mittelkonsole, das allerdings kein Getriebe bedient, sondern der Motorensteuerung sagt, ob man vorwärts oder rückwärts fahren möchte, parken will oder die Elektromotoren zur Rekuperation und damit zum Bremsen einsetzen möchte.
Flüsternd losrollen
Fahren lässt sich der Hybrid-Outlander trotz seiner Technikfülle so simpel wie ein gewöhnliches Auto. Also: Start-Knopf drücken, Fahrstufe einlegen, Fuß von der Bremse nehmen und flüsternd losrollen. Das geht so leise, dass wir beinahe die Fenster runterlassen und die Musik aufdrehen wollen, damit uns die Passanten am Straßenrand auch hören können und nicht plötzlich auf die Straße laufen. Nach dem Start sind immer nur die Elektromotoren aktiv, die ihren Strom aus der Fahrbatterie ziehen. Bei gelassener Fahrweise reicht die Energie für über 50 Kilometer, es sind maximal sogar 120 km/h Spitze drin. Da geht den Hybrid-Varianten von Audi Q5, VW Touareg oder Range Rover mit etwa drei Kilometer Reichweite nicht nur wesentlich früher der Saft aus, sie sind auch mit rein elektrischen 60 km/h deutlich langsamer.
Verbrenner als Generator und als Antriebsmotor
Doch Theorie ist das eine, im täglichen Straßenverkehr muss man natürlich auch mal schnell sein oder Steigungen erklimmen. Beim stärkeren Gasgeben – nennen wir das einfach mal so, auch wenn es technisch nicht mehr ganz stimmt – springt der Zweiliter-Otto an und versorgt mit Hilfe einer Generator-Funktion die jeweils 82 PS starken Elektromotoren zusätzlich mit Saft. Über 120 km/h und beim Kickdown hilft der Ottomotor auch direkt beim Antrieb der Vorderachse. Die Geräuschkulisse dabei bringt uns jedoch dazu, Sprint-Orgien schnell sein zu lassen: Der 121-PS-Benziner wird laut und klingt hörbar gequält, der Sound erinnert an ein Auto mit stufenlosem CVT-Getriebe. Zudem ist das Hybrid-Mobil nicht besonders spaßbringend spritzig, bis Tempo 100 vergehen klebrige elf Sekunden. Überhaupt sollte man Dynamik-Ambitionen stecken lassen: Der Aufbau neigt sich in schnell gefahrenen Kurven spürbar zur Seite. Die Fahrwerksabstimmung ist in Sachen Komfort gerade noch akzeptabel, da Querrillen und kleinere Straßenunebenheiten fühlbar nach innen weitergeleitet werden. Wenn wir bergab rollen, bremsen oder einfach nur Gas wegnehmen, wird der Akku per Rekuperation wieder geladen. Wie stark, können wir mithilfe von zwei Lenkradwippen in sechs Stufen einstellen. In der höchsten Stufe ist dann auch die größte Bremswirkung zu spüren.
Blitzschnelle Modi-Wechsel
In der Praxis passiert das Zusammenspiel von Motoren und Batterie in den genannten Modus-Wechseln blitzschnell und völlig automatisch. Es lässt sich aber schön an den Displays zwischen Powermeter und Tacho sowie in der Mittelkonsole erkennen, welche Motoren gerade aktiv sind, ob die Strömlinge zurzeit in den Akku oder von dort raus zu den Motoren rennen und für wie viele Kilometer noch Energie da ist. Für besonders wirtschaftliches Fahren wachsen sogar bis zu fünf grüne Blätter am Monitor – das fördert den Spiel- und Spartrieb ungemein. Die Fülle der ablesbaren Informationen lenkt den Blick jedoch fast über Gebühr von der Straße ab.
5,8 Liter im reinen Benzinbetrieb
Die Anzeige verrät jedoch auch, was passiert, wenn der Saft der Batterie alle ist und nur noch der Verbrenner für die Stromerzeugung oder den Achsantrieb verantwortlich ist. Dann nämlich bewegt sich die herkömmliche Tankanzeige ziemlich schnell nach unten. Mitsubishi nennt einen Wert von 5,8 Liter für den reinen Benzinantrieb, der Bordcomputer hat uns jedoch bei leerer Fahrbatterie sieben Liter und bei sehr forcierter Fahrweise über zehn Liter angezeigt. Als kombinierten Verbrauch nennt Mitsubishi 1,9 Liter Benzin und 13,4 Kilowattstunden auf 100 Kilometer – die sind allerdings nach der umstrittenen NEFZ-Methode gemessen, die sich nur sehr wenig an der Realität orientiert.
Strom für die Umweltzone sichern
Vor dem Wahlhebel finden sich drei interessante Tasten. Drücken wir auf “Charge”, wird die Batterie auch während langsamer Fahrt vom Verbrenner-Generator aufgeladen. Der Knopf “Save” speichert die elektrische Energie im Akku, bis wir sie brauchen. Das kann beispielsweise die City einer Großstadt sein, wenn dort wegen Smog-Alarms nur noch lokal emissionsfreie Autos fahren dürfen. Die dritte Taste bewirkt, dass die Kraft der Elektromotoren von Vorder- und Hinterachse im festen Verhältnis 50:50 verteilt wird, also quasi wie bei einem Allradauto mit Mitteldifferenzialsperre. Schließlich ist der Hybrid-Outlander ja auch ein SUV mit Allradantrieb und darf Anhänger bis 1.500 Kilogramm ziehen.
Verschiedene Möglichkeiten zum Aufladen
Ja, und wie wird der Akku im Outlander geladen? Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zum einen tankt die Batterie durch die genannte Generator-Funktion des Verbrenners während der Fahrt oder im Stand quasi mit dem eigenen Kraftwerk wieder auf. Zum anderen saugt sich die Batterie an einer 230-Volt-Steckdose per Haushaltsstecker in fünf Stunden voll, per Mode-3-Ladekabel in vier Stunden. Ganz fix geht’s per Schnellladung, dann sind innerhalb einer halben Stunde 80 Prozent der Batterieleistung an Bord.
Auto als mobiler Stromspeicher
Für Hausbesitzer mit Photovoltaikanlage bieten sich völlig neue Möglichkeiten. Mit dem Strom, den die Anlage auf dem Hausdach erzeugt, kann die Batterie des SUVs gefüllt werden. Im Gegenzug ist es auch möglich, die Energie aus der Fahrzeugbatterie zurück ins Hausstromnetz zu speisen. Der Outlander dient damit als mobiler Stromspeicher. Diese Funktion wird über eine Power-Box ermöglicht, die den Gleichstrom im Auto in den Wechselstrom des Hauses verwandelt. Mitsubishi will diese Box, die in Japan bereits zum Einsatz kommt und dort etwa 1.300 Euro kostet, auch bei uns anbieten.
Empfohlene Plus-Ausstattung
Der billigste Plug-in-Hybrid-Outlander kostet 39.990 Euro, das ist etwa so viel, wie der 150-PS-Diesel in Topausstattung kostet. Vom Hybrid-Basismodell raten wir jedoch ab, es hat zwar eine Zweizonen-Klimaautomatik dabei, aber weder Schaltwippen für die Einstellung der Rekuperation, noch eine Energieflussanzeige in der Mittelkonsole. Die ist dafür beim 44.990 Euro teuren “Plus”-Modell ebenso montiert wie das Navigationssystem, Xenon-Scheinwerfer und eine Warmwasser-Standheizung. Die Spitzenlinie “Top” kommt für 49.990 Euro darüber hinaus zusätzlich mit einer Lederausstattung, elektrischer Sitzverstellung, einem Spurhalteassistenten und einem Abstandstempomaten. Leider muss man sich für eine der Linien entscheiden, denn die bei anderen Herstellern übliche Liste mit einzeln zubuchbaren Extras beinhaltet hier nur einen einzigen Punkt: die Metalliclackierung für 580 Euro.
(hd)
- Zur Bildergalerie (23 Bilder)
- Immer informiert mit AutoNEWS: Mit einem Klick zum Newsletter
Recent Comments