Žilina (Slowakei), 2. Juli 2015
Lada und Dacia sind derzeit wohl die einzigen Marken, die nicht Premium sein wollen. Noch nicht. Das so oft strapazierte P-Wort lässt sich mit luxuriös übersetzen, aber eine Prise Fortschritt und etwas Sportlichkeit dürfen auch drin sein. Auch der nun geliftete Kia Cee’d ist angeblich für “Premium-Ansprüche” konzipiert. Wir haben ihn getestet.
Highlight: Ein neuer Dreizylinder-Turbobenziner
Neu neben dem modifizierten Außendesign ist die Ausstattung GT Line, die (mit einer ähnlichen Optik wie die 204 PS starke Topversion GT) sportliche Akzente setzt. Auch ein Sieben-Zoll-Navi und etliche Assistenten kommen hinzu, darunter ein Totwinkelwarner, ein Querverkehrswarner und eine Verkehrszeichenerkennung. Die Highlights sind jedoch ein Doppelkupplungsgetriebe für den oft bestellten Diesel und vor allem – trara! – ein moderner Dreizylinder-Turbobenziner namens 1.0 T-GDI. Kia hat also demnächst einen waschechten Downsizing-Motor im Katalog, einen Aggregatetyp, der derzeit sehr angesagt ist.
Ein verhaltenes Hurra
Modisch sind sie, die kleinen Turbobenziner, aber das muss ja noch nichts heißen. Das Hauptargument dafür ist Sparsamkeit. Der von Kia selbst entwickelte Direkteinspritzer ist keine Ausnahme: Die 4,9 Liter Normverbrauch des fünftürigen Cee’d 1.0 T-GDI mit 120 PS sind ein guter Wert. Schlechter zwar als die Verbräuche der Dreizylinder-Konkurrenz, aber besser als die entsprechenden Vierzylindermodelle. Also ein dreifaches Hoch auf die kleinen Turbobenziner. Allerdings bitte ein verhaltenes. Denn mit neuen Verbrauchszyklen kann sich der Wind schnell wieder drehen – die Einführung des ursprünglich für 2017 geplanten Welt-Zyklus WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Cycle) könnte deutliche Verschiebungen bringen.
Beschleunigungsspaß
Außerdem haben die aufgeladenen Dreizylinder oft nicht so viel Drehmoment wie die Vierzylinder-Konkurrenz (mit größerem Hubraum). Der Kia-Motor bietet mit 171 Newtonmeter bei 1.500 bis 4.000 Touren für die Leistungsklasse nicht sehr viel. Ähnliches gilt für den Normsprint in 11,1 Sekunden – der Golf Bluemotion 1.0 TSI ist fast anderthalb Sekunden schneller. Wichtiger als die Zahlen aus dem Datenblatt ist natürlich die Praxis. Der Eindruck beim Beschleunigen ist positiv. Vor allem, wer die Gänge nicht allzu hoch ausdreht – und das tun im Allgemeinen nur besonders sportliche Fahrer –, ist mit dem kleinen Turbomotor gut bedient. Der untere Drehzahlbereich ist die Domäne des kleinen 1.0 T-GDI. Die hakelige Sechsgang-Schaltung mit ihren langen Wegen gießt allerdings etwas Wasser in den Wein.
Angenehmer Sound
Der Sound ist ein klein wenig rau, wie es sich für einen Dreizylindermotor gehört. Für mich könnte der Klang ruhig noch etwas präsenter sein, gerne auch elektronisch verstärkt wie beim Cee’d GT. Der Spritverbrauch lag laut Bordcomputer bei 7,4 Liter – also wie fast immer etwa 50 Prozent mehr, als im Datenblatt steht. Das Fahrwerk mit aufwendiger Mehrlenker-Hinterachse befriedigt auch auf dem teilweise schlechten Belag unserer slowakischen Teststrecken. Die Lenkung wirkt zunächst unangenehm leichtgängig, lässt sich aber per Lenkradschalter bändigen, indem man auf “Sport” umstellt.
Viel Innenraum, aber Materialschwächen
Der Innenraum in der Ausstattung GT Line ist in Schwarz gehalten und wird von Klavierlack-Details und sparsamem Chromeinsatz verschönert. Auf den ersten Blick wirkt das edel, doch Materialien und Verarbeitung erfüllen noch nicht “Premium-Ansprüche”. So knarzen etwa die Türinnengriffe bei Berührung stark, als gehörten sie zur Tür eines alten Spukschlosses, und auch das Plastik am Armaturenbrett wirkt eher billig. Und die Sitze im gefahrenen Modell sind lange nicht so gut wie die Recaro-Möbel im Spitzenmodell GT. Aber im Fond fühlen sich auch Erwachsene wohl, und 380 bis 1.318 Liter Kofferraum sind in der Kompaktklasse eindeutig überdurchschnittlich. Außerdem lässt sich das Gepäckabteil gut nutzen.
Hoher Einstiegspreis
Am 26. September 2015 ist Marktstart für das neue Modell des Kompaktwagens – das betrifft nicht nur den fünftürigen Cee’d, sondern auch den dreitürigen Pro_Cee’d und den Kombi Cee’d Sportswagon. Wer dann aber gleich zum Händler läuft, dürfte erschrecken. Denn für den Cee’d 1.0 T-GDI sind 22.390 Euro zu zahlen. Damit ist der Kia deutlich teurer als ein Golf TSI Bluemotion für 20.450 Euro. Da das Preisargument – neben den markentypischen sieben Jahren Garantie – nach wie vor für viele Kia-Kunden wichtig ist, dürfte sich die Nachfrage erstmal in Grenzen halten. Den 1.0 T-GDI gibt es zunächst nur in der hochwertigen Ausstattung GT-Line. So mancher Käufer würde aber sicher lieber ein paar hundert Euro sparen als Sportschnickschnack wie 17-Zoll-Alufelgen, Alupedale oder den schwarzen Dachhimmel mit bezahlen zu müssen. Auch Abbiegelicht, Tempomat und Parksensoren hinten braucht nicht jeder.
Meine Weihnachtswünsche
Aber bis Weihnachten sind es ja nur mehr vier Monate. Also wünsche ich mir von Kia eine neue Preisliste mit dem 1.0 T-GDI in der Version Edition 7 – also mit Klimaanlage und CD-Radio, aber ohne den anderen Klimbim. Dann dürfte das Auto 2.900 Euro günstiger sein und etwa 19.500 Euro kosten. Dann wäre er attraktiv für mich. Irreal ist mein Wunsch nicht, denn laut Kia soll der 1.0 T-GDI ab 2016 nicht nur in einer zusätzlichen 100-PS-Version kommen, sondern auch in anderen Ausstattungen.
(sl)
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